Deutsche Bank - Wird Griechenland zum Problem?
Bislang ist die Griechenland-Krise für Deutsche Bank und Commerzbank verkraftbar. Doch wie lange noch?
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von W. Ehrensberger, €uro am Sonntag
Eine kleine Schar von Analysten versammelte sich am Montagabend zum Dinner in der Konzernzentrale der Deutschen Bank in Frankfurt. Eingeladen hatte Hausherr Josef Ackermann ausgerechnet an einem Tag, an dem die Deutsche-Bank-Aktie mal wieder wegen neuer Umschuldungspläne für Griechenland unter die Räder geraten war. Die Aktie der Commerzbank hatte am selben Tag zeitweise fast sechs Prozent eingebüßt. Immerhin summierten sich die Griechenland-Anleihen der Deutschen Bank Ende 2010 angeblich auf rund 1,6 Milliarden Euro, die der Commerzbank auf drei Milliarden und die des einstigen Immobilienfinanzierers Hypo Real Estate auf fast zehn Milliarden Euro.
Doch schon am Dienstag war die EU-Schuldenproblematik kein Thema mehr an den Märkten, wenn es um die Deutsche Bank ging. Vielmehr sorgten Ackermanns Visionen von dauerhaft sprudelnden Milliardengewinnen in den nächsten Jahren für wieder anziehende Kurse. Dem 63-jährigen Konzernchef war es auf dem Treffen am Montagabend gelungen, die Analysten zu überzeugen, obwohl er „eigentlich nichts Neues gesagt hat“, wie sich ein Teilnehmer wunderte. Das Griechenland-Thema habe allenfalls am Rand der Veranstaltung eine Rolle gespielt. „Die Effekte für die Ergebnisrechnung der Deutschen Bank sind selbst im Fall eines harten Schuldenschnitts bei griechischen Staatspapieren absolut überschaubar“, versichert der Konzernchef.
In der Tat erscheinen die direkten Anleiheengagements zumindest der großen börsennotierten deutschen Institute in dem südeuropäischen Land relativ problemlos – gemessen an dem, was eine komplette Staatspleite oder eine Ausweitung der Schuldenkrise auf andere Länder bei den Geldhäusern anrichten könnte. Kommt es in Portugal, Spanien oder Italien zu einer ähnlichen Lage wie in Griechenland, stehen für die deutschen Banken hunderte von Milliarden Euro im Feuer. Eine Besonderheit in der Bilanzierung dieser Staatsanleihen sorgt außerdem dafür, dass bislang trotz massiver Kursverluste bei Griechenland-Anleihen von 30, 40 oder 50 Prozent kaum ergebniswirksame Abschreibungen auf diese Papiere vorgenommen werden mussten. So hält eine Bank diese Anleihen normalerweise nicht im Handelsbestand, sondern im sogenannten Bankbuch. Dort stehen sie nicht zum Zeit- oder Marktwert, sondern zu den fortgeführten Anschaffungskosten, erläutert Klaus-Peter Feld, Vorstandsmitglied des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) in Düsseldorf. Kursschwankungen spielen also keine Rolle. „Im Bankbuch gilt ein gemäßigtes Niederstwertprinzip: Nur wenn eine Rückzahlung konkret nicht mehr zu erwarten ist, müssen die Papiere abgeschrieben werden“, sagt Feld.
„Griechenland-Anleihen werden bis jetzt bedient und sie sind zudem durch den europäischen Rettungsschirm gedeckt, sodass auf dieser Basis derzeit kein Ausfall der Papiere zu erwarten ist und demzufolge noch kein Abschreibungsbedarf besteht.“ Diese eigentlich im HGB angewandte Bewertung werde in diesem Fall auch durch den internationalen Bilanzstandard IFRS gedeckt, der für die großen Bankkonzerne maßgeblich ist.
„Wir Wirtschaftsprüfer sind jedoch in erhöhter Wachsamkeit und beobachten die aktuelle Situation sehr intensiv, wie sich die Diskussion um eine mögliche Umschuldung griechischer Staatsanleihen entwickelt. Von den Instituten verlangen wir außerdem, dass sie in ihren Lageberichten die Engagements deutlich benennen und eine klare Risikoeinschätzung vornehmen“, so Feld. Zumal die Garantien nur politische Absichtserklärungen seien.
Bei einem klaren Schuldenschnitt müssten die Anleihen in entsprechendem Umfang ergebniswirksam abgeschrieben werden. Gegenwärtig werden aber verschiedene Maßnahmen diskutiert, wie einem Zahlungsausfall Griechenlands zu begegnen ist. Sie reichen von weiteren Krediten über eine „weiche“ oder „sanfte“ Umschuldung oder einen harten Schuldenschnitt bis hin zu einem Austritt Griechenlands aus dem Euro.
