Welche Aktien dt. Value-Investoren jetzt noch kaufen!?
Sie sind noch unterinvestiert in deutschen Aktien, wissen aber nicht, was Sie jetzt noch kaufen sollen?
Kein Problem, ich stelle ihnen heute ein paar Spezialwerte vor, die noch nicht gelaufen und fundamental günstig sind und die sich Langfrist(!)-Anleger jetzt bedenkenlos ins Depot legen können.
Kaufchance Nr. 1: Braas Monier. Die Neuemission kam im Juni zu 24 Euro und hat einen klassischen Fehlstart hingelegt. Aktuell müssen Sie nur noch 17,32 Euro pro Stück bezahlen. Die Luxemburger sind führend bei Baustoffen für geneigte Dächer in Europa und stellen auch komplette Dachsysteme her. Das Angebot deckt den gesamten Herstellungsprozess ab und umfasst ein umfangreiches Sortiment an Dachsteinen, Dachziegeln, Schornsteinen und Energiesystemen. Das Unternehmen ist in über 36 Ländern aktiv und verfügt über 107 Produktionsanlagen, ein echter Global Player also!
Braas Monier hat sich gegen eine ganz große Übernahme entschieden und dafür zwei kleinere Firmen aufgekauft. Das ist durchaus vernünftig, weil diese leichter integrierbar sind. Der Vorstandsvorsitzende Pepyn René Dinandt hat zum IPO im großen Stil Aktien gekauft und liegt mit dieser Position aktuell ca. 1,5 Millionen Euro im Minus. Dinandt hat also hohes eigenes Interesse, dass es mit dem Kurs wieder nach oben geht. Und die Chancen sind gar nicht schlecht: Die Erfahrungen mit Quantitative Easing in den USA und Japan zeigen, dass Zykliker in diesen Phasen gut laufen, allen voran Bauzulieferer. Die fallenden Energiepreise dürften zusätzlich pushen. Fundamental ist die Aktie nach verschiedenen Analystenabstufungen zudem günstig. Das 2015er-KGV liegt aktuell bei unter elf, das Kurs-Umsatz-Verhältnis bei 0,5.
Aus dem Börsengang flossen immerhin rund 100 Millionen Euro in die Kassen der Holding. Zuvor, im April 2014, hatten Apollo, TowerBrook, York und BNP Paribas einen Swap-to-Equity-Deal durchgezogen. Die Gläubiger verzichteten dabei auf einen großen Teil ihrer Forderungen und erhielten im Gegenzug die Mehrheit am Unternehmen. Durch diese Schulden-Restrukturierung wurde das Unternehmen fit für den Börsengang gemacht. Die Verschuldung liegt nun bei 565 Millionen Euro, bestehend aus einer 315-Millionen- Euro-Anleihe und 250 Millionen Euro an weiteren Krediten, die jedoch alle erst in 2020 fällig werden. Insofern ist das vertretbar aus Anlegersicht. Nach dem Kurssturz liegt der Unternehmenswert (Enterprise Value; also Marktkapitalisierung + Schulden) nur noch bei etwa 1,25 Milliarden Euro oder etwas mehr als dem Sechsfachen EBITDA (Gewinn vor Steuern, Zinsen, Abschreibungen und Amortisationen). Das ist ein deutlicher Abschlag gegenüber der Konkurrenz, die mit mehr als dem achtfachen EV/EBITDA bewertet wird.
Was das Herz von Antizyklikern höher schlagen lassen wird: Braas Monier hat vor rund zwei Wochen die Übernahme der beiden Marktführer im Bereich Dachsteine, Dachziegel und Formsteine auf der iberischen Halbinsel abgeschlossen: Tejas Cobert aus Spanien und Cobert Telhas aus Portugal.
Zusammen genommen haben diese beiden in 2013 auf Grund der dortigen Wirtschaftskrise nur noch 32,1 Millionen Euro umgesetzt bei immerhin leicht positivem EBITDA. Entsprechend günstig konnte man hier zuschlagen. Die Luxemburger sehen in einem normalen Umfeld ein Mindestpotenzial von 50 Millionen Euro Umsatz und einem EBITDA von zehn Millionen Euro.
