Baukonzerne

Bilfinger & Hochtief: Spannende Manöver auf der Großbaustelle

10.04.13 13:00 Uhr

Der Wandel der großen deutschen Baukonzerne ist in vollem Gang — und wird geprägt von zwei Figuren. Denn Bilfinger-Chef Roland Koch und Hochtief-Boss Fernández Verdes verfolgen unterschiedliche Strategien.

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von Klaus Schachinger, Euro am Sonntag

Nur wenige hätten Roland Koch das zugetraut. Der Ex-Ministerpräsident von Hessen, der sich zur Aufarbeitung der CDU-Spenden­affäre als „brutalst möglicher Aufklärer“ selbst in die Parteigeschichte eingetragen hatte — und dann als Politiker das Licht im Dunkel der Affäre schuldig blieb —, strahlt jetzt als Chef des zweitgrößten deutschen Baukonzerns Bilfinger.

Im Juli 2011 wechselte Koch zum Mannheimer Baukonzern. Seitdem stieg dessen Börsenwert um gut 20 Prozent. Offenbar hat der Jurist, der als Managernovize bei Bilfinger startete, das richtige Gespür. Sein Vorgänger Herbert Bodner hatte im Konzern, der damals noch Bilfinger Berger hieß, den großen Wandel vom Baukonzern zum Baudienstleister eingeleitet. Ex-Politiker Koch strich den zweiten Namen aus der Konzernbezeichnung und setzt den Wandel bisher reibungslos fort. Die Umbenennung war quasi ein Signal für den Neubeginn.

Jens Tischendorf, Deutschland-Chef des schwedischen Finanzinvestors Cevian Capital, gehörte zu den wenigen, die dem Politiker die neue Aufgabe von Anfang an zutrauten. Wenige Monate nach Kochs Antritt im Juli 2011 meldete Cevian bereits einen Anteil von 12,6 Prozent. Inzwischen haben die Schweden ihr Paket auf rund 17 Prozent aufgestockt. Am 18.  April soll Tischendorf auf der Hauptversammlung in den Aufsichtsrat gewählt werden.

Die Schweden sind hierzulande keine Unbekannten mehr. Schon 2010 hatte der Finanzinvestor für Aufsehen gesorgt, als er sich beim Düsseldorfer Kranbauer Demag Cranes einkaufte. Im Sommer 2011 erfolgte nach der Übernahme durch den US-Konkurrenten Terex der Ausstieg mit dickem Gewinn. Im Vorstand und bei den Aktionären von Bilfinger sorgt Cevian bislang noch nicht für Unruhe. Die Skan­dinavier gehören indes zu jener ­Kategorie von Großinvestoren, die brutalst möglich aufklären, wenn etwas schiefläuft und der Vorstand nicht liefert. Bilfinger könnte also schnell zu einem Übernahmeziel werden — und Koch seinen Job verlieren. Terex lässt grüßen.

Topdealmaker Koch
Bisher aber macht das neu entdeckte Unternehmertalent vieles richtig. Als Koch 2011 ankündigte, deutlich mehr als eine Milliarde Euro in Zukäufe investieren zu wollen, war das zunächst nur eine große Zahl. Seitdem aber haben die Mannheimer mehr als 22 Unternehmen im Gesamtwert von über 700 Millionen Euro gekauft.

Inzwischen wurde die Kasse frisch aufgefüllt. Zu den bereits vorhandenen 350 Millionen Euro kam eine 500-Millionen-Euro-Anleihe. Die 850 Millionen Euro Feuerkraft will Bilfinger während der nächsten zwei Jahre in Zukäufe investieren. Mit dem Erwerb von Technologie­firmen im Anlagenbau hat sich der Konzern schon jetzt weit vom klassischen Baustellengeschäft entfernt.

Mit Erfolg: „Bilfinger hat fast ausnahmslos Firmen gekauft, die höhere Margen erzielen und sofort positive Ergebnisbeiträge lieferten“, lobt Analyst Marc Gabriel vom Bankhaus Lampe.

Warten und Modernisieren
Das Fiasko des größeren Konkurrenten Hochtief beim Bau der Hamburger Elbphilharmonie — die Kosten liefen den Essenern hier vollkommen aus dem Ruder — dürfte Kochs Drang in Richtung Dienstleistungen noch verstärkt haben. Die ­Industriesparte, die unter anderem für die Wartung, Instandhaltung und Modernisierung von Europas zweitgrößtem Erdgasspeicher im österreichischen Haidach zuständig ist, stellt mit 3,7 Milliarden Euro den inzwischen größten Anteil am Konzernumsatz in Höhe von knapp neun Milliarden Euro.

