Geldpolitik

EZB passt Leitzins nicht an - Lagarde: EZB würde falls nötig auch Zinsen senken

10.09.20 20:21 Uhr

EZB passt Leitzins nicht an - Lagarde: EZB würde falls nötig auch Zinsen senken | finanzen.net

Die Europäische Zentralbank hat bei ihrer jüngsten Zinssitzung den Leitzins unverändert belassen.

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Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) hat seine Geldpolitik wie erwartet unverändert gelassen. Nach Mitteilung der EZB bleibt der Leitzins beim historischen Nullwert.

Nach Mitteilung der EZB bleiben sowohl die Leitzinsen als auch die Wertpapierkaufprogramme sowie die sie betreffende Forward Guidance konstant. Der Hauptfinanzierungssatz beträgt 0,00 Prozent, der Spitzenrefinanzierungssatz 0,25 Prozent und der Bankeinlagensatz minus 0,50 Prozent.

Der EZB-Rat erwartet, dass die Leitzinsen so lange auf ihrem aktuellen oder einem niedrigeren Niveau bleiben, bis er feststellt, dass sich die Inflationsaussichten in seinem Projektionszeitraum deutlich einem Niveau annähern, das hinreichend nahe, aber unter 2 Prozent liegt. Diese Annäherung soll sich außerdem durchgängig in der Dynamik der Kerninflation widerspiegeln.

Nettoanleihekäufe unverändert

Die Nettoanleihekäufe im Rahmen des APP-Programms betragen monatlich 20 Milliarden Euro zuzüglich 120 Milliarden Euro bis Jahresende, die der Rat im März beschlossen hatte. Der EZB-Rat erwartet, dass diese Nettokäufe so lange fortgesetzt werden, wie es für die Verstärkung der akkommodierenden Wirkung der Leitzinsen erforderlich ist. Die Käufe sollen erst kurz vor der ersten Leitzinserhöhung beendet werden.

Die Tilgungsbeträge der im Rahmen des APP erworbenen Wertpapiere werden für längere Zeit über den Zeitpunkt hinaus voll wieder angelegt, zu dem der EZB-Rat mit der Erhöhung der Leitzinsen beginnt. Diese Wiederanlage erfolgt in jedem Fall so lange wie erforderlich, um günstige Liquiditätsbedingungen und eine umfangreiche geldpolitische Akkommodierung aufrechtzuerhalten.

Die Käufe im Rahmen des Pandemiekaufprogramms PEPP haben ein Volumen von 1.350 Milliarden Euro und laufen mindestens bis Mitte 2021, auf jeden Fall aber so lange, bis der EZB-Rat der Ansicht ist, dass die Corona-Krisenphase vorbei ist. Die Tilgungsbeträge fälliger Anleihen werden bis mindestens Ende 2022 voll wieder angelegt.

Die EZB erklärte in ihrem Statement außerdem, dass sie weiterhin über Refinanzierungsgeschäfte für reichlich Liquidität sorgen wolle. Sie verwies auf die starke Inanspruchnahme des jüngsten TLTRO3-Langfristtenders.

Inflationsziel weiter im Blick

Die EZB sei überdies bereit, alle ihre Instrumente wie erforderlich anzupassen, um für eine dauerhafte Annäherung der Inflation an den Zielbereich zu sorgen. Der Rat bekräftigte die Symmetrie seines Inflationsziels.

EZB-Präsidentin Christine Lagarde wird die Ergebnisse der Sitzung in einer um 14.30 Uhr beginnenden Pressekonferenz erläutern. Analysten rechnen damit, dass Lagarde sich unter anderem zur laufenden Prüfung der geldpolitischen Strategie und den Ergebnissen der entsprechenden Prüfung durch die US-Notenbank äußern wird. Erwartet werden auch Fragen zum Einfluss der Euro-Stärke auf die Geldpolitik der EZB.

Lagarde: EZB-Rat hat Euro-Aufwertung diskutiert

Die Europäische Zentralbank (EZB) wird der jüngsten Aufwertung des Euro nach den Worten von Präsidentin Christine Lagarde die nötige Aufmerksamkeit schenken. "Der Rat hat die Aufwertung des Euro diskutiert", sagte Lagarde in der Pressekonferenz nach der jüngsten Ratssitzung. Der Euro-Kurs sei aber kein Ziel der Geldpolitik.

