Top-Ökonom Rajan rät Anlegern, nicht auf eine Zinssenkung der Fed zu hoffen
Der indisch-amerikanische Ökonom Raghuram Rajan gilt als Wirtschaftsexperte. Als solcher rät er Anlegern, nicht zu optimistisch zu sein, was mögliche Leitzinssenkungen der US-Notenbank betrifft.
• Raghuram Rajan rechnet 2023 nicht mit einer Zinswende
• Risiko zu groß
• Fed wird eher etwas zu viel straffen als zu wenig
Der ehemalige Chef der Zentralbank von Indien, Raghuram Rajan, warnt Anleger vor allzu großen Hoffnungen auf eine erneute Zinswende noch in diesem Jahr.
Keine Leitzinssenkung in 2023 erwartet
Rajan, der bis 2006 als Chefökonom des Internationalen Währungsfonds tätig war, arbeitet nun als Professor an der University of Chicago und hat in den vergangenen Jahren eine enorme Wirtschaftskompetenz erworben. Im Interview mit dem Schweizer Wirtschaftsportal Cash hat Rajan Anleger vor zu viel Optimismus gewarnt.
Demnach hält der Wirtschaftsexperte an seiner Prognose fest, dass die US-Notenbank die Leitzinsen bis auf 5,5 Prozent anheben könnte. Auch die Währungshüter selbst rechnen mit einem Anstieg der Leitzinsen auf mehr als fünf Prozent. Dabei hoffen viele Anleger auf weniger große Zinsschritte, einige optimistische Vertreter wagen sogar eine mögliche Zinspause anzusprechen. Teilweise gibt es sogar Hoffnungen auf eine Wende an der Zinsfront und ein Absenken der Leitzinsen im Jahr 2023. Rajan stützt diese Hoffnungen aber nicht: "Die Frage ist, wann die Fed mit den Zinserhöhungen pausieren wird. Die Märkte gehen davon aus, dass die Fed nicht bloß eine Zinspause einlegen wird. Sie rechnen auch damit, dass die Notenbank die Zinsen senken wird. Die Fed wird diesbezüglich aber sehr vorsichtig sein", so der Experte im Interview.
Dabei hätten die Währungshüter seiner Ansicht nach das "Worst Case"-Szenario im Blick, dass die Nachfrage nach einer Zinspause oder Zinssenkung erneut derart stark zunehmen könnte, dass man die Zinsen wieder anheben müsse. "Ihr Plan wird sein, genügend Zinsschritte zu vollziehen und dann zu warten, bis sich die Wirtschaft abkühlt. Dann kann sie allenfalls die Zinsen wieder senken. Aber ich rechne nicht damit, dass die Fed dies in diesem Jahr schon tun wird."
Warnung vor zu großem Optimismus
Seiner Ansicht nach seien die Märkte "zum heutigen Zeitpunkt zu optimistisch". Dies habe auch die Fed immer wieder signalisiert, doch diese habe unter vielen Anlegern nach ihrer abwartenden Haltung im Dezember 2018 ihre Glaubwürdigkeit teilweise verloren, so Rajan. "Die Märkte stürzten ab, und von der Fed kam keine Reaktion. Die Märkte glaubten dann, dass die Fed das Rückgrat nicht habe, auf ökonomische Gegebenheiten angemessen zu reagieren".
Hinzu komme seiner Einschätzung nach, dass Arbeits- und Immobilienmarkt aktuell noch zu robust seien. "Alle Zeichen deuten also darauf hin, dass die Fed überzeugt ist, noch mehr zu tun auf der Zinsseite."
Fed strafft eher mehr als zu wenig
Gegenüber CNBC erklärte der Ökonom im Rahmen des Weltwirtschaftsforums in Davos, warum die US-Währungshüter bezüglich einer angepassten Zinspolitik vorsichtig sein dürften und welche Risiken eine Zinspause oder Zinssenkung mit sich bringen würde. "Sie [die Fed, Anm. d. Red.] müssen die Inflation senken, aber sobald sie denken, dass sie genug getan haben und innehalten, werden die Märkte sehr reaktiv sein, sie werden feiern. Wenn sie feiern, bewirkt das das Gegenteil von dem, was die Fed will, die finanziellen Bedingungen werden dann ziemlich gelockert. Die Leute sehen, wie ihre Aktienportfolios steigen, sie gehen raus und geben Geld aus. Das ist genau die falsche Reaktion", so Rajan.
Die Fed werde seiner Ansicht nach daher wahrscheinlich eher "mehr tun, als weniger zu tun", etwas stärker straffen und die Arbeitslosenrate in die Höhe treiben, um sicherzustellen, dass der Rückgang der Inflation nachhaltig ist.
Redaktion finanzen.net
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