Bundeskanzler Olaf Scholz: Eckpunkte zu Empfehlungen der Gaskommission bereits am Mittwoch im Kabinett
Das Kabinett will nach Angaben von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bereits am Mittwoch Eckpunkte zu den Empfehlungen der Gaskommission beschließen, die am Mittag ihren Abschlussbericht an Scholz übergeben hatte.
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"Wir werden das jetzt abarbeiten entlang des Berichtes. Noch in dieser Woche werden wir Eckpunkte vorstellen, wie die Vorschläge der Gaskommission umgesetzt werden können, genauso wie die Strompreisbremse, sodass Gaspreisbremse und Strompreisbremse schnell umgesetzt werden können", sagte Scholz bei einer Pressekonferenz nach Gesprächen mit Arbeitgebern und Gewerkschaften.
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Plus500: Beachten Sie bitte die Hinweise5 zu dieser Werbung.Sofort erforderliche gesetzgeberische Schritte werde man dabei "im Einzelnen umsetzen", kündigte der Kanzler an. "Das Kabinett wird also an diesem Mittwoch gewissermaßen in die Umsetzung der Vorschläge schreiten, die wir hier bekommen haben." Die Kommission Gas und Wärme habe sehr gute Vorschläge gemacht. Deren Umsetzung werde sich "genau entlang des Regimes" bewegen, das die EU-Kommission vorgelegt habe. Einzelne öffentlich diskutierte Vorschläge könnten deshalb nicht umgesetzt werden. "Ich gehe davon aus, dass wir nicht Gas subventionieren, um es weiterzuverkaufen", betonte Scholz.
Über 10 Prozent Inflation sei "ein unvorstellbar hoher Wert", deshalb sei es richtig, Maßnahmen zur Bewältigung dieser sehr hohen Inflation durch Bevölkerung und Unternehmen ins Zentrum der Anstrengungen zu stellen. Eine gute Möglichkeit seien Zuschläge, die die Sozialpartner miteinander vereinbarten. Die Chemiebranche habe bereits solche Einmalzahlungen tariflich vereinbart. "Andere Branchen, das haben wir heute auch gut verstanden, diskutieren sehr Ähnliches." Dies sei ein sehr verantwortungsvolles Verhalten der Tarifpartner. Sie sicherten die Kaufkraft der Beschäftigten und verhinderten zugleich einen dauerhaften Anstieg der Arbeitskosten. "Das ist stabilitätsorientiert und ein gutes Signal an Europa und natürlich auch an die Europäische Zentralbank", betonte Scholz.
Gaskommission will Standortgarantie und Soforthilfefonds
Die geplante Gaspreisbremse soll für große Unternehmen ab dem 1. Januar 2023 greifen, sie müssen dafür aber nach der Empfehlung der Gaspreiskommission einen Standorterhalt zusagen. Die Gaskommission schlug unter anderem auch einen Soforthilfefonds für Haushalte mit unteren und mittleren Einkommen vor und empfahl ein Kündigungsmoratorium für Privathaushalte mit Energieschulden.
Die Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), Kerstin Andreae, nannte die Vorlage des Abschlussberichts "angesichts der Preisexplosion eine gute Nachricht für Verbraucherinnen und Verbraucher und die Wirtschaft". Wichtig sei jetzt eine schnelle und möglichst unbürokratische Umsetzung. Unabdingbare Voraussetzung dafür, dass die Versorger auf den Dezemberabschlag verzichten könnten, sei die Vorfinanzierung dieser Kompensation. "Die Auszahlung des Erstattungsanspruches der Energieversorger durch die staatliche Stelle muss noch im November erfolgen", forderte sie deshalb.
Die Gaspreisbremse allein werde aber auch zusammen mit der Abschlagszahlung im Dezember nicht reichen, um die Belastungen vor allem der energieintensiven Handwerksbetriebe abzufedern, erklärte der Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH), Hans Peter Wollseifer. "Es braucht zusätzliche flankierende Hilfen", forderte er. "Gerade in unseren energieintensiven Handwerksbetrieben brennt die Hütte." So klaffe etwa bis zum Inkrafttreten der Gaspreisbremse im März weiterhin für den Januar und Februar eine große Unterstützungslücke. "Für diesen Zeitraum benötigen unsere energieintensiven Betriebe eine Härtefallbrücke, die sie belastbar über diesen Zeitraum trägt", erklärte Wollseifer.
Hohe Energiekosten: Kommission schlägt zusätzlich Mieterschutz vor
Neben einer Einmalzahlung im Dezember und einer Gaspreisbremse ab März empfiehlt die Expertenkommission für Gas und Wärme der Bundesregierung auch einen vorübergehenden Kündigungsschutz für stark belastete Mieterinnen und Mieter. "Mindestens ein halbes Jahr Zeit muss den Mieterhaushalten gewährt werden, um ihre Energieschulden zu begleichen", heißt es in dem 34-seitigen Papier, das die Vorsitzenden der Kommission am Montag an die Bundesregierung in Berlin übergaben. Auch zu Energiesparkampagnen und -beratungen sowie zur Unterstützung der Industrie machen die Fachleute neue Vorschläge. Was die Bundesregierung davon umsetzt, ist allerdings offen.
