Reverse-Bonus-Zertifikate: Entspannt durch unruhige Zeiten
Mit spiegelverkehrten Bonuspapieren können sich Investoren vor längeren Seitwärts- und Abwärtsphasen schützen.
von Emmeran Eder, Euro am Sonntag
Schon oft gab es an den Börsen den Summertime Blues. Eine Korrektur ist auch dieses Jahr nicht ausgeschlossen. Die Rally befindet sich in einem fortgeschrittenen Stadium. Hinzu kommen geopolitische Risiken und der Handelskonflikt mit den USA, die für Nervosität an den Märkten sorgen.
Gleichzeitig sind die Bewertungen an den Börsen zwar nicht mehr günstig, aber auch nicht übertrieben hoch. Die Konjunktur läuft weltweit gut, und wegen der niedrigen Zinsen fehlen attraktive Anlagealternativen zu Aktien. Daher könnte die Hausse noch weiterlaufen.
Viele Anleger sind zwischen diesen beiden Szenarien hin- und hergerissen. Da macht es Sinn, strategisch vorzugehen und vorzusorgen - etwa mit Reverse-Bonus-Zertifikaten. "Diese Produkte eignen sich für Anleger, die fallende, seitwärts laufende oder moderat steigende Kurse erwarten", erklärt Simon Ullrich, Geschäftsführer der Fintech-Firma SmartTrade, die Vorteile dieser Papiere.
Umgedrehtes Bonuspapier
Wie klassische Bonuszertifikate funktionieren Reverse-Bonus-Zertifikate - nur spiegelverkehrt. Die Barriere befindet sich nicht unter dem aktuellen Kurs des Basiswerts wie beim normalen Bonuspapier, sondern darüber. Wird diese Marke während der Laufzeit nicht berührt, erhalten Anleger zur Fälligkeit den Bonusbetrag. Diese Bonuszahlung entspricht dem Gegenwert des Bonuslevels, der anders als beim klassischen Bonuspapier nicht oberhalb, sondern unterhalb des Basiswert-Kurses liegt.
Am Beispiel des Reverse-Bonus-Zertifikats von BNP Paribas auf den DAX wird die Funktionsweise deutlich. Die Barriere liegt hier bei 13.800 DAX-Zählern, der Bonuslevel bei 11.200 Punkten. Klettert der deutsche Aktienindex bis zum Ende der Laufzeit im Juni 2019 niemals auf die Marke von 13.800 Punkten, erhalten Investoren mindestens den Bonusbetrag, der dem Gegenwert des Bonuslevels von 11.200 Zählern entspricht. Bei einem DAX-Niveau von 12.487 Punkten und einem aktuellen Zertifikatekurs von 100,50 Euro entspräche das einem Bonusbetrag von 108 Euro, was 7,5 Prozent Bonusrendite bedeutet.
Fällt der DAX zur Fälligkeit unter den Bonuslevel von 11.200, profitieren Zertifikate-Inhaber zusätzlich am weiteren Kursverlust wie bei einem Short-Zertifikat. Wenn dagegen der DAX kräftig klettert und die Schwelle von 13.800 Punkten während der Laufzeit erreicht, entfällt die Zahlung des Bonusbetrags. Dann können hohe Verluste entstehen - müssen aber nicht. Das Reverse-Bonus-Zertifikat wird dann zum reinen Short-Zertifikat. Das heißt, je weiter der DAX steigt, desto mehr verliert der Anleger. Sinkt der DAX dagegen, erhöht sich der Zertifikatewert. Fällt der DAX nach Berühren der Barriere bis zur Fälligkeit wieder unter das Kaufniveau (hier: 12.487 Punkte), macht der Anleger sogar wieder Gewinn.
Auswahl nach Risikoneigung
In welchem Szenario das Zertifikat in die Gewinn- oder Verlustzone kommt, ist dem jeweiligen vom Emittenten veröffentlichten Basisinformationsblatt zu entnehmen. Je nach Risikoneigung wählen Anleger Papiere mit entsprechender Barriere und Laufzeit aus. Je tiefer die Barriere, desto riskanter, aber auch renditeträchtiger ist das Investment. Bei längerer Laufzeit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Barriere verletzt wird. Daher gilt: Je länger das Papier läuft, desto größer das Risiko, aber auch die Renditechance.
