Zertifikate Report Walter Kozubek

DAX-Bär- vs. ShortDAX-Index-Zertifikat

21.10.11 10:25 Uhr

DAX-Bär- vs. ShortDAX-Index-Zertifikat | finanzen.net

Was man vor einem Investment in Short-Zertifikate wissen sollte

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Wer auf einen fallenden DAX setzen möchte – sei es zu spekulativen Zwecken, sei es als Absicherung eines Aktienportfolios – kann unter einer Vielzahl von Derivaten mit den verschiedensten Zahlungs- und Risikoprofilen auswählen. Im Folgenden sollen lediglich diejenigen Produkte betrachtet werden, die keinerlei Volatilitätseinfluss unterliegen und deren Preise sich linear entwickeln, d.h. mit einem konstanten Delta von minus Eins. Für das im Bereich der gelisteten Indexderivate am häufigsten zu findende Bezugsverhältnis von 1:100 bedeutet dies eine Steigerung um 0,01 Euro, wenn der Index um einen Punkt fällt. Somit bleiben in dieser Betrachtung sowohl die klassischen Verkaufs-Optionsscheine (Puts) als auch komplexere Produkte mit Barrieren, etwa Reverse-Bonus-Zertifikate, außen vor.

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Bär-Zertifikate: Partizipation 1:1 und veränderlicher Hebel durch festen Basispreis

Grundsätzlich kann zwischen Zertifikaten mit veränderlichem und konstantem Hebel unterschieden werden. Die Produkte mit veränderlichem Hebel sind Zertifikate, die über einen konstanten Basispreis verfügen, der sehr weit über dem aktuellen Indexstand liegt. Dies gilt etwa für das Berliner Bär Zertifikat (ISIN: DE000LBB0BS1) der LBB Landesbank Berlin. Dessen Basispreis liegt bei 9.000 Punkten, die Barriere, bei deren Erreichen das Produkt aufgelöst und getilgt wird, bei 8.500 Punkten. Für die Berechnung des Preises ist der Basispreis von Relevanz. Ein DAX-Stand von 5.850 Punkten führt zu einem Zertifikatspreis von 31,50 Euro (9.000– 5.850). Durch die weit vorgelagerte Barriere wälzt die Emittentin das sogenannte Gap-Risk auf den Anleger ab: Dieses besteht darin, dass der DAX kurz vor Erreichen des Basispreises schließt (etwa bei 8.990 Punkten) und am nächsten Morgen jenseits, d.h. oberhalb des Basispreises (etwa bei 9020 Punkten) eröffnet. In diesem Fall erleidet die Emittentin einen Verlust: Da bei allen Zertifikaten anders als etwa bei Eurex-Produkten keine Nachschusspflicht für den Inhaber besteht, können dessen Produkte im Wert niemals unter Null sinken. Bei einem Indexstand von exakt 9.000 Punkten liegt der theoretischen Wert des DAX Bär-Zertifikats bei Null, die Emittentin kann ihre Absicherungsposition jedoch erst 20 Punkte darüber auflösen und realisiert einen Verlust.

Da ein Sprung im Preisverlauf des DAX (nach oben!) um mehr als 500 Punkte recht unwahrscheinlich ist, schützt sich die Emittentin durch die Barriere bei 8.000 Punkten: Sobald diese Marke durchbrochen wird, beginnt die Bank, ihre Absicherungsposition aufzulösen. Der Rückzahlungsbetrag errechnet sich dann aus dem Basispreis abzüglich des durchschnittlichen Indexstands, bei dem die Emittentin alle DAX-Futures zurückgekauft hat. Im Gegenzug für die Übernahme dieses Risikos handelt das Papier immer zum inneren Wert, d.h. ohne Aufgeld, das über die Laufzeit abgebaut wird und Anlegern von den spekulativeren Turbos bekannt ist. Da der Preis des Zertifikates jeweils genau die Differenz zwischen Basispreis und Indexstand spiegelt, führt ein steigender Index zu fallenden Preisen. Damit einher geht ein steigender Hebel, ist dieser doch der Quotient aus dem aktuellen Indexstand und dem Preis des Produktes, das bezugsverhältnisbereinigt genau einen Index kontrolliert. Hiermit ergibt sich ein Hebel von knapp Zwei (5.850 Punkte: 100x31,50 Euro = 1,86).

