Augen zu und durch

Autoindustrie: Wie deutsche Konzerne in China drangsaliert werden

03.06.13 15:00 Uhr

China drangsaliert deutsche Autohersteller. Die Konzerne sollten die Kampagne aus dem Land des Smogs ernst nehmen.

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von Dietmar Stanka, €uro Magazin

Shanghai International Airport, 10 Uhr morgens. Vor dem Flughafen warten S-Klasse-Modelle von Mercedes, um die aus aller Welt angereisten Pressevertreter zur wichtigsten chinesischen Automesse zu shutteln, der Auto Shanghai 2013. Ni hao!

Schnuppern ist oberste Journalistenpflicht in diesen Tagen. Angeblich sollen ja Fahrzeuge von Audi, BMW und eben auch Mercedes-Benz unangenehme Gerüche im Innenraum absondern. Eigentümlicherweise nur in China.

Doch es ist nicht nur der vermeintliche Gestank allein: Wissenschaftler der Universität Peking haben Dämmplatten untersucht und darin Bitumen entdeckt, ein teerähnliches Erdölgemisch, das Krebs verursachen soll. Kein überraschender Fund: Bitumen kommt zur Unterbodendämmung weltweit zum Einsatz. Dass aber giftige Dämpfe davon ins Fahrzeuginnere gelangen sollen — und das gleich bei allen drei deutschen Premiummarken —, das ist ein chinesisches Phänomen. Betroffene berichten im Staatsfernsehen CCTV von Müdigkeit, Schwindelgefühlen und Hustenanfällen.

Schnüffelprobe Teil 1. Ein erster tiefer Atemzug im Fond der vollklimatisierten schwäbischen Luxuskarosse führt zu einem eindeutigen Ergebnis: Es riecht drinnen besser als draußen. Kein Wunder, kümmern sich doch in Sindelfingen — wie auch in München und Ingolstadt —Heerscharen von Ingenieuren um nichts anderes, als die Materialqualität ständig zu verbessern, Schadstoffbelastung auszuschließen, Haptik, Geräusche und Gerüche so angenehm wie möglich zu gestalten. Und für China gelten die gleichen Qualitätsstandards wie überall auf der Welt, versichern die drei Konkurrenten in seltener Eintracht.

Losgetreten wurde die im wahrsten Wortsinn anrüchige Kampagne zum Tag des Verbraucherschutzes, der in China jedes Jahr am 15. März stattfindet. Zuerst knöpfte sich CCTV Volkswagen vor. Der Konzern hatte im Reich der Mitte schon länger mit Getriebeproblemen zu kämpfen. Das führte zur größten Rückrufaktion seit Beginn der China-Aktivitäten vor 30 Jahren. 384 000 Fahrzeuge werden in die Werkstatt gebeten. Später erzählt ein Mercedesfahrer im TV, sein Sohn verzichte auf den Besuch im Freizeitpark, falls in Erwägung gezogen werde, mit dem Auto dorthin zu gelangen.

Die Gemüter würden sich schon wieder beruhigen, wird es abends beim Small Talk mit ortsansässigen Kollegen an der Hotelbar heißen. Zum Verbraucherschutztag werde jedes Jahr eine andere Sau durchs Dorf getrieben. Vor einigen Jahren wurden Bosch-Kühlschränke vor laufender Kamera zertrümmert. Auch Apple wird neuerdings gegeißelt.

Offiziell allerdings ist die Sicht der Dinge eine andere. Daimler-Chef Dieter Zetsche wiederholt auf der Messe gebetsmühlenartig: „Wir nehmen das sehr ernst“. Damit ist er gut beraten, denn Chinas Regierung meint es ernst. Der Verbraucherschutztag war längst vorbei, als die Regierung Ende April verkündete, hochrangigen Militärs keine Luxusfahrzeuge vom Schlage eines Maserati, BMW, Mercedes oder Porsche mehr zu gestatten. Offiziell handelt es sich um eine Maßnahme im Rahmen der Anti-Korruptionskampagne (vgl. €uro 02/2013).