Bemerkenswert bei der ganzen Geschichte: Als Konzern für Inge­nieurdienstleistungen und Service kommt der Bereich Bau bei Bilfinger offiziell gar nicht mehr vor. Die Bautätigkeit, die heute noch für mehr als 15 Prozent des Umsatzes steht, wird auf das für die Dienstleistungen notwendige Maß beschränkt. Auch deshalb wird sich der ehemalige Baukonzern in der kommenden ­Woche erstmals auf der Messe für Maschinen- und Anlagenbau in Hannover präsentieren.

In der Bilanz macht sich mehr Technologie durch eine höhere Profitabilität bemerkbar. Seit 2007 hat sich die Umsatzrendite von 2,5 auf 5,4 Prozent mehr als verdoppelt.

Hochtief in der Sackgasse
Ganz anders dagegen die Situation bei Hochtief: Der Branchenprimus steckt strategisch in der Sackgasse. Im November entsandte der spanische Baukonzern ACS, dem knapp 55 Prozent der Hochtief-Anteile gehören, Marcelino Fernández Verdes als Sanierer nach Essen in die Konzernzentrale. Der Spanier will einen Großteil des Europa-Geschäfts loswerden. Hochtiefs Infrastrukturgeschäft, also der Bau und Betrieb von Brücken, Straßen und Tunneln, soll den Konzern zurück auf einen profitablen Wachstumskurs führen.

Dazu gehören auch die vor allem in angelsächsisch geprägten Volkswirtschaften häufigen Partnerschaften mit kommunalen Unternehmen, sogenannte Public Private Partnerships (PPPs). Verschiedene Konzer­ne werden bei diesen PPPs mit Planung, Bau und Finanzierung öffentlicher Einrichtungen wie Krankenhäuser, Schulen oder Straßen beauftragt. Als Ausgleich dafür wird den Konsortien gestattet, für die Nutzung über mehrere Jahrzehnte Gebühren zu erheben. In Amerika sind die Essener gut im Geschäft: Die Konzerntochter Turner ist Marktführer beim Bau öffentlicher Gebäude, Tochter Flatron die Nummer 1 im Brücken- und Straßenbau. Auch bei der Australien-Tochter Leighton laufen die Geschäfte recht gut. Amerika und die Region Asien-Pazifik spielen mehr als 80 Prozent des Umsatzes ein.

Um mit Infrastruktur zu wachsen, brauche man aber „eine gewisse Feuerkraft“, räumt Hochtief-Chef Verdes ein. Allerdings sind 2012 die Nettoschulden um 45 Prozent auf 944 Millionen Euro geklettert. Mit dem Verkauf eines Großteils des Immobiliengeschäfts könnte sich Hochtief mit einem Schlag von dieser Last befreien. Für den Bereich Gebäudebewirtschaftung gibt es viele Interessenten. Auch Bilfinger will mitbieten, jedoch nicht um jeden Preis. Und bislang hat Vorstandschef Koch Bilfingers Feuerkraft klug eingesetzt.

Investor-Info

Bilfinger
Margenstarke Industrie

Mit gut 40 Prozent der 8,5 Milliarden Euro Gesamtumsatz bringt das Industriegeschäft den Löwenanteil des Geschäfts. Das Segment liegt mit 5,6 Prozent operativer Marge nahe am Profitabilitäts-Zielkorridor von sechs bis 6,5 Prozent für 2014. Das Baugeschäft ist mit 1,8 Prozent Marge noch weit vom Ziel, vier Prozent, entfernt.

Die Aktie
Intakter Aufwärtstrend

Nach dem guten Jahr 2012 erwarten Analysten für das 2013 einen leichten Gewinnrückgang. In fast allen Sparten ist Bilfinger nahe an seinen Profitabilitätszielen für 2014, mit Ausnahme der Bausparte. Dort dürften Fortschritte in der Profitabilität den Kurs deutlich beflügeln. Große Fortschritte erkennbar, an schwachen Tagen einsammeln.

Hochtief
Portfolio neu sortiert

Infrastrukturinvestments sollen künftig der Wachstumsmotor sein. Heute machen diese 60 Prozent des Umsatzes aus. Teile des zur Sparte Infrastruktur gehörenden Immobiliengeschäfts sollen verkauft werden. Das dürfte jedoch, außer bei der begehrten Sparte Gebäudemanagement, schwierig werden.

Die Aktie
Viele Unsicherheiten

Hochtief-Chef Mercelinio Fernández Verdes muss mehr wagen und Profitabilitäsziele nennen. Kursfantasie brächte das Abarbeiten der Verkaufsliste, eine der Reduzierung der Schulden oder eine Belebung der Mittelzuflüsse. Noch abwarten.

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