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Fällt der DAX nun um 150 Punkte bzw. 2,6 Prozent auf 5.700 Punkte, so steigt der Preis des Zertifikates um genau 1,50 Euro – was im Verhältnis zum eingesetzten Kapital jedoch einem Gewinn von 4,7 Prozent entspricht. Anleger realisieren also die gleiche absolute Veränderung wie der Index, aber eine mit dem Hebel zu multiplizierende prozentuale Veränderung ihrer Position. Unter den Bär- bzw. Reverse-Index-Zertifikaten finden sich Produktausgestaltungen für jeden Risikoappetit: So bietet etwa die DZ Bank ein Zertifikat mit niedrigerem Hebel an; dessen Basispreis und Barriere liegen bei 10000 und 9.700 Punkten (ISIN: DE000DZ7BJ15). Noch defensiver ist das Papier von Macquarie mit einem Basispreis bei 11500 und einer Barriere bei 11.000 (ISIN: DE000MQ2BAR3). Wer dagegen einen höheren Hebel sucht, wird u.a. bei HSBC fündig: Einen Basispreis bei 8.000 (ohne Barriere) bietet das BEAR-Zertifikat mit der ISIN: DE000TB67VH3. Die Produktnennungen sind beispielhaft, grundsätzlich halten nahezu alle Emittenten eine Produktfamilie mit verschiedenen Basispreisen bereit, deren Geld-Brief-Spanne unter normalen Marktbedingungen bei 0,02 oder 0,03 Euro liegt, was zwei bzw. drei DAX-Punkten entspricht.

ShortDAX-Zertifikate: Partizipation 1:1 und fester Hebel durch Re-Striking

Anleger, die nicht nur mit einem Delta von minus Eins, sondern auch mit einem konstanten Hebel von Eins investieren möchten, greifen zu Index-Zertifikaten, die den von der Deutschen Börse berechneten ShortDAX-Index (DE000A0C4CT0 nur Anzeige, nicht handelbar) abbilden. Dieser Index gewährleistet einen fixen Hebel von Eins, indem der Basispreis allabendlich auf exakt das Doppelte des DAX-Schlusstandes gesetzt wird. Aufgrund dieses sogenannten Re-Strikings investiert man also nahezu immer den gleichen Betrag, der auch zum Erwerb des DAX nötig wäre, was zu einem Hebel von Eins führt (Schwankungen innerhalb des Tages nicht berücksichtigt).

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Der ShortDAX-Index, auf dem auch einige ETFs basieren, bietet gegenüber den genannten Reverse-Index-Zertifikaten eine interessante zusätzliche Ausgestaltung. Seine Entwicklung umfasst nicht nur die reine Indexbewegung, sie erhöht sich zusätzlich um eine doppelte Zinskomponente: Diese wird einerseits generiert aus einer fiktiven Leerverkaufsposition des DAX mit anschließender Geldmarktanlage des erzielten Betrages, andererseits aus der Geldmarktanlage des Erlöses des Zertifikates. Dies ist insbesondere von Interesse, da der DAX ein Performanceindex ist und Anleger mit einer Short-Position grundsätzlich die Dividenden verlieren (die den Indexstand erhöhen). Aufgrund der diffizileren Absicherungstransaktionen und Indexlizenzgebühren fallen i.d.R. bei Zertifikaten auf den ShortDAX Managementgebühren an, so etwa beim RBS ShortDAX-Tracker (ISIN: DE000AA1SDX3) in Höhe von 0,25 Prozent oder beim SG ShortDAX-Zertifikat (ISIN: DE000SG3G269) 0,4 Prozent (jeweils pro Jahr).

ZertifikateReport-Fazit: Insbesondere die angestrebte Haltedauer und der Risikoappetit sollten über die Wahl des geeigneten Produktes für DAX-Pessimisten oder Absicherungswillige entscheiden. Individuelle Ausgestaltungen und höchste Preistransparenz zeichnen Reverse-Index-Zertifikate aus, bei längerfristigen Strategien können ShortDAX-Tracker interessante Zusatzerträge bieten.

Autor: Thorsten Welgen

Walter Kozubek ist Herausgeber des ZertifikateReports. Dieser kostenlose PDF-Newsletter erscheint zwei bis drei Mal im Monat. Zusätzlich ist Herr Kozubek auch Herausgeber des HebelprodukteReports, sowie einer der Betreiber des Internetratgebers www.geld.com
Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.

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