Wer Gefahren begrenzen will, kann zu Reverse-Cap-Bonus-Zertifikaten greifen. Hier ist der Ertrag auf den Cap, eine Obergrenze, limitiert. Der ist im Regelfall identisch mit dem Bonuslevel. Anleger können bei stark fallenden Kursen also nicht grenzenlos profitieren, sondern nur bis zum Cap.
Dafür kann die Barriere erhöht und das Risiko reduziert werden - bei gleicher oder sogar etwas mehr Rendite. Oder Anleger lassen die Barriere identisch wie beim klassischen Reverse-Bonuspapier, erhalten aber deutlich mehr Rendite.
So offeriert das DAX-Reverse- Cap-Bonus-Zertifikat der Société Générale, das wie das Produkt von BNP Paribas bis Ende Juni 2019 läuft und die Barriere bei 13.800 sowie den Cap bei 11.200 Punkten hat, eine um fast zwei Prozentpunkte höhere Bonusrendite von 9,48 Prozent. Das ist gleichzeitig die maximale Rendite. Sinkt der DAX unter den Cap von 11 200 Zählern, profitieren Anleger anders als beim BNP-Papier nicht mehr von weiter rückläufigen Kursen.
Eine weitere Alternative ist das DAX-Reverse-Cap-Bonuspapier der BNP Paribas mit Fälligkeit Juni 2019 und Cap bei 11.200 Punkten. Es bringt etwas mehr Bonusrendite (7,74 Prozent) als das klassische Pendant derselben Bank, weist aber durch die höhere Barriere von 14.000 Zähler weniger Risiko auf.
Anleger können also selbst entscheiden, was wichtiger ist: Falls sie glauben, dass der Basiswert nur moderat fällt oder steigt, sollten sie zu Papieren mit Cap greifen, um von Seitwärtsperioden oder begrenzten Abwärtsphasen zu profitieren. Wer eine Baisse fürchtet, sollte auf den Cap verzichten. Nachteil: Die Auswahl an Produkten mit Cap ist größer als die ohne Cap.
Höhere Renditen als bei Indizes sind mit Einzelaktien erzielbar. Etwa mit einer Short- oder Seitwärtsspekulation auf die Deutsche Bank. Deren Restrukturierung war bisher mäßig erfolgreich. Bankexperten bezweifeln, ob es dem neuen Vorstandschef Christian Sewing gelingt, die Bank in die Erfolgsspur zurückzuführen. Die IT gilt als veraltet und die Kosten sind zu hoch. Zudem fehlt ein überzeugendes Geschäftsmodell. Misslingt der Turnaround, dürfte die Aktie weiter abtauchen.
Mit dem Reverse-Cap-Bonus- Zertifikat der BNP Paribas auf die Deutsche Bank setzen Anleger genau darauf. Klettert der Titel, der jetzt bei 9,59 Euro steht, bis zur Fälligkeit im September 2019 nie auf die Barriere von zwölf Euro, erhalten Anleger den Gegenwert des Caps von acht Euro. Das entspricht 15,94 Prozent Bonusrendite oder 13,22 Prozent pro Jahr. Am Kurssturz unter acht Euro verdienen Investoren nichts.
Wird die Barriere berührt, entfällt die Zahlung des Bonusbetrags von acht Euro und hohe Verluste sind möglich. Auf Dividenden müssen Anleger verzichten.
Auf das Aufgeld achten
Bei der Auswahl von Reverse- Bonus-Zertifikaten ohne und mit Cap ist zudem auf die Höhe des Aufgelds zu achten. Das ist die Prämie, die beim Erwerb auf den aktuellen Wert des Zertifikats zu zahlen ist. Das Aufgeld sollte im jetzigen Umfeld höchstens fünf Prozent bei einem Jahr Laufzeit betragen. Denn wird die Barriere berührt, ist das Aufgeld verloren, was den eventuellen Verlust erhöht. Diese Faustregel sollten Anleger berücksichtigen, da viele Reverse-Bonuspapiere derzeit mit hohem Aufgeld offeriert werden.
Reverse-Bonus-Zertifikate mit und ohne Cap (pdf)
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