Comeback in Sicht

Gold: Jetzt am Wendepunkt?

04.09.15 03:00 Uhr

Gold: Jetzt am Wendepunkt? | finanzen.net

Antizyklische Investoren steigen ein. Neue Unsicherheit über die globale Konjunkturentwicklung wecken ihrer Meinung nach alte Zweifel an der Stabilität des Finanzmarktsystems.

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von Jörg Billina, Euro am Sonntag

Gold gilt als Versicherung gegen Krisen. Eigentlich. Doch weder Grexit, Ukraine-Konflikt noch der massive Anstieg der Verschuldung in vielen Staaten vermochten bislang die Talfahrt des Edelmetalls zu stoppen. Im September 2011 notierte die Unze noch bei 1921 Dollar. Aktuell kann man sie 40 Prozent günstiger erwerben, allein im Juli verlor Gold sieben Prozent. Dennoch will eine ganze Reihe von Investmenthäusern nicht zugreifen. Sal. Oppenheim etwa verbannte vor Kurzem Gold komplett aus allen Portfolios. Für die Kölner Bank ist Gold "eine volatile und riskante Anlageform ohne inneren Wert".

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Zum Verkauf motivierten auch Prognosen von Deutsche Bank, Goldman Sachs, HSBC oder Crédit Agricole. Alle vier Institute gingen jüngst davon aus, dass der Goldkurs dieses Jahr deutlich unter 1.000 Dollar fallen werde. Die anstehende Zinserhöhung in den USA ist für die Banken der entscheidende Grund für die Fortsetzung des Abwärtstrends. Diese werde den Dollar stärken und Anleihen im Vergleich zum zinslosen Gold attraktiver machen.

Ein weiterer Grund nährte bisher die Skepsis gegenüber dem Edelmetall: Entgegen vieler Warnungen vor den Folgen der lockeren Geldpolitik ist kein Anstieg von Inflation festzustellen. Anleger sehen daher keine Notwendigkeit, sich mit Gold gegen Vermögensverluste zu schützen.

Falsche Wahrnehmung

Wenn in den vergangenen 48 Monaten nichts den Wendepunkt beim Goldpreis bewirken konnte, kann es die konjunkturelle Abschwächung in China? Viel ist noch nicht passiert. Nach einem kurzen Aufschwung tendierte der Goldpreis zuletzt wieder seitwärts. Doch das muss nicht so bleiben.

Patrick Hussy, Geschäftsführer der auf Börsenstimmung und Anlegerverhalten spezialisierten Beratungsfirma Sentix, hält einen Anstieg auf 1.400 Dollar bis zum Ende des Jahres für möglich. Seiner Meinung nach verkennen vor allem deutsche Anleger den Ernst der Lage: "Die Angst der Investoren ist zwar gestiegen. Sie reagieren dennoch so, als sei Deutschland eine Insel." Dass China für die deutsche und die europäische Wirtschaft von enormer Beeutung sei, werde verdrängt, meint Hussy. Für das in der Sprache der Psychologie als kognitive Dissonanz bezeichnete Phänomen macht der Experte die Europäische Zentralbank (EZB) verantwortlich. Sie habe die Anleger konditioniert: "Im Vertrauen darauf, die EZB werde wieder alles ins Lot bringen, bleiben sie dem Aktienmarkt treu und kaufen im Abschwung reflexartig nach."

Nach Hussys Einschätzung werden nach einer kurzen Beruhigung an den Börsen schon in wenigen Wochen neue Tiefststände getestet. Dies aber dürfte dann nicht nur vermehrt Zweifel am Sinn geldpolitischer Maßnahmen, sondern auch an der Stabilität des Finanzmarktsystems wecken.

Gold also vor neuem Glanz? Sollte es tatsächlich dazu kommen, wäre es sinnvoll, jetzt einzusteigen. Neben physischem Gold oder Goldmünzen bieten sich auch die Aktien von Minenbetreibern an. Diese haben noch kräftiger als das Edelmetall verloren. Der NYSE Arca Gold Bugs - der Index enthält die global wichtigsten Förderunternehmen - rutