Fed-Leitzinsentscheid

Großer Zinsschritt: Fed senkt erstmals seit 2020 die Zinsen

19.09.24 07:51 Uhr

Endlich senkt auch die Fed die Zinsen - XL-Zinsschritt | finanzen.net

Am gestrigen Mittwoch wurde es spannend: Der Fed-Leitzinsentscheid stand an. Die US-Notenbank senkte die Zinsen - und zwar mit einem von den Aktionären mehrheitlich gewünschten großen Zinsschritt um 50 Basispunkte.

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• Fed senkt Leitzinsen erstmals seit Beginn der COVID-19-Pandemie
• Großer Zinsschritt: Zinskorridor nun bei 4,75-5,00 Prozent
• Die Börse reagiert letztlich eher negativ auf die Fed-Entscheidung

Es galt in Marktkreisen als ausgemachte Sache, dass die US-Notenbank bei ihrem gestrigen Zinsentscheid (20:00 Uhr MEZ) die Leitzinssenkungsphase einleiten wird, zumal andere führende Notenbanken wie die EZB, die Bank of England oder die SNB schon vor Monaten das Leitzinsniveau reduzierten. Jedoch wurde an den Kapitalmärkten hitzig darüber diskutiert, ob die obersten US-Währungshüter die Zinsen um einen kleinen (25 Basispunkte) oder um einen großen (50 Basispunkte) Schritt senken werden. Zuletzt schlug das Pendel der Wahrscheinlichkeit zu einem "XL-Zinsschritt" aus, da die US-Arbeitsmarkt Schwächetendenzen offenbarte und die Inflationsraten zurückgingen.

Die allgemeine Marktmeinung sollte Recht behalten: Die Fed verkündete tatsächlich eine Zinssenkung um 50 Basispunkte auf einen Zins-Korridor von 4,75 bis 5,00 Prozent. Elf von zwölf Mitgliedern des Federal Open Market Committee (FOMC) votierten für die Senkung, ein Mitglied plädierte für eine Reduzierung um 25 Basispunkte.

Die neuen vierteljährlichen Projektionen zeigten, dass eine knappe Mehrheit der Notenbanker auf den Sitzungen im November und Dezember Zinssenkungen um jeweils mindestens 25 Basispunkte erwartet.

Fed reagiert auf sinkende Inflationsraten

Mit ihrer Leitzinssenkung reagiert die Fed auf den seit Monaten nachlassenden Inflationsdruck. Während die Teuerungsrate in den USA 2022 Höchststände etwa neun Prozent erreichte, sank diese schrittweise ab. Die Verbraucherpreise von August 2024 zeigten auf Jahressicht nur noch eine Teuerung von 2,5 Prozent an. Zwar liegt dies weiterhin über dem Fed-Inflationsziel von zwei Prozent, die abnehmende Tendenz scheint die Fed aber von der Richtigkeit einer ersten Zinssenkung zu überzeugen.

Im März 2022 hatte Fed-Vorsitzender Jerome Powell die erste Leitzinssteigerung verkündet - danach war es bis Juli 2023 in schnellen Schritten auf ein Niveau von 5,25 bis 5,5 Prozent hochgegangen. Die von vielen Beobachtern befürchtete Rezession trat in den USA trotz des sehr hohen Zinsniveaus bislang dennoch nicht ein.

Inflation, Zinsen: Das sind die Prognosen der Fed

Die neue Wirtschaftsprognose der Fed deutet nun darauf hin, dass die Zentralbank in diesem Jahr die Zinsen noch weiter senken dürfte. Die Entscheider der Fed rechnen für dieses Jahr im Mittel mit einem Leitzins von 4,4 Prozent (Juni: 5,1 Prozent). Für das kommende Jahr geht die Fed im Mittel von einem Leitzins von 3,4 Prozent aus (Juni: 4,1 Prozent.)

Die Notenbank hat auch neue Prognosen für die Teuerungsrate veröffentlicht. In diesem Jahr geht die Fed einer niedrigeren Teuerungsrate als im Juni prognostiziert aus - sie soll durchschnittlich bei 2,3 Prozent (Juni: 2,6 Prozent) liegen. Für das kommende Jahr rechnen die Notenbanker mit durchschnittlich 2,1 Prozent (Juni: 2,3 Prozent). Die US-Notenbank strebt auf mittlere Sicht eine Inflationsrate von 2 Prozent an.

Die Kerninflation, also ohne Berücksichtigung von Lebensmittel- und Energiepreisen, soll dieses Jahr aber bei 2,6 Prozent (Juni: 2,8 Prozent) liegen, kommendes Jahr bei 2,2 (Juni: 2,3 Prozent). Die Notenbanker schauen in ihrer Analyse besonders auf diesen Wert. Er gibt den allgemeinen Preistrend nach Meinung von Fachleuten besser wieder als die Gesamtrate, da schwankungsanfällige Komponenten herausgerechnet werden.