In den vergangenen Tagen wurde vor allem eine sanfte Umschuldung diskutiert, mit der man einen Staatsbankrott Griechenlands vermeiden möchte. Dabei sollen private Anleihegläubiger einer Verlängerung der Anleihelaufzeiten zustimmen und möglicherweise auch auf eine Verzinsung verzichten. Für den Schuldner bliebe mehr Zeit, seine finanzielle Lage in Ordnung zu bringen. Für die Bank wiederum könnten die Negativeffekte überschaubar sein. Aber auch hier müsse man differenzieren, sagt IDW-Vorstand Feld. „Wird lediglich die Laufzeit der Papiere beispielsweise von fünf auf zehn Jahre verlängert, ändert dies nichts an der erwarteten Rückzahlung. Es besteht kein Abschreibungsbedarf.“ Würden auch die Zinsen angepasst oder ganz ausgesetzt, dann käme es zusätzlich zur längeren Laufzeit noch zu einer Unterverzinsung. „Aber auch hier ist noch keine Abschreibung geboten, da die Bilanzsubstanz nicht angegriffen wird, sondern lediglich zukünftige Zinserträge geschmälert werden.
Überschreiten die entgangenen Zinserträge ein bestimmtes Niveau, besteht theoretisch die Gefahr negativer Zinsmargen, die zu negativen Ergebniseffekten führen können.“
So weit die Theorie. Nachfragen bei der Commerzbank verpuffen in der Praxis im Nichts. Auf die Frage, welche Folgen eine sanfte Umschuldung der Griechenland-Anleihen für das Haus hätten, lautet die Antwort: „Dazu müsste man erst einmal das konkrete Umschuldungsmodell kennen.“ Zudem liegt es offenkundig im Ermessen der Bank, inwieweit sie Abschreibungen auf ihr Griechenland-Portfolio vornimmt, auch wenn sie nicht dazu verpflichtet ist.
„Die gezielt gehaltene Intransparenz, mit der deutsche Banken eben nicht über ihre Wertansätze beim Bestand an griechischen Anleihen berichten, verhindert eine klare Abschätzung der Auswirkungen einer Umschuldung Griechenlands“, sagt der Bankwissenschaftler Dirk Schiereck von der TU Darmstadt. Profitable Banken wie die Deutsche Bank wären demnach in der Lage gewesen, ihre Positionen massiv abzuschreiben. Vor allem bei den Landesbanken, bei der ehemaligen Hypo Real Estate und bei der Commerzbank wäre das aber nicht der Fall.
Nach Einschätzung von Richard Stehle, Bankwissenschaftler an der Berliner Humboldt-Universität, haben sich manche Häuser auch ziemlich blauäugig in die Problemanleihen gestürzt: „Große internationale Institute, die Griechenland-Anleihen in Milliardenhöhe in den Büchern haben, hätten diese Engagements vermutlich sorgfältiger prüfen müssen, statt sich blindlings auf die EU-Mitgliedschaft derartiger Länder oder wenig aussagekräftige Einstufungen von Ratingagenturen zu verlassen“, sagt Stehle. Zum Kreis dieser Banken zählten unter anderem die Hypo Real Estate, die Deutsche Bank, die Commerzbank und insbesondere die Landesbanken.
Das gilt allerdings nur, solange die Griechenland-Krise nicht eskaliert und auf andere Länder übergreift. Pläsier warnt: „Kommt es zu einer Ausweitung der europäischen Schuldenkrise, würde das ingesamt den Markt gravierend unter Druck setzen.“
Josef Ackermann
Kür der Kandidaten
Unversehens ist Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann diese Woche selbst als möglicher Nachfolgekandidat ins Spiel gebracht worden – für den havarierten IWF-Direktor Dominique Strauss-Kahn.
An Ehrgeiz würde es Ackermann wohl nicht fehlen – und auch nicht an Sachkenntnis in internationalen Finanzfragen. Beobachter glauben aber, dass er für den IWF-Chefposten zu wenig praktische Politikerfahrung mitbringt. Vor allem aber fehlt ihm die Unterstützung aus Berlin.
Der aktuelle Vertrag des Deutsche-Bank-Chefs läuft jedenfalls noch bis zum Jahr 2013. Allerdings könnte er sich schon früher zurückziehen, und so läuft das Kandidatengeschacher für seine Nachfolge seit Monaten auf Hochtouren. Selbst um den Platz des „Königsmachers“ wird gekämpft: Gerade hat Aufsichtsratschef Clemens Börsig die Federführung bei der Nachfolgersuche für sich reklamiert, nachdem Ackermann offenbar für den Geschmack einiger Aufsichtsräte zu offensiv seinen Wunschkandidaten, Ex-Bundesbankchef Axel Weber, protegiert hatte.