Mittels Übernahmen in zyklischen Schwächephasen zu attraktiven Preisen zu expandieren, ist perspektivisch der richtige Weg. Das Management stellt unter Beweis, dass man an das eigene Unternehmen glaubt (Insiderkäufe des CEO) und lässt sich nicht auf das kurzfristige Denken von Quartalszahlen zu Quartalszahlen ein, das am Kapitalmarkt üblich ist.
Den Analysten gefällt das naturgemäß nicht besonders. Sie bemängeln das fehlende Wachstumspotenzial und sehen die Aktie überwiegend nur als Halteposition. Aber auch dieses eher negative Sentiment gegenüber Braas Monier wird ja von Antizyklikern wohlwollend zur Kenntnis genommen, bedeutet es doch, dass das spekulative, kurzfristige Kapital außen vor bleibt.
Apropos Investoren: Am 29. Dezember ist Wellington Management, mit einem verwalteten Vermögen von 420 Milliarden US-Dollar eine der größten Investmentgesellschaften bei Braas Monier eingestiegen. Aktuell halten die US-Amerikaner 5,13 Prozent aller ausstehenden Aktien. Charttechnik spielt für Value-Anleger im allgemeinen keine allzu große Rolle.
Dennoch achten viele darauf, dass bei Aktien, die sich in einem Abwärtstrend befinden, so etwas wie eine Bodenbildung im Chart erkennbar ist. Auch diesbezüglich kann Braas Monier punkten. Im Bereich von 15 Euro haben "starke Hände" die Aktie jedes Mal wieder aufgefangen (siehe Markierungen im Chart), so dass sich hier ein tragfähiger Boden ausgebildet hat.
Nach oben hin wurde der Widerstand bei 17,20 Euro am Freitag überwunden, wodurch sich ein neues Kaufsignal für das Papier ergeben hat.
Die Kaufchancen Nr. 2,3 & 4 ergeben sich im Immobiliensektor. Richtig, die Aktien aus der Branche sind größtenteils heiß gelaufen, aber es gibt noch das eine oder andere Papier das zurückgeblieben ist, weil es kaum im Fokus von institutionellen Anlegern steht.
In Frage kommt hier zunächst die 1999 gegründete RCM Beteiligungs AG, die sich auf den Erwerb, die Entwicklung und den Verkauf von Mehrfamilienhäusern in Sachsen, und hier speziell in der Premium-Region Dresden, konzentriert.
RCM kauft dabei gerne günstig bei Insolvenzen und Zwangsversteigerungen und bildet so schnell stille Reserven bei den erworbenen Blöcken. Derzeit verfügt man über mehr als 1.000 Objekte auf einer Fläche von 77.000 Quadratmetern. Bis Ende 2015 soll dieses Portfolio in Richtung 100.000 Quadratmeter ausgebaut werden. Die Mehrheitsbeteiligung an der SM Wirtschaftsberatungs Aktiengesellschaft (SMW) wurde auf minimal über 75 Prozent ausgebaut. SMW verfügt über Verlustvorträge von mehr als 18 Millionen Euro, die von RCM steuermindernd eingesetzt werden können. Das Neun-Monats-Ergebnis weist eine deutliche Steigerung gegenüber dem Vorjahr aus, was unter anderem an höheren Kaltmieterlösen liegt. Die angegebene Durchschnittsmiete von 4,92 Euro je Quadratmeter ist im Verhältnis zu den Anschaffungskosten von 600 Euro je Quadratmeter sehr ordentlich und bringt eine für den Sektor überdurchschnittlich hohe Bruttorendite. Angekündigt wurde zudem der Verkauf von zwei größeren Immobilienprojekten, aus deren Abschluss erhebliche Gewinnbeiträge erwartet werden.
Solche Transaktionen machen den Charme des Investments aus: RCM bilanziert nach HGB, also mit sehr konservativen Wertansätzen und überrascht so bei Verkäufen immer wieder positiv. Gleichzeitig profitiert man auch von einer erneut von 4,0 auf 3,5 Prozent gesunkenen Fremdkapitalverzinsung. Die Dividendenrendite von 5,6 Prozent kann sich ebenfalls sehen lassen.
Der moderate Kursanstieg von knapp neun Prozent in den letzten 52 Wochen spiegelt die sich weiter aufhellende operative Entwicklung nicht adäquat wider. Anleger, die vom Standort Dresden überzeugt sind, und die nötige Geduld mitbringen, finden hier eine echte Value-Perle mit attraktiver Dividende.