Der Expertenkommission gehören Fachleute von Verbänden, Gewerkschaften, Wissenschaft und Bundestag an. In ihrem vor einigen Wochen veröffentlichten Zwischenbericht hatte die Kommission bereits eine Einmalzahlung für Gas- und Fernwärmekunden im Dezember und eine Gaspreisbremse ab März empfohlen.
Hilfsfonds für Mieter und Vermieter
Die Experten schlagen nun außerdem vor: Damit Vermieterinnen und Vermieter nicht auf den Kosten sitzen bleiben, wenn Mieter mit Zahlungen für ihren Energieverbrauch in Verzug geraten, sollen sie eine zinslose sogenannte Liquiditätshilfe bekommen. Das Geld soll aus einem für die Zeit vom 1. Januar 2023 bis zum 30. April 2024 geplanten Sofort-Hilfsfonds kommen. Mit dessen Mitteln sollen auch Haushalte mit unteren und mittleren Einkommen unterstützt werden, die die wachsenden Kosten nicht selbst tragen können. Relevant sollen hier das Einkommen und die Höhe der Energiekosten sein. Für soziale Einrichtungen wie Krankenhäuser oder Pflegeheime soll es einen eigenen Hilfsfonds geben.
Einmalzahlung im Dezember
Die Kommission schlägt vor, dass private Haushalte und kleine Firmen im Dezember eine Einmalzahlung bekommen - und zwar auf Basis der Abschlagszahlung aus September 2022. Das soll eine Art finanzielle Brücke sein. Wer mehr als 75 000 Euro im Jahr verdient, soll die Hilfe aber versteuern müssen. Das Wirtschaftsministerium hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, der noch in dieser Woche im Kabinett beschlossen werden soll und davon minimal abweicht: Der Staat soll grundsätzlich die Dezember-Abschlagszahlung übernehmen. Dafür gibt es eine Formel: Die Entlastung soll dem Produkt aus einem Zwölftel eines Jahresverbrauchs und dem für Dezember 2022 vereinbarten Preis entsprechen. Das soll gewährleisten, dass die teils erheblichen Preisanstiege zum Ende des Jahres berücksichtigt werden.
Wie die Gaspreisbremse funktionieren könnte
Hier gibt es noch keinen Entwurf der Bundesregierung, sondern nur den Vorschlag der Gaspreisbremsen-Kommission mit zwei Stufen: Ab dem 1. Januar könnte der Gaspreis bereits für große Industrieunternehmen gedrückt werden, das soll etwa 25 000 Firmen in Deutschland betreffen. Privathaushalte und kleine Unternehmen sollen in einem zweiten Schritt ab Frühjahr von gebremsten Preisen profitieren.
Nach den Vorstellungen der Kommission könnte der Gas-Beschaffungspreis großer Unternehmen für die ersten 70 Prozent des Verbrauchs auf sieben Cent je Kilowattstunde begrenzt werden. Die Firmen müssten die Teilnahme an dem Programm bei ihrem Versorger jedoch anmelden und öffentlich machen. Außerdem sollen sie garantieren, dass der Standort längerfristig erhalten bleibt. Privatleute könnten ein Grundkontingent an Gas für 12 Cent pro Kilowattstunde bekommen - verbrauchen sie mehr, würde es teurer.
Debatte um den Startpunkt der Preisbremse für Privatleute...
Vielen ist der von der Kommission vorgeschlagene 1. März zu spät, sie fordern eine Entlastung schon ab 1. Januar. Über diese Frage werde zwischen Kanzleramt, Wirtschafts- und Finanzministerium noch gesprochen, hieß es zuletzt aus der Bundesregierung. DGB-Chefin Yasmin Fahimi und auch der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft hält das nicht für nötig: Die Einmalzahlung habe auf die Monate Dezember, Januar und Februar gerechnet "die gleiche, jedenfalls ähnliche Wirkung" wie die geplante spätere Gaspreisbremse, argumentieren beide. Sie sei deswegen nötig, weil die Versorger die Preisbremse nicht schneller umsetzen könnten.
Finanzminister Christian Lindner (FDP) dagegen schlug vor, eine zusätzliche rückwirkende Entlastung zu prüfen. Politik und Versorger bekämen also Zeit bis März, um die Preisbremse auf den Weg zu bringen, dann aber würden die Verbraucher für Januar und Februar Geld zurückbekommen. Auch die Frage, ob die Gaspreisbremse auch auf Heizungen mit Öl oder Holzpellets ausgeweitet wird, ist noch nicht entschieden.
...und um die Preisbremse für Betriebe
Die Dezember-Einmalzahlung werde nicht ausreichen, um energieintensive Handwerksbetriebe bis in den März zu tragen, befürchtet der Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks, Hans Peter Wollseifer. Es brauche eine "Härtefallbrücke".
Mehr Informationen und Sparanreize
Die Kommission will zudem, dass Verbraucher noch stärker zum Energiesparen angehalten werden - unter anderem mit einer Ausweitung der aktuellen Kampagne der Bundesregierung. Außerdem sollten Verbraucher besser und häufiger über ihren eigenen Gasverbrauch und über den deutschlandweiten Verbrauch informiert werden. Wer sein Sparziel von 20 Prozent übertrifft, sollte eine Einsparprämie bekommen, und zwar besonders Haushalte mit geringem Einkommen, deren Heizkosten der Staat trägt.
BERLIN (Dow Jones / dpa-AFX)
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