Zu den aussichtsreichsten internen Kandidaten zählt der Chef der Investmentbankingsparte, Anshu Jain. Wegen fehlendem Deutschland-Bezug gibt es Widerstände gegen ihn. Risikovorstand Hugo Bänziger dagegen hat Rückendeckung im Aufsichtsrat, auch von der Arbeitnehmerbank. Nur noch Außenseiterchancen werden Finanzvorstand Stefan Krause eingeräumt, der für den gescheiterten Verkauf der BHF-Bank mitverantwortlich gemacht wird. Nicht auszuschließen ist, dass es zumindest für den Übergang auch eine Doppelspitze geben könnte. Oder dass am Ende doch noch ein Überraschungskandidat aus dem Hut gezaubert wird.
Milliarden im Feuer
Deutsche Banken hatten Ende vergangenen Jahres gegenüber Griechenland Forderungen
in Höhe von 69 Milliarden Dollar, so die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich.
Commerzbank-Chef Martin Blessing soll drei Milliarden Euro Griechenland-Anleihen in
den Büchern haben, Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann immerhin noch 1,6 Milliarden Euro.
Investor-Info
Deutsche Großbanken
Justizärger und Kapitalnöte
Die Deutsche Bank wird derzeit in Europa, Asien und Amerika mit einer Flut von Klagen und Prozessen überzogen. Höhepunkt in dieser Woche war der Auftritt von Konzernchef Josef Ackermann und Aufsichtsratschef Clemens Börsig beim Kirch-Prozess in München. Der 84-jährige Medienunternehmer Leo Kirch weist der Bank eine Mitschuld am Kollaps seines Imperiums vor zehn Jahren zu. Ex-Bankchef Rolf Breuer soll Kirchs Kreditwürdigkeit in einem Fernsehinterview in Zweifel gezogen haben („Nach allem, was man lesen und hören kann, ist der Finanzsektor nicht bereit, ihm noch weitere Mittel zur Verfügung zu stellen“). Die Verhandlung verlief sich in Detailfragen, eine Klärung ist nicht in Sicht.
Auch die Commerzbank wird die Geister, die sie rief, nicht los. Zwar ist Konzernchef Martin Blessing überraschend schnell darangegangen, mit einer Kapitalerhöhung von elf Milliarden Euro einen Großteil der 16 Milliarden Euro stillen Einlagen des Bundes abzubauen. Wegen der starken Verwässerungseffekte ist der Aktienkurs jedoch seitdem stark unter Druck.
Aareal Bank
Renditedynamik
Kein Griechenland-Engagement. Im ersten Quartal 2011 Erwartungen übertroffen, gutes Neugeschäft und höhere Gewinnprognosen. Rasche Rückführung der Staatshilfen senkt die Kosten. Eigenkapitalrendite könnte sich deshalb von derzeit sechs auf zwölf Prozent verdoppeln. Aktie lief zuletzt etwas seitwärts, trotzdem ein Kauf.
Deutsche Bank
Privatkundensparte holt auf
Hat Investmentbanking besser im Griff als die Konkurrenz. Die Bank macht gute Fortschritte im Privatkundengeschäft, auch durch die Postbank. Komfortable Kernkapitalquote bei 9,7 Prozent, keine weitere Kapitalmaßnahme. Hier gilt wie bei Aareal: EU-Schuldenkrise kann Kurs belasten, fundamental aber kaufenswert.
Commerzbank
Neue Belastungen
Rasche Rückzahlung der Staatshilfe könnte Spielräume eröffnen, belastet aber erst einmal den Kurs. Ist von den börsennotierten Großbanken am stärksten in EU-Krisenland-Anleihen engagiert. Analysten erwarten aus Umschuldungseffekten in den kommenden Jahren weitere Milliardenbelastungen. Kein Kauf.
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Name | Hebel | KO | Emittent |
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Bildquellen: Pixelio
Nachrichten zu Deutsche Bank AG
Analysen zu Deutsche Bank AG
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13.12.2024 | Deutsche Bank Overweight | Barclays Capital | |
06.12.2024 | Deutsche Bank Overweight | JP Morgan Chase & Co. | |
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14.11.2024 | Deutsche Bank Buy | Warburg Research | |
13.11.2024 | Deutsche Bank Buy | UBS AG |
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13.11.2024 | Deutsche Bank Buy | UBS AG |
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12.08.2024 | Deutsche Bank Hold | Joh. Berenberg, Gossler & Co. KG (Berenberg Bank) | |
29.04.2024 | Deutsche Bank Equal Weight | Barclays Capital | |
29.04.2024 | Deutsche Bank Hold | Joh. Berenberg, Gossler & Co. KG (Berenberg Bank) | |
25.04.2024 | Deutsche Bank Equal Weight | Barclays Capital | |
23.04.2024 | Deutsche Bank Equal Weight | Barclays Capital |
Datum | Rating | Analyst | |
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27.07.2023 | Deutsche Bank Underperform | Credit Suisse Group | |
04.07.2023 | Deutsche Bank Underperform | Credit Suisse Group | |
28.04.2023 | Deutsche Bank Underperform | Credit Suisse Group | |
03.02.2023 | Deutsche Bank Underperform | Credit Suisse Group | |
06.01.2023 | Deutsche Bank Underperform | Credit Suisse Group |
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