Entgegengesetzte Richtungen

Zinskluft zwischen EZB und Fed wächst

13.01.17 11:42 Uhr

Zinskluft zwischen EZB und Fed wächst | finanzen.net

Die zinspolitische Kluft zwischen der Europäischen Zentralbank (EZB) und der US-Notenbank dürfte in diesem Jahr weiter wachsen.

Während sich die US-Währungshüter sorgen, dass die Wirtschaftspolitik der ins Amt kommenden Regierung sie dazu zwingt, ihre Geldpolitik wesentlich rascher zu straffen, kämpft die EZB weiter mit einer flauen Konjunktur in vielen wichtigen Volkswirtschaften der Eurozone. Deshalb werden die EZB und die Fed im Jahr 2017 in entgegengesetzte Richtungen marschieren.

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   Am 8. Dezember beschloss die EZB, ihr Kaufprogramm für mindestens neun weitere Monate bis Dezember 2017 fortzuführen. Man kann zwar darüber streiten, ob die gleichzeitig beschlossene Reduzierung des Anleihekaufvolumens ab April von monatlich 80 auf 60 Milliarden Euro den ersten Schritt für das Ende des Programms darstellt - so oder so aber bleibt die Geldpolitik der EZB anno 2017 expansiv, während es in den USA eine Straffung gibt.

   "Letztlich dürfte EZB-Präsident Mario Draghi auf der Pressekonferenz bestätigen, dass die im Dezember beschlossene Reduzierung des monatlichen Kaufvolumens auf 60 Milliarden Euro eine Anpassung darstellt, aber keinen Einstieg in den Ausstieg", erwartet Commerzbank-Ökonom Michael Schubert.

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   Weil aber die Inflation zuletzt einen kräftigen Sprung nach oben gemacht hat, wächst aus Deutschland der Druck auf die EZB, einen Ausstieg aus ihrer lockeren Geldpolitik einzuleiten. Neben dem Ifo-Präsidenten Clemens Fuest und dem Chef der Konjunkturabteilung des Instituts für Weltwirtschaft, Stefan Kooths, forderte dies auch der bayerische Finanzminister Markus Söder (CSU).

   In Deutschland ist die Inflation im Dezember auf 1,7 Prozent von 0,7 Prozent im Vormonat gestiegen. In der Eurozone liegt die Rate aber immer noch bei nur 1,1 Prozent, weit entfernt von der EZB-Zielrate von knapp 2 Prozent. Die EZB geht davon aus, dass die Inflationsrate spätestens 2019 nahe bei diesem Ziel liegt. Die niederländische Bank ABN Amro rechnet damit, dass die EZB erst im März 2018 das Volumen ihrer Anleihekäufe schrittweise verringern wird.

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EZB will Deckung nicht zu früh verlassen

EZB-Direktor Yves Mersch hat vor verfrühten Jubelgesängen über das gebannte Deflationsgespenst gewarnt. "Es ist absolut zu zeitig, den Sieg über die schwache Wirtschaft auszurufen. Wir sehen gute Ergebnisse, aber es ist absolut zu früh, dass wir die Deckung fallen lassen", sagte Mersch in Paris.

   Mersch sieht die anziehende Inflation als Beleg für die Richtigkeit der ultralockeren Geldpolitik. "So lange unsere Schätzungen nicht durch etwas Dramatisches beeinflusst werden, haben unsere operativen Entscheidungen Bestand und werden keinen Revisionen unterzogen", erklärte der Währungshüter. Dennoch sah er Raum für "strategische Anpassungen". Der Luxemburger betonte, dass der Anstieg der Verbraucherpreise vor allem durch höhere Ölpreise zustande kommt. "Die Änderung bei den Löhnen ist noch nicht bei dem Niveau, um ein Emporschnellen auszulösen."

   Ausweislich des jüngsten Protokolls haben die Fed-Vertreter über die "beträchtliche Unsicherheit" diskutiert und die Auswirkungen, welche die neue Regierung auf die Wirtschaftsentwicklung haben kann. Fast alle Fed-Vertreter gingen davon aus, dass höhere Staatsausgaben kombiniert mit Steuersenkungen das Wirtschaftswachstum in den kommenden Jahren befeuern können. Es sei aber völlig unklar, welche Vorschläge der Regierung in welchem Umfang wann zu erwarten seien. Für 2017 hat die Fed drei Zinserhöhung um insgesamt 75 Basispunkte in Aussicht gestellt.

Datenkranz zur Konjunktur wird fortgeschrieben

Neben der EZB-Sitzung steht in der Woche eine Reihe von Terminen an, die den Datenkranz zur Konjunkturlage insbesondere der Weltwirtschaft, der Eurozone und der USA fortschreiben. Zudem gibt es wichtige Indikatoren aus Deutschland und China.

   Die Woche beginnt mit dem Update zum Wirtschaftsausblick des Internationalen Währungsfonds (Montag um 15.00 Uhr). Es folgen der EZB-Quartalsbericht zur Kreditvergabe und der ZEW-Konjunkturindex für Deutschland (Dienstag um 10.00 und 11.00 Uhr). Zur Wochenmitte bilden US-Daten den Schwerpunkt, so die US-Verbraucherpreise und die US-Industrieproduktion (Mittwoch um 14.30 und 15.15 Uhr). Am Abend folgt das Beige Book der US-Notenbank (20.00 Uhr).

   Zum Abschluss der Woche publizieren Chinas Statistiker ihre Zahlen zum Bruttoinlandsprodukt und zur Industrieproduktion (Freitag um 03.00 Uhr). Außerdem kommt von der EZB das Ergebnis ihres "Surveys of Professional Forecasters" (10.00 Uhr).

Fed und Märkte rätseln über Trumps Absichten

Ein Highlight mit einem konjunkturpolitischen Aspekt ist die Amtseinführung von US-Präsident Donald Trump (Freitag um 18.00 Uhr). Bei seiner ersten Pressekonferenz seit seiner Wahl hat Trump angedeutet, dass er das Land mit einem hohen Tempo umbauen will, aber zu Inhalten blieb er so vage wie seit jeher. Nicht nur die Fed rätselt über die Absichten von Trump, auch Analysten und Ökonomen können sich kaum einen Reim machen.

   "Not so great, again", lautete das Fazit der BayernLB-Ökonomen zu Trump-Pressekonferenz. "Infrastrukturmaßnahmen, Deregulierung, Steuerreform - keine der vielen im Wahlkampf geäußerten Ideen zur Stimulierung der Wirtschaft fanden mehr Erwähnung." Konkret war nur sein Festhalten am Bau einer Mauer an der mexikanischen US-Grenze, was als Bestätigung seiner protektionistischen Grundhaltung interpretiert wurde.

   Und Trump wiederholte auch seine Absicht, US-Firmen mit Grenzsteuern belegen zu wollen, die im Ausland produzieren. Neben Mexiko und erneut China wurde nun zudem auch Japan als ein Land genannt, mit dem die USA nachteilige Handelsvereinbarungen hätten. Interessant: Obwohl Deutschland einen extrem großen Außenhandelsüberschuss aufweist, fehlte es in der Aufzählung von Trump.

DJG/apo/smh

FRANKFURT (Dow Jones)

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