Levermann: Die Börse reagiert zu langsam
Statt auf Computermodelle zu vertrauen, wählt Susan Levermann Aktien nach einfachen Kriterien aus. Die Erfolgsstrategie der Ex-Fondsmanagerin.
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von Jens Castner, €uro am Sonntag
Hinterherspringen, wenn eine Aktie nach überraschend guten Zahlen durchstartet? Oder doch besser die Finger davon lassen? Der Levermann-Check gibt Aufschluss, wie Börsenprofis im Zweifelsfall entscheiden würden.
Die Levermann-Methode ist ein quantitatives, also auf statistischen Daten beruhendes Auswahlverfahren, das sowohl fundamentale Kennzahlen als auch Momentumkriterien berücksichtigt. Ihre Erfinderin Susan Levermann ist in jeder Hinsicht außergewöhnlich. Ihr Leben lang hatte die ehemalige Managerin von drei DWS-Fonds (Europa Innovation, Provesta, Zürich Invest Aktien) auf eine Auszeichnung hingearbeitet.
Als sie 2008 den begehrten Preis für den besten deutschen Aktienfonds auf Sicht von ein und drei Jahren in den Händen hielt, kündigte sie tags darauf ihren Job.
Obwohl sie sich seither vornehmlich im sozialen Bereich engagiert, blieb die heute 37-Jährige der Börse als Privatinvestorin und Autorin treu. Ihr Buch „Der entspannte Weg zum Reichtum“ liefert eine präzise Anleitung für Anleger, wie sie frei zugängliche Informationen ohne großen Aufwand in eine erfolgreiche Anlagestrategie ummünzen können. Da das Werk im Prinzip das komplette Handwerkszeug enthält, das für die Geldanlage in Aktien notwendig ist, erhielt Susan Levermann im April den Deutschen Finanzbuchpreis 2011. Im Interview erklärt sie ihren Investmentansatz.
€uro am Sonntag: Frau Levermann, wann haben Sie zuletzt eine Aktie gekauft?
Susan Levermann: Vor ein paar Wochen, es ist nicht lange her.
Für welchen Titel haben Sie sich entschieden?
BASF.
Was hat Sie an dem Unternehmen überzeugt?
Die Eigenkapitalrendite und die Marge vor Zinsen und Steuern sind überdurchschnittlich. Zusätzlich ist das Momentum über sechs Monate deutlich positiv.
Welche weiteren Fakten und Kennzahlen sollten Anleger prüfen, bevor sie sich für eine bestimmte Aktie entscheiden?
Das Kurs-Gewinn-Verhältnis aus den Durchschnittsgewinnen von fünf Jahren würde ich noch in die Überlegung mit einbeziehen. Und wie die Aktie auf die Veröffentlichung der Quartalszahlen reagiert hat. Letzteres sollte unbedingt positiv sein.
Warum ist dieser Punkt so wichtig für Sie? Werden im Prinzip nicht am Tag der Quartalszahlen alle neuen Informationen im Kurs verarbeitet?
Nein. Die Börse tendiert dazu, zu wenig auf die neuen Informationen der Quartalszahlen zu reagieren. Es gibt eine Zeitverzögerung von vielleicht ein paar Wochen, die sich nutzen lässt. Außerdem zeigt Ihnen dieser Tag an, wie das aktuelle Sentiment, also die Einstellung der Mehrheit der Marktteilnehmer, gegenüber der Aktie ist. Es ist ungemein hilfreich, wenn Unternehmen positiv überraschen können. Und das liest man am besten an der Reaktion auf die Zahlen ab.
Viele Ihrer Kollegen halten das Kurs-Gewinn-Verhältnis, kurz KGV, für wenig aussagekräftig und arbeiten lieber mit Kennziffern, die auch die Schulden berücksichtigen. Machen Sie sich es da nicht ein wenig zu leicht?
Für mich ist nach wie vor das KGV die charmanteste Kennzahl, da sie das tatsächliche Nettoergebnis des Unternehmens, den Jahresüberschuss, ins Verhältnis zum Börsenwert setzt.
Ihrem Schema zufolge ist eine günstige Bewertung bei einem KGV unter zwölf gegeben. Ist es nicht manchmal Zufall, ob es gerade bei 11,9 oder 12,1 liegt?
Sie haben recht, dass es kaum einen Unterschied machen sollte, ob ein KGV bei 11,9 oder 12,1 liegt. Aber irgendwo müssen Sie die Grenze ziehen, wenn Sie mit einem Punktesystem arbeiten wollen, und ich habe mich an historischen Durchschnittswerten orientiert.
