Wird 2021 noch ein Jahr der Edelmetalle?
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An den Aktienmärkten wird seit Monaten das Ende der Pandemie und somit die Mutter aller Erholungen gespielt. Auch viele Industrierohstoffe sowie Öl legten kräftig zu, nur die Edelmetalle kommen nicht in Schwung. In der zweiten Jahreshälfte eröffnen sich neue Chancen, Anleger müssen aber genau hinschauen.
Was passiert, wenn eine hohe Nachfrage auf ein nur begrenztes Angebot trifft, sieht man seit Monaten bei zahlreichen Rohstoffen. Überall dort, wo die Corona-Krise eingedämmt wird und die Weltkonjunktur wieder an Schwung gewinnt, zieht der Verbrauch kräftig an. Die zwischenzeitliche Rally bei Bauholz bereitete nicht nur Häuslebauern schlaflose Nächte. Auch an der Zapfsäule müssen Autofahrer wieder deutlich tiefer in die Tasche greifen.
Seit dem Jahreswechsel ist Öl der Nordseesorte Brent um rund 50 Prozent auf den höchsten Wert seit Oktober 2018 gestiegen. Die Preise für Benzin und Diesel kletterten seit Ende Dezember um gut 20 Prozent, wobei die Mehrwertsteuer sowie die neue CO2-Bepreisung den Effekt verstärkten. Für den breit aufgestellten Rohstoff-Index S&P GSCI ging es im ersten Halbjahr um gut 30 Prozent aufwärts.
Edelmetalle hinken hinterher
Hingegen haben die Edelmetalle bisher kaum auf die Preisrally reagiert. Der entsprechende Index büßte im laufenden Jahr sogar um rund sechs Prozent ein. Lediglich Palladium sticht mit prozentual zweistelligen Zuwächsen positiv hervor. Anfang Mai kostete die Feinunze sogar erstmals mehr als 3.000 Dollar, bevor im Zuge der jüngsten Edelmetallschwäche der Kurs unter Druck kam. "Anders als Gold ist Palladium stark in den Wirtschaftskreislauf eingebunden. Etwa 85 Prozent der Nachfrage ist der Automobilindustrie zuzurechnen", erklärt Gil Shapira, Chef-Stratege beim Broker eToro. Allerdings stockte zuletzt die Produktion wegen fehlender Chips. "Mit den strengeren Emissionsvorschriften in China und Europa ist aber eine höhere Palladiumbeladung in Katalysatoren notwendig, die Nachfrage bleibt daher robust", meint Shapira ergänzend. Auch wegen der eingeschränkten Minenproduktion wird der Palladiummarkt in diesem Jahr wohl erneut ein Angebotsdefizit aufweisen.
Anleger sollten aber das Preisverhältnis gegenüber Platin im Blick behalten. Ähnlich wie Palladium wird auch Platin in Katalysatoren eingesetzt und unterliegt ähnlichen Einflussfaktoren. Beide Edelmetalle stehen somit in einem Konkurrenzverhältnis. Je weiter der Palladium-Kurs steigt, desto eher dürften Automobilhersteller ihre Anstrengungen verstärken, Palladium durch das günstigere Platin zu ersetzen. Derzeit liegt die Preisdifferenz bei 1.500 Dollar. Platin dürfte vor allem mittelfristig zudem von den aufstrebenden umweltfreundlicheren Antriebsformen profitieren. So kommt der Rohstoff auch in der Wasserstofftechnologie zur Anwendung.
Silber mit relativer Stärke
Aufgrund seiner besonderen physikalischen Eigenschaften wird Silber gerade in wirtschaftlichen Wachstumsphasen eher als verkapptes Industriemetall wahrgenommen. Beim Ausbau der erneuerbaren Energien sowie der E-Mobilität und damit stark wachsenden und zugleich von der Politik geförderten Branchen spielt Silber eine wichtige Rolle. Prognosen des Silver Institute zufolge liegt der Silberanteil in einem Fahrzeug mit Verbrenner-Motor nur bei rund 0,5 bis 0,9 Unzen, bei reinen Elektrofahrzeugen sind es bis zu drei Unzen.
Wenig Freude hatten Anleger hingegen in diesem Jahr bisher mit Gold. Grundsätzlich könnte das Umfeld mit steigenden Staatsschulden, lockerer Geldpolitik und anziehender Inflation kaum besser sein. "Der schwache Dollar spielt Gold ebenso in die Karten wie die sinkenden Zinsen am Anleihemarkt", erläutert Funda Sertkaya, Geschäftsführerin beim Edelmetallhändler Ophirum.
Auf die Geldpolitik in den USA achten
Als klassischer sicherer Hafen ist Gold allerdings in einem Umfeld kräftig steigender Aktienkurse kaum gefragt. Zudem könnte sich der Anstieg bei der Inflation nur als vorübergehend erweisen - ein wichtiges Argument für Gold würde dann an Bedeutung verlieren. Auch zuletzt immer wieder aufkeimende Spekulationen um eine bevorstehende Rückführung der Anleihekäufe bei der US-Notenbank Fed und mögliche Zinserhöhungen bereits im nächsten Jahr schrecken Investoren ab.
Unter dem Strich bietet daher gerade Platin für Anleger einen spannenden Mix, um am konjunkturellen Aufschwung sowie den Megathemen der Zukunft zu partizipieren. Neben Ophirum bieten BNP Paribas, DZ Bank, Morgan Stanley, onemarkets sowie Vontobel entsprechende Platin-Papiere an. Ein weiteres Kaufargument für Platin ist der hohe Preisabschlag gegenüber Palladium. Hingegen dürfte Gold erst wieder richtig glänzen, wenn sich die Stimmung am Aktienmarkt eintrübt und die Inflation nachhaltig hoch bleibt.
Benjamin Feingold ist seit mehr als 20 Jahren Börsianer und langjähriger Redakteur bei Börse Online sowie bei der Financial Times Deutschland gewesen. Zusammen mit Daniel Saurenz gründete er 2013 das Investmentportal Feingold Research, das täglich Analysen und Investmentideen zur Börsenentwicklung veröffentlicht.
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