In der geldpolitischen Erklärung des Rats, die Lagarde verlas, heißt es zu diesem Thema: "Im aktuellen Umfeld erhöhter Unsicherheit wird der Rat die hereinkommenden Informationen, darunter die Entwicklung des Wechselkurses und seine Implikationen für den mittelfristigen Inflationsausblick, genau prüfen."

EZB bewertet Konjunktur etwas weniger pessimistisch

Die Europäische Zentralbank (EZB) bewertet die konjunkturellen Aussichten im Euroraum nicht mehr ganz so pessimistisch. In diesem Jahr dürfte die Wirtschaftsleistung der 19 Euroländer wegen der Corona-Krise zwar drastisch um 8,0 Prozent schrumpfen, wie die Notenbank am Donnerstag in Frankfurt mitteilte. Der Einbruch wird aber etwas weniger stark vorhergesagt als noch vor drei Monaten. Im Juni war die EZB von einer Schrumpfung der Wirtschaft um 8,7 Prozent ausgegangen.

Im Gegenzug zu der Projektionsanhebung wurde die erwartete Erholung der Konjunktur im kommenden Jahr leicht von 5,2 auf 5,0 Prozent gesenkt. Für das Jahr 2022 erwartet die EZB ein Wachstum von 3,2 Prozent nach bisher 3,3 Prozent. Ihre Inflationsprognose beließ die Notenbank weitgehend unverändert. Nur für kommendes Jahr wird eine etwas höhere Inflation vorhergesagt. Bis inklusive 2022 liegt die Teuerung klar unter dem mittelfristigen Ziel der EZB von knapp zwei Prozent.

Die Prognosen der EZB werden vom Mitarbeiterstab erstellt und dienen dem EZB-Rat als Entscheidungshilfe.

Lagarde: EZB würde falls nötig auch Zinsen senken

EZB-Präsidentin Christine Lagarde hat die Möglichkeit einer Leitzinssenkung durch die Europäische Zentralbank (EZB) ins Spiel gebracht. "Es kann Umstände geben, unter denen Asset-Kaufprogramme effizienter sind, um unsere Ziele zu erreichen, und es gibt Umstände, unter denen Zinssätze effizienter sind", sagte Lagarde in der Pressekonferenz nach der jüngsten EZB-Ratssitzung. In den vergangenen Monaten habe der EZB-Rat gefunden, das Kaufprogramme das richtige Instrument seien, um das Ziel zu erreichen, sie schließe aber keines der anderen verfügbaren Instrumente aus.

Umfrageergebnis: Weiter Niedrigzinsen noch Ende 2021

Die Europäische Zentralbank (EZB) wird nach Einschätzung von Volkswirten noch bis mindestens Ende 2021 an ihren ultratiefen Zinsen festhalten.

Einer Umfrage der Nachrichtenagentur Reuters zufolge erwarten alle 71 Volkswirte, die auf eine entsprechende Frage antworteten, dass der Leitzins auch im vierten Quartal 2021 noch bei 0,0 Prozent liegen wird. Auf dem Niveau hält ihn die EZB bereits seit März 2016. Auch bei den Strafzinsen rechnet eine große Mehrheit damit, dass der sogenannte Einlagesatz auch im Schlussviertel 2021 noch bei minus 0,5 Prozent stehen wird. Ein Minus bedeutet, dass Institute Zinsen zahlen müssen, wenn sie bei der Notenbank überschüssige Gelder parken. Die EZB hatte den Einlagesatz erstmals 2014 auf unter Null Prozent gesenkt.

Euro im Blick

In der Umfrage wurde auch eine Zusatzfrage zur aktuellen Euro-Stärke gestellt. Danach sehen die Volkswirte im Median ihrer 31 Antworten die Schmerzgrenze für die EZB bei 1,25 Euro. Die Gemeinschaftswährung hat seit Mitte Mai zum Dollar rund neun Prozent an Wert zugelegt. Für die EZB kommt der Anstieg ungelegen, da sich die Euro-Wirtschaft gerade langsam von der schweren Krise erholt, in die sie durch die Corona-Pandemie geraten war. Denn mit dem Kursanstieg verteuern sich tendenziell Produkte aus der Euro-Zone auf dem Weltmarkt. Das nagt an ihrer Wettbewerbsfähigkeit.
Reuters befragte die Volkswirte zwischen dem 7. und 9. September.

Redaktion finanzen.net / Reuters /Dow Jones

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