Zooplus: Das unterschätzte E-Commerce-Powerhouse!
Nicht auf ging die Spekulation auf eine Fortsetzung des Facebook-Anstiegs aus der letzten Ausgabe.
Der Social Media-Gigant hatte am Dienstag (28. Oktober) zwar wie erwartet Quartalszahlen oberhalb der Erwartungen der Analysten präsentiert.
Die Anleger zeigten sich mit dem Ausblick allerdings nicht einverstanden. Facebook will im kommenden Jahr noch wesentlich mehr ausgeben als erwartet worden ist. Das könnte kurzfristig auf den Gewinn drücken.
Prompt brach die Aktie außerbörslich in der Spitze um über zehn Prozent ein. Diese Reaktion könnte sich als kurzsichtig erweisen, denn Mastermind Mark Zuckerberg ist bekannt dafür, dass er langfristig strategisch denkt und sich nicht von der Wallstreet unter Druck setzen lässt. Das war seinerseits auch schon unmittelbar nach dem Börsengang die Problematik, die zum anfänglichen Abverkauf der Aktie unmittelbar nach dem IPO geführt hat. Im Anschluss daran setzte die Aktie aber zu einer fulminanten Rallye an als klar war, dass die für die Monetarisierung so wichtige Mobile-Strategie von Facebook aufgehen wird.
In der letzten Ausgabe habe ich ja geschildert, warum ich die Facebook-Aktie langfristig weiter für sehr aussichtsreich halte. Inzwischen hat sich das Papier auch bereits wieder leicht auf knapp 75 US-Dollar erholt. Der Empfehlungskurs hatte bei 79,52 US-Dollar gelegen.
Trotzdem: Als trendorientierte Anleger geht es für uns darum, dem Markt zu folgen und nicht stur auf der eigenen Meinung zu beharren. Es könnte zumindest einige Zeit dauern, bis die Facebook-Aktie wieder neue Hochs erreicht. Für eine spannende Alternative im Internetsegment halte ich Zooplus. Auf Grund des geringen Free Floats (dazu weiter unten mehr) und dem in der Folge niedrigen Handelsvolumen ist die Aktie in keinem wichtigen Index vertreten und läuft deshalb etwas unterhalb des Radars vieler Anleger.
Dabei wächst der Spezialist für Haustierbedarf seit Jahren in sehr hohem Tempo und hat sich zu Europas Marktführer gemausert. Von 2009 bis 2013 sind die Erlöse von 123 auf 407 Millionen Euro gestiegen. Für 2014 werden bereits Umsätze von 526 Millionen Euro erwartet. Die jüngst vorgelegten Zahlen fürs dritte Quartal deuten darauf hin, dass Zooplus diese Marke locker erreichen wird. O-Ton Zooplus-CEO Cornelius Patt: "Das dritte Quartal war mit einem Anstieg der Gesamtleistung um 36% das bisher beste Quartal in diesem Jahr. Stärkster Treiber des Wachstums ist das internationale Geschäft, insbesondere in den Volumenmärkten Frankreich, Großbritannien, Italien, Spanien und Polen. Für diese Märkte entwickeln wir unsere Warenlogistik gezielt weiter, unter anderem mit unserem neuen Fulfilment Center in,Chalon-sur-Saone, welches ab Februar 2015 Kunden in Frankreich und Spanien bedienen wird."
Haustiere werden immer mehr zu Mitbewohnern
Die Tatsache, dass es bei Zooplus auch in wirtschaftlich gebeutelten Ländern wie Italien, Spanien oder Frankreich gut läuft, zeigt die Widerstandsfähigkeit des Geschäfts gegen konjunkturelle Schwächen. An ihren treuesten Mitbewohnern, den Haustieren, sparen die Besitzer so ziemlich als letztes, auch wenn das zur Verfügung stehende Geld weniger wird. Grundsätzlich ist Tierbedarf ohnehin ein Wachstumsmarkt. Insgesamt geht es hier in Europa um ein Volumen von 23 Milliarden US-Dollar. Der Markt soll längerfristig um zwei bis drei Prozent per anno wachsen. Gründe sind ein anhaltendes leichtes Wachstum in der Haustierpopulation und die so genannte Premiumisierung des Sektors.
Premiumisierung bedeutet, dass Haustiere heutzutage meist als Freunde und Begleiter gehalten werden und nicht mehr als Nutztiere. Damit einher geht eine Vermenschlichung, die zwar nicht immer uneingeschränkt positiv für die Tiere selber sein mag, die aber dazu führt, dass immer mehr Geld für Luxus-Produkte ausgegeben wird, mit denen die Halter ihr Tier verwöhnen möchten. Hier hat Zooplus dank seiner enormen Angebotsvielfalt mit aktuell über 8.000 Produkten einen klaren Vorteil gegenüber herkömmlichen Läden wie beispielsweise hierzulande der Franchise-Kette Fressnapf. Für Fressnapf selbst übrigens ist es auf Grund der Unternehmensstruktur schwierig, selber den Internetverkauf zu forcieren. Man würde sonst ja das reguläre Ladengeschäft kannibalisieren und damit die Franchise-Nehmer verärgern. Gerade bei sperrigen oder schweren Produkten (z.B. große Vorratspackungen mit Nahrung) ist es aber für die Kunden sehr angenehm, die Produkte direkt nach Hause geliefert zu bekommen. Tierzubehör und auch Tiernahrung ist für den Transport sehr gut geeignet, da die Artikel meist abgepackt und lange haltbar sind. Aus Sicht von Zooplus selbst ist auch die geringe Retouren-Quote, die nur bei rund drei Prozent liegt, ein Erfolgsfaktor. Die operativen Kosten sind so weit niedriger als beispielsweise bei Klamotten oder Schuhen. Zalando hat hier ja beispielsweise mit einer Quote von über 40 Prozent zu kämpfen.