Fed-Chef gibt kein klares Signal für weiteres Tempo der Zinssenkungen

Der Vorsitzende der US-Notenbank, Jerome Powell, hat noch kein klares Signal für das Tempo von künftigen Zinssenkungen gegeben. "Die Fed kann schneller, langsamer vorgehen oder eine Pause einlegen", sagte Powell am Mittwoch auf der Pressekonferenz nach der Zinsentscheidung. Niemand solle denken, dass Zinssenkungen von 0,50 Prozentpunkten das neue Tempo seien. Die Fed hatte zuvor die Leitzinsspanne um 0,50 Prozentpunkte auf 4,75 bis 5,00 Prozent gesenkt.

"Wir haben den Eindruck, dass wir die Politik im Laufe der Zeit auf ein neutraleres Niveau zurückführen und bewegen uns in dem Tempo, das wir für angemessen halten", sagte Powell. Man aber habe in den Projektionen weitere Zinssenkungen signalisiert.

Die Projektionen der Fed deutet nun darauf hin, dass die Zentralbank in diesem Jahr die Zinsen noch weiter senken dürfte. Die Entscheider der Fed rechnen für dieses Jahr im Mittel mit einem Leitzins von 4,4 Prozent (Juni: 5,1 Prozent). Dies würden voraussichtlich einer Zinssenkung um insgesamt 0,50 Prozentpunkten entsprechen. Dann läge die Zinsspanne zwischen 4,25 und 4,50 Prozent. Die Fed hat noch zwei Zinssitzungen in diesem Jahr. Für das kommende Jahr geht die Fed im Mittel von einem Leitzins von 3,4 Prozent aus (Juni: 4,1 Prozent). Dies würde für eine Senkung um weitere 1,00 Prozentpunkte sprechen.

Es sei gut gewesen, mit der Zinssenkung zu warten, sagte Powell. So könne man sicher sein, dass die Inflation nachhaltig zurückgehe. Der Kampf gegen die Inflation sei aber noch nicht gewonnen.

Niedrigere Zinsen treiben Aktienmarkt an

Niedrigere Zinsen haben oft positive Auswirkungen auf den Aktienmarkt und die allgemeine Konjunktur. Für Unternehmen werden Kredite günstiger, was Investitionen und Expansionen erleichtert. Dadurch steigen oft Gewinne und Aktienkurse, da Investoren auf höhere Erträge setzen. Auch Privatanleger investieren vermehrt in Aktien, da festverzinsliche Anlagen wie Anleihen weniger Rendite abwerfen und somit weniger attraktiv werden. Zudem wirken wirken niedrigere Zinsen auf die allgemeine Konjunkturlage stimulierend: Unternehmen können mehr investieren, und Verbraucher nehmen häufiger Kredite auf, zum Beispiel für den Kauf von Immobilien oder Konsumgütern. Dies stärkt die Nachfrage und fördert das Wirtschaftswachstum. Allerdings können durch niedrige Zinsen langfristige Risiken wie Inflation entstehen - wie in den vergangenen Jahren zum Leidwesen vieler Verbraucher zu beobachten war.

Die Fed muss folglich - ebenso wie unter anderem auch die EZB, die 2024 bereits zwei Leitzinssenkungen verkündete - einen Spagat vollbringen. Sie darf die Zinsen nicht zu schnell senken, um einen Wiederanstieg der Inflationsraten zu vermeiden. Allerdings muss die US-Zentralbank auf jegliche Schwächetendenzen in der US-Konjunktur reagieren: Ein allzu hohes Zinsniveau könnte dazu führen, dass es doch nicht zu einer "sanften Landung", sondern vielmehr zu einer Rezession mit einer steigenden Arbeitslosenrate kommen wird. Mit ihrem großen Zinsschritt von 50 Basispunkten will die Fed bezwecken, dass die zuletzt etwas schwächelnde US-Konjunktur Entlastung erfährt. Zudem scheint sie die Inflationsrisiken mittlerweile als moderat anzusehen.

So reagieren die Anleger auf die Entscheidung

Die Märkte hatten zunächst mit hohem Kaufinteresse auf den Fed-Leitzinsentscheid, der bereits seit Wochen das bestimmende Thema an den US-Märkten war, reagiert. Allerdings fielen die US-Börsen gut eine Stunde nach dem Entscheid - bei hohen Schwankungen - immer weiter zurück und schlossen noch auf rotem Terrain. Der Dow Jones notierte beim Handelsschluss 0,25 Prozent tiefer bei 41.503,10 Zählern. Der technologielastige Index NASDAQ Composite schloss letztlich 0,31 Prozent tiefer bei 17.573,30 Einheiten.

Der große Zinsschritt, der überwiegend so erwartet worden war, zeigt an, dass die Fed die Schwächesignal der US-Konjunktur nicht übersehen hat und mit allen Mitteln eine Rezession vermeiden will. Da zudem von sinkenden Rendite der Anleihen auszugehen ist, steigt die Attraktivität der Unternehmensaktien. Allerdings wäre es übertrieben, im Nachgang der Fed-Entscheidung von einer Euphorie an der Wall Street zu sprechen - nach einer kurzzeitigen Freude überwog im späten Handel eher der Verkaufsdruck.

Redaktion finanzen.net mit Material von dpa-AFX / Dow Jones Newswires

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