Kauforders sollten Sie wegen des sehr niedrigen Handelsvolumens aber in jedem Fall limitieren.
Ebenfalls unterschätzt wird der Immobilienbestand meiner Meinung nach bei der Augsburger Dierig AG. Alleine der bilanzierte Wert des Immobilienbesitzes des bereits 1805 gegründeten Unternehmens liegt bei 61 Millionen Euro.
Er konnte durch Neubaumaßnahmen beim historischen Augsburger Schlacht- und Viehhof im ersten Halbjahr 2014 um knapp eine Million Euro erhöht werden. Dabei sind stille Reserven, die sich über die Jahre angesammelt haben, aber nicht berücksichtigt. Der Liquidationswert dürfte gut und gerne doppelt so hoch liegen. Das lässt sich in etwa aus den Mieteinnahmen ableiten, die in den ersten neun Monaten 2014 um 4,7 Prozent auf 6,4 Millionen Euro gestiegen sind. Aufs Gesamtjahr gerechnet ergibt dies einen Wert von 8,5 Millionen Euro. Bei der Bewertung dieser Immobilien gilt branchentypisch das 14- bis 16-fache der Nettokaltmiete als ein vernünftiger Bewertungsansatz. Daraus errechnet sich sogar ein Gesamtwert von 128 Millionen Euro. Dem stehen.
In den Passiva stehen langfristige Schulden von knapp 48 Millionen Euro. Das tatsächliche Nettovermögen von Dierig dürfte also weit oberhalb der aktuellen Marktkapitalisierung von 45 Millionen Euro liegen. Trotzdem kam die Aktie zuletzt deutlich unter Druck. Das liegt daran, dass es im operativen Geschäft alles andere als rund läuft. Das Textilgeschäft mit Bettwäsche (Marken fleuresse und Kaeppel) stagniert bestenfalls. Der über Österreich organisierte Verkauf in Tschechien, der Slowakei, in Slowenien und Kroatien habe sich als äußerst schwierig erwiesen, heißt es im Neun-Monats-Bericht. Auch die Schweizer Landesgesellschaft sei beim Bettwäscheabsatz knapp unter dem Vorjahr geblieben. Durch die Aufwertung des Franken gegenüber dem Euro wird die Konsumkraft der Schweizer geschwächt, so dass sich hier das Geschäft weiter rückläufig entwickeln sollte.
Bei Damast-Exporten nach Afrika gibt es Probleme wegen der Ebola-Epidemie und der Gewebehandel mit Südeuropa und Frankreich leidet unter der dortigen Wirtschaftsflaute. Das neue Geschäftsfeld, der Handel mit technischen Textilien, ist zwar vielversprechend, braucht aber noch Zeit bis er nennenswert zum Gewinn beitragen wird. Im Halbjahr ging der Gewinn deutlich von 3,1 auf 1,4 Millionen Euro zurück. Möglich, dass der Textilbereich in 2015 defizitär sein wird. Wohl auch deshalb hat die Aktie zuletzt gegen den freundlichen Markt deutlich nachgegeben. Die Jahreszahlen werden erst Ende März veröffentlicht und dürften relativ schwach ausfallen.
Das ist nach dem deutlichen Rückgang nun aber größtenteils im Kurs eingepreist und wertorientierte Anleger, die vor allem auf den Immobilienbesitz von Dierig schielen, finden aktuell eine attraktive Einstiegsgelegenheit.
Noch etwas spezieller ist die dritte Immobilienspekulation im Bunde, die GIEAG Immobilien AG, die nur an der Regionalbörse München gelistet ist bzw. besser gesagt, wieder gelistet ist. Zuvor nahm man es nicht so genau mit der Fertigstellung von Geschäftsberichten und der Abhaltung von Hauptversammlungen, woraus prompt ein Delisting resultierte.
Dafür ist man operativ aber durchaus erfolgreich. So konnten die Münchener im September ein Portfolio mit 136 Wohnungen sowie zwei zu sanierende Wohngebäude in Leipheim bei Ulm verkaufen. Mit dem Erlös zeigte sich Vorstand Christoph Klotz sehr zufrieden. Die Aktie notiert aktuell deutlich unterhalb ihres Eigenkapitals von rund sechs Millionen Euro (Stand 30.06.2014), das sich aber durch die erfolgreiche Leipheimer Transaktion noch weiter erhöht haben sollte. Bei 4,2 Millionen Euro ausstehenden Aktien liegt die Marktkapitalisierung bei einem Kurs von 1,10 Euro bei 4,6 Millionen Euro.