Indessen vermutet Michael Dunne, dessen Firma Dunne & Company sich auf Marktanalysen in Asien spezialisiert hat, eine „gezielte politische Kampagne, um die Not leidenden chinesischen Hersteller zu stützen, die mit der ausländischen Konkurrenz nicht mithalten können“. Gerade jetzt, wo das China-Auto 2.0 vermarktet werden soll — die erste Generation war in Europa gefloppt — scheint der Zeitpunkt günstig, das Image der deutschen Konkurrenz zu ramponieren. Dass Daimler-Chef Zetsche mittlerweile auch im eigenen Land wegen des schwachen Abschneidens des Lieferwagens Citan bei Crashtests unter Druck geraten ist, kommt da gerade recht.

Schnüffelprobe Teil 2. Trotzdem fährt man deutsch in China, wenn man sichs leisten kann. Noch jedenfalls. Ein Rundgang auf der Automesse in Shanghai soll klären, warum. Schnuppern, Fühlen, Spüren. Das Design der neuen Generation chinesischer Fahrzeuge hat deutlich zugelegt. Okay — am Landwind-Stand behaupten böse Zungen, man stehe vor der dreisten Kopie eines BMW X5, Zotye bietet so etwas wie einen Mix aus VW Tiguan und Audi Q5. Im lieblosen Interieur dominiert Hartplastik. Es riecht, wie zu Hause anno dazumal ein neues Automobil zu riechen hatte. Dem heftigen Einsatz von Weichmachern sei Dank. War da nicht was mit EU-Schadstoffnormen und Kunststoffen aus China? Allein die neue Marke Qoros, weitgehend von Europäern geführt, hinterlässt einen besseren Eindruck. Aber um der deutschen Konkurrenz etwas am Zeug zu flicken, müssten sie erst mal nennenswerte Stückzahlen produzieren — und vor allem verkaufen.

Da können die Behörden noch so appellieren, heimische Produkte zu kaufen, solange weder die Qualität noch das Ansehen auch nur annähernd erreicht werden, bleiben China-Autos Ladenhüter. Auch im eigenen Land.

Derweil verkauft Daimler nirgendwo auf der Welt mehr S-Klasse-Autos. Und die Kundschaft ist noch nicht mal sonderlich preissensibel: Was teuer ist, bringt gesellschaftliches Ansehen. Tschüß, Kapitalismuskritik. Tschüß heißt hier: Geh’ sterben!

Kein Wunder, dass immer mehr Hersteller in den Markt drängen: Opel ist zurück, mit zunächst 22 Handelsbetrieben und vier Modellen. Nicht viel, aber ein Anfang, um die Marke mit dem Blitz salonfähig zu machen. Auch der angeschlagene Peugeot-Konzern hofft auf den Aufschwung Fernost. Die Tochter Citroën präsentiert sich in China mit ihrer Premiumlinie DS als Luxusmarke.

Die Frage ist jedoch, ob ein unberechenbares Regime, das unter dem Druck steht, die eigene Industrie zu pushen, das richtige Umfeld bietet, um europäischen Autoherstellern eine goldene Zukunft zu sichern? Hubertus Troska nickt: „2020 wird jedes dritte Auto auf unserem Planeten in China verkauft.“ Troska ist seit Januar im Daimler-Vorstand für alle Aktivitäten in China verantwortlich.

Gemeinsam mit Nicholas Speeks soll er das Ruder herumreißen: Bis Ende 2012 unterhielten die Schwaben zwei Vertriebsgesellschaften, die faktisch in Konkurrenz zueinander standen: eine für das Importgeschäft, die andere für den Verkauf der in China produzierten Automobile. Die neue, von Speeks geführte Vertriebsgesellschaft namens Beijing Mercedes-Benz Sales Service Company ist seit dem Jahreswechsel für alle Fahrzeuge mit dem Stern zuständig.