Strategie "Levermann light": So funktioniert der Quick-Check (PDF)
Wie viel Zeit müssen Anleger aufwenden, wenn sie nach Ihrer Methode vorgehen, und welche Renditen sind zu erwarten?
Wenn man ein wenig eingearbeitet ist und eine Excel-Tabelle vorbereitet hat, dauert es nicht länger als zehn Minuten, um über eine Aktie zu entscheiden. Die Outperformance meines Modells würde ich auf vielleicht fünf Prozent pro Jahr gegenüber Indizes wie dem DAX beziffern. So hat es jedenfalls bei meinen Fonds ausgesehen.
Wie oft muss das Portfolio überprüft werden?
So häufig wie möglich, aber mindestens alle zwei Wochen.
Aus welchen Indizes oder Regionen sollten deutsche Anleger ihre Aktien auswählen?
Das ist ganz frei. Wenn sie die notwendigen Daten bekommen, können sie auch in Schwellenländer investieren. Oder in Small Caps, deren Börsenwert unter fünf Milliarden Euro liegt. Ich würde hier allerdings nur kleinere Positionsgrößen empfehlen – wegen des latent höheren Risikos.
In Ihrem Buch schreiben Sie, dass Sie Analystenmeinungen als Kontraindikator nutzen. Haben Sie wirklich eine so schlechte Meinung von Ihren Ex-Kollegen?
Nein, ganz und gar nicht. Ich habe nur die schmerzhafte Erfahrung gemacht, dass an der Börse die Mehrheit meistens verliert und dass es ertragreicher ist, eine Minderheitenmeinung zu beziehen. Deshalb die Verwendung als Kontraindikator. Da kann der einzelne Analyst gar nichts dafür.
Wie lange haben Sie denn gebraucht, um sich in
den Analystenjargon und die Masse an Bewertungskennziffern einzufinden?
Das hat schon eine Weile gedauert. Sicher die ersten vier Jahre bei der DWS, bis ich einigermaßen verstanden hatte, wie der Hase läuft.
Wann und wie haben Sie es geschafft, in dieser Flut von Kennzahlen das Wesentliche vom Unwesentlichen zu trennen?
Ich habe mich irgendwann nach den vier Jahren mal am Wochenende in Ruhe hingesetzt und ein Datenblatt erarbeitet, das aufzeigen sollte, wie man meiner Meinung nach Aktien gesund bewertet und miteinander vergleicht. Das war mein Einstieg ins quantitative Investieren.
Warum haben Sie den Job als Fondsmanagerin überhaupt an den Nagel gehängt?
Weil ich wissen wollte, ob ich nicht an anderer Stelle in der Welt mehr zu geben habe.
Womit verdienen Sie heute Ihr Geld?
Ich halte Vorträge zu meinem Buch und berate eine Umweltorganisation bei einem EU-Projekt. Das ist sehr spannend.
Macht Sie das glücklicher als das Luxusleben der Investmentbankerszene?
Es befriedigt mein Gewissen, für mehr unterwegs zu sein als nur für Geld und Rendite.
Welche Pläne haben Sie für die Zukunft?
Ich würde gern bei einem sozialen oder Umweltprojekt in geschäftsführender Stellung tätig sein. Das ist mein mittelfristiges Ziel.
Wie viele Aktien im DAX erfüllen derzeit Ihre Kaufkriterien, und was sagt uns das über den Zustand des Gesamtmarkts?
Im Moment sind es fünf Aktien. Das ist ein eher neutrales Ergebnis. Um den Gesamtmarkt steht es also weder besonders schlecht noch besonders gut!
„Levermann light“: So funktioniert der Quick-Check
Susan Levermann beurteilt Aktien anhand von 13 Kriterien, bevor sie sich für oder gegen ein Engagement entscheidet. Eine gute Orientierungshilfe bietet aber bereits der Quick-Check („Levermann light“), der die wichtigsten fünf Kriterien berücksichtigt. Für jedes erfüllte Kriterium (zum Beispiel KGV im Fünfjahresdurchschnitt unter zwölf) gibt es einen Punkt, bei krasser Verfehlung (etwa KGV über 16) wird ein Minuspunkt vergeben. Standardtitel sollten mindestens drei, Nebenwerte unter fünf Milliarden Euro Marktkapitalisierung vier Punkte zusammenbekommen. Aktien, die beim Quick-Check auf weniger als zwei oder gar auf eine negative Gesamtpunktzahl kommen, müssen in der Regel nicht eingehend analysiert werden, denn solche Titel gehören nicht ins Depot!
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Name | Hebel | KO | Emittent |
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