Zooplus hat gute Chancen zur Amazon des Tierhandels zu werden bzw. ist es schon. Je höher die Umsätze werden, umso bessere Einkaufspreise erhält das Unternehmen bei seinen Lieferanten. Zudem sind die operativen Kosten dank zentraler Lager und ausgefeilter Logistik sowie geringerer Personalkosten wesentlich niedriger als bei der Offline-Konkurrenz.
Fressnapf beispielsweise muss ja auch sein Filialnetz finanzieren. Zooplus kann so bessere Preise anbieten, was wiederum weitere neue Kunden anlockt und somit die Umsätze erhöht. Apropos "Kunden anlocken": Die Münchener setzen beim Marketing stark auf (soziale) Netzwerkeffekte und profitieren von der Mund-zu-Mund-Propaganda.
Das funktioniert gut und ist relativ günstig. Auf teure Fernsehwerbespots verzichtet das Unternehmen zum Beispiel komplett. Damit nicht genug erweist sich die Kundschaft überwiegend als sehr treu. Ein weiterer enormer Vorteil, speziell im Internet.
Nur scheinbar hoch bewertet
Das Bewertungsniveau der Aktie ist übrigens nur auf den ersten Blick abschreckend!
Natürlich sieht es KGV von 71 für 2014 extrem hoch aus (und erst Recht, das 2013er-KGV von 179). Das spiegelt jedoch in keiner Weise das mittel- und langfristige Ertragspotenzial wider. Denn genau wie Amazon setzt Zooplus - richtigerweise - zunächst auf Wachstum. Expansion und Marktanteilsgewinne gehen vor Profitmaximierung. Nur so konnte das Unternehmen in den fünfzehn Jahren seines Bestehens in dieser Geschwindigkeit wachsen. Auf Kurs-Umsatz-Basis (0,71 für 2014) ist die Aktie dagegen deutlich günstiger als die meisten E-Commerce-Anbieter aus anderen Sektoren (als Vergleich kann hier u.a. die britische Ocado (Lebensmittel) herangezogen werden).
Wenn die Marktanteile dann in drei bis vier Jahren erstmal verteilt sind und das stürmische Wachstum abflaut, dass kommt die Zeit der Ernte für den Internet-Pionier. Analysten halten bis 2017 ein Umsatzniveau von 950 Millionen bis 1,05 Milliarden Euro durchaus für wahrscheinlich. Eine Nettomarge von drei bis vier Prozent sollte dann angesichts der guten Eignung des Marktes für den Internetvertrieb und der dominanten Marktstellung allemal drin sein. Daraus lässt sich bei einer angenommen jährlichen Verwässerung (sprich: Anstieg der Zahl der ausstehenden Aktien) um jährlich ca. drei Prozent, u.a. wegen Mitarbeiteroptionen etc., ein Gewinn pro Aktie von 4,00 bis 5,00 Euro ableiten. Gesteht man dem Unternehmen dabei auf Grund des dann immer noch vorhandenen weiteren Wachstumspotenzials ein KGV von 20 zu, ergibt sich ein Kursziel von 80 bis 100 Euro. Diese könnte bereits in 2015 oder 2016 erreicht werden.
Im obigen Zwei-Jahres-Chart ist gut zu erkennen, dass sich die Aktie seit ziemlich exakt einem Jahr in einer weiten und breit angelegten Konsolidierung befindet. Allerdings zeigt der Wert in den letzten Wochen eine auffällige relative Stärke gegenüber dem Gesamtmarkt. Die Zwischenhochs aus dem März/April wurden bereits wieder überwunden. Das Allzeit-Hoch bei 68,15 Euro stammt sogar noch aus dem November 2011.
Während der explosive Anstieg der Aktie von ca. 15,00 Euro im März 2010 bis auf das genannte Hoch vom 9. November 2011 (nicht im obigen Chart ersichtlich) übertrieben war, ist die Aktie inzwischen aber längst in diese Bewertung hineingewachsen. Dieses Allzeit-Hoch jährt sich in Kürze das dritte Mal. Die Zeit wäre reif für eine Überwindung.
MEIN FAZIT:
Das Potenzial von Zooplus wird vom Markt unterschätzt. Die Aktie bewegt sich unter dem Radar vieler Anleger. Auch viele Fonds bleiben außen vor, weil der Freefloat so gering ist. Allerdings gab es zuletzt Veränderungen in der Aktionärsstruktur. Burda Digital Ventures meldete am Freitagnachmittag den Rückgang der Beteiligung von 48,8 auf 26,4 Prozent. Dafür möchte aber die RAG-Stiftung (der u.a. Evonik gehört) ausgehend von zehn Prozent weiter aufstocken. Mit Ruane, Cunniff & Goldfarb ist darüber hinaus ein New Yorker Value-Investor mit über zehn Prozent investiert, der einen sehr guten Track Record vorzuweisen hat.
Alles in allem scheint das der Aktie eher zu nutzen als zu schaden. Wird erstmal das 52-Wochen-Hoch geknackt, dürften auch einige Börsenbriefe wieder auf das Papier aufmerksam werden. Clevere Anleger steigen vorher ein.
Armin Brack ist Chefredakteur des Geldanlage-Reports. Gratis anmelden unter: www.geldanlage-report.de. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.