Mir gefällt die Tatsache, dass sich die GIEAG auf kleinere Städte in Süddeutschland konzentriert, wo das Preisniveau bisher noch nicht so extrem gestiegen ist wie beispielsweise in München selbst. Hier kann man das spezifische Know-How in diesen Regionen ausnutzen, sowohl im Gewerbeimmobilienbereich (z.B. für den Einzelhandel) als auch im Wohnimmobiliensegment.
Nachteilig sind natürlich das Listing an einer Regionalbörse und damit einhergehend ein niedriges Handelsvolumen. Aber angesichts der Tatsache, dass große Player wie beispielsweise die Deutsche Wohnen aus Bewertungsaspekten bereits sehr teuer geworden, andererseits Immoaktien aber weiter stark nachgefragt werden, könnte sich das Interesse an kleineren AGs wie der GIEAG bald deutlich erhöhen.
Die aktuelle Unterbewertung hängt zudem wohl auch damit zusammen, dass das Unternehmen erst seit Dezember wieder börsennotiert ist und einen geringen Bekanntheitsgrad hat. Kaufchance Nr. 4: Vollkommen unentdeckt ist auch die m4e (made for entertainment) AG, die als Brand-Management und Medienunternehmen Inhalte und Lizenzen an Marken und Charakteren vermarktet. Mit der Kinderserie Mia and Me, die inzwischen an mehr als 70 TV-Sender weltweit lizenziert ist, hat man hier in 2012 einen Volltreffer gelandet.
Nun geht es darum, möglichst viel Profit aus dieser Figur zu schlagen. So brachte Mattel beispielsweise im Herbst 2014 eine Erweiterung der "Mia and me"-Spielwarenlinie in den Handel. Eine zweite Staffel der Serie dürfte in Kürze fertig gestellt sein. Ein Kinofilm wird folgen. Der Bekanntheitsgrad wird sich so weiter erhöhen, was eine drastische Verbesserung der Margen bringen sollte. Die Analysten von Hauck & Aufhäuser rechnen von 2014 bis 2016 mit einem massiv anziehenden Gewinn je Aktie von 0,10 Euro über 0,26 Euro auf 0,48 Euro.
Bei einer Marktkapitalisierung von nur 14 Millionen Euro notiert die Aktie aktuell unter den in 2013 erzielten Umsätzen. Die im Juli erfolgte Kapitalerhöhung zu 3,27 Euro je Aktie, die einen Bruttoerlös von 1,33 Millionen Euro brachte, sollte vorläufig die letzte gewesen sein. Das Unternehmen hat keine Bankverbindlichkeiten. Hauck & Aufhäuser sieht ein Kursziel von 5,60 Euro je Aktie, das jedoch mit Vorsicht zu genießen ist, weil die Analysten gleichzeitig auch die Kapitalerhöhung begleitet haben. Die Monetarisierung von "Mia and me" könnte eine enorme Hebelwirkung auf den Ertrag haben. Die Aktie notiert aktuell wieder unterhalb des Niveaus der Kapitalerhöhung und sollte nach unten relativ abgesichert sein. Daraus ergibt sich ein gutes Chance-Risiko-Verhältnis.
Das KGV erscheint zwar aktuell noch hoch, aber alleine der Wert der Mia & Me-Marke dürfte die aktuelle Marktkapitalisierung bereits mehr als abdecken. Insofern erachte ich auch M4E als Value-Investment mit stillen Reserven. Trotzdem ist die Aktie nur für spekulative Anleger geeignet.
MEIN FAZIT:
Während DAX, MDAX und TecDAX von Hoch zu Hoch stürmen tut sich bei vielen Werten im Nebenwertesegment noch relativ wenig bis gar nichts - trotz guter Aussichten und attraktiven Bewertungen. Anleger, die Durchhaltevermögen haben und sich durch die geringen Handelsvolumina nicht abschrecken lassen, finden bei Braas Monier, RCM Beteiligungen, Dierig, der GIEAG AG und der M4E AG interessante Value-Investments.
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Armin Brack ist Chefredakteur des Geldanlage-Reports. Gratis anmelden unter: www.geldanlage-report.de. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.