Trotz eines Rekordabsatzes von rund 210 000 Fahrzeugen im vergangenen Jahr fahren die Schwaben in ihrem mittlerweile drittwichtigsten Absatzmarkt den Wettbewerbern hinterher. Audi lieferte mit 405 000 Einheiten fast doppelt so viel an die Kundschaft aus, BMW hat mit dem Luxusproblem zu kämpfen, die anhaltend hohe Nachfrage im Moment nicht bedienen zu können.

China-Chef Troska ist bewusst, dass er und seine Mitarbeiter „die Ärmel hochkrempeln müssen“, um Boden auf Audi und BMW gutzumachen. Erste Schritte: Noch im Mai läuft in einem neuen Werk in Peking erstmals die Produktion von Motoren außerhalb Deutschlands an. Und um auch abseits der Metropolen präsent zu sein, sollen in den nächsten drei Jahren 50 neue Händlerbetriebe eröffnet werden.

Zentraler Bestandteil von Daimlers China-Strategie ist die Einführung von Leasing- und Finanzierungsmodellen, die sich im Westen längst als Absatzgaranten etabliert haben. Chinesischen Konsumenten ist dies noch fremd. Auch in der hochpreisigen Liga werden Autos meist bar bezahlt. Die Fremdfinanzierungsquote für Neuwagen liegt bei gerade mal 15 Prozent. Nun wagt sich Daimler mit einer eigenen Bank auf neues Terrain. Die China-Chefs Troska und Speeks versprechen sich aber gerade davon einen entscheidenden Vorteil gegenüber den Mitbewerbern.

Im Moment allerdings gehen in China die Wachstumsraten zurück, auch im Premiumsegment. Platzhirsch Audi steigerte den Absatz im März nur noch um 10,7 Prozent, nach 14,2 Prozent im Vorjahr. Und BMW-Vertriebsvorstand Ian Robertson geht davon aus, dass die hohen Zuwachsraten der Vergangenheit nicht mehr erreicht werden. „Der Markt wird ein Stück weit erwachsen“, sagt er.

Trotzdem sind sich die Daimler-Verantwortlichen sicher, deutlich zulegen zu können — Stinkekampagne hin oder her. Für 2015 liegt das angestrebte Ziel bei 300 000 verkauften Automobilen auf dem chinesischen Markt. Zwei Drittel davon sollen lokal gefertigt werden. Im Lkw-Segment hat man bereits Erfolg. Trotz des insgesamt rückläufigen Markts wuchs die Zahl der verkauften Einheiten von 5800 auf 6000, ein neuer Absatzrekord. Damit ist die Mercedes-Nutzfahrzeugsparte mit einem Anteil von über 50 Prozent Marktführer unter den Importeuren europäischer Premium-Laster.

Schnüffelprobe Teil 3. Um der Regierungskampagne gegenzusteuern, fahren alle deutschen Hersteller die gleiche Strategie: Beschwerden werden in persönlichen Gesprächen in den Autohäusern aufgenommen. Überall liegen unabhängige Gutachten aus, wonach keinerlei gesundheitsgefährdende Substanzen bei der Herstellung verwendet werden. Im Zweifelsfall werden im Beisein der Kunden Messungen durchgeführt, die belegen sollen, dass alles in Ordnung ist.

Absurdes Theater in einem Land, in dem Flüsse mancherorts übelriechende Kloaken sind, weil sie noch als Abwasserkanäle dienen. Immerhin: Der Smog in den Metropolen, der viele Europäer abschreckt, nach China zu reisen, ist geruchsneutral. Ob es heute einfach nur Nebel ist oder eine ordentliche Dosis Feinstaub mit eingesogen wurde, zeigt sich erst beim Schnäuzen. Je nachdem, wie schwarz sich das Taschentuch färbt.

Rückfahrt in der S-Klasse zum Flughafen. Ein letzter tiefer Zug. Es riecht, wie es in einem luxuriös ausgestatteten Mercedes riechen soll: nach Leder. Das Taschentuch bleibt weiß.

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