Vermögensverwalter online

Ist Gold tatsächlich ein sicherer Hafen?

18.04.18 09:11 Uhr

Ist Gold tatsächlich ein sicherer Hafen? | finanzen.net

Gold gilt als sicherer Hafen in der Krise. Das ist nur zum Teil richtig. Entscheidend ist die Frage: Bei welchen Krisen lohnt es sich, diesen Hafen anzusteuern? Und bei welchen nicht?

Werte in diesem Artikel
Rohstoffe

2.706,71 USD 37,00 USD 1,39%

Wenn es ungemütlich wird an den Wertpapiermärkten, haben nicht nur Crash-Propheten Hochkonjunktur, sondern auch die Gold-Bullen. Die Argumentation ist immer dieselbe: Wenn die Wellen hoch schlagen, ist Gold ein ruhiger, sicherer Hafen.

Wer­bung
Öl, Gold, alle Rohstoffe mit Hebel (bis 20) via CFD handeln (schon ab 100 €)

Partizipieren Sie an Kursschwankungen bei Öl, Gold und anderen Rohstoffen mit Hebel und kleinen Spreads! Mit nur 100 Euro können Sie durch einen Hebel mit der Wirkung von 2.000 Euro Kapital handeln.

Plus500: Beachten Sie bitte die Hinweise5 zu dieser Werbung.

In dem Bild steckt unbestritten Wahrheit. Der Goldpreis ist in den zurückliegenden Jahrzehnten oftmals vergleichsweise stabil geblieben. Gerade dann, wenn es an der Börse hoch her ging, stieg zuweilen auch der Preis fürs glänzende Edelmetall. Doch Vorsicht vor voreiligen Schlussfolgerungen: Man sollte "hohe Wellen" nicht mit "hoher Volatilität" verwechseln, und man sollte auch nicht Zusammenhänge vermuten, wo vielleicht gar keine sind. Fakt ist: Der Goldpreis blieb auch oft dann stabil oder stieg sogar, wenn die Volatilität am Aktienmarkt niedrig war. Gleichzeitig gilt: Eine steigende Nervosität an der Börse bedeutet nicht automatisch einen steigenden Goldpreis. Das war zuletzt zu beobachten, als die Silicon-Valley-Konzerne Facebook und Amazon unter Druck gerieten. Die Unruhe am Aktienmarkt stieg, der Goldpreis blieb jedoch völlig unbeeindruckt davon.

Volatilität oder fallende Aktienkurse sind also nicht der maßgebliche Indikator dafür, ob der Goldpreis steigt oder nicht. Eine Zunahme der Schwankungsintensität bei Wertpapierkursen ist aber immerhin ein Indiz für Unsicherheit. Die Frage muss also lauten: Bei welcher Art von Unsicherheit wird Gold zum sicheren Hafen? Um diese Frage zu beantworten, lohnt es sich, die Eigenschaften von Gold näher zu betrachten, um zu zeigen, in welcher Art von Krise sich diese bewähren.

Die Fakten sind nüchtern: Gold produziert nichts. Es kostet sogar Geld, es in einem Tresor zu verwahren. Es wirft keine Zinsen ab - es sei denn, man verleiht es. Es sind letztlich die gleichen Eigenschaften, die Geld hat. Mit zwei wichtigen Unterschieden: Gold lässt sich nicht beliebig vermehren. Und es hat keine Zahlungsverkehrsfunktion, es dient allein dem Werterhalt. Auf den Punkt gebracht: Gold ist die einzige nicht inflationierbare Währung, die eigentlich nur dann einen realen Tauschwert im täglichen Leben erlangen kann, wenn andere Währungen als Zahlungsmittel nicht mehr akzeptiert werden.

Gold ist also eine Systemkrisenwährung. Deshalb reagiert der Goldpreis auch viel stärker auf politische Entwicklungen, Kriege oder geopolitische Krisen als auf Marktprognosen. Salopp gesprochen: Wenn europäische Konzerne die Gewinnerwartungen der Marktteilnehmer nicht erfüllen können, ist das dem Goldpreis ziemlich egal. Sollte die Europäische Union als Ganzes jedoch in eine tiefe Existenz-Krise geraten, wird das Auswirkungen auf den Goldpreis haben.

Die Frage, ob es gerade jetzt ein guter Zeitpunkt wäre, einen Teil seines Vermögens in Gold zu investieren, drängt sich vor diesem Hintergrund natürlich auf. Denn die Weltordnung ist in den vergangenen Jahren etwas durcheinandergeraten, um es vorsichtig zu formulieren. In den USA ist ein unberechenbarer Präsident im Amt, der das Land per Twitter regiert und immer offener die Konfrontation mit dem Iran sucht. Europa wird sich hier demnächst klarer positionieren müssen. China hat sich per Beschluss des Nationalen Volkskongresses in eine Ein-Mann-Diktatur verwandelt. Auch in der Türkei wurde die Demokratie de facto abgeschafft, Russland hat den Weg dorthin schon vor einiger Zeit auf halbem Wege abgebrochen. Last but not least: Das Thema Nordkorea ist noch lange nicht ausgestanden, sondern derzeit nur vertagt.

Damit mich niemand falsch versteht: Ich bin kein Crash-Prophet. Ich bin der Überzeugung, dass selten etwas so heiß gegessen wird, wie es gekocht wurde. Und anders als Crash-Propheten blende ich positive Entwicklungen nicht aus. Aber danach gefragt, ob nun ein günstiger Zeitpunkt für einen Einstieg in Gold wäre, lautet die Antwort: Wer unser jetziges Finanz- und Wertesystem in Gefahr sieht, für den kann Gold im Krisenfall vielleicht tatsächlich zum sicheren Hafen werden. Für Anleger, die allein die Unsicherheit an den Finanzmärkten im Blick haben, gilt: Gold kann immerhin ein probates Mittel sein, um die Volatilität im eigenen Portfolio zu reduzieren. Denn der Goldpreis korreliert nicht mit anderen Assetklassen. Insofern ist Gold in jedem Fall ein Stabilitätsanker. Ein Baustein zur Vermögensbildung ist Gold aber nicht.

Der Autor: Norbert Schulze Bornefeld ist Vermögensverwalter und Geschäftsführer der EICHLER & MEHLERT Finanzdienstleistungen GmbH. Er lenkt dort zusammen mit der geschäftsführenden Gesellschafterin Kathrin Eichler die Geschicke der unabhängigen Vermögensverwaltung.

In ihren Online-Kolumnen schreiben Vermögensverwalter an dieser Stelle ihre Sicht auf die Dinge. Sie kommentieren Entwicklungen einzelner Aktien, ganzer Märkte oder auch Politisches. Mehr Informationen finden Sie unter der Adresse vermoegensverwalter.blog.

Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.

Bildquellen: Marc Darchinger/Deutsche Bundesbank

Nachrichten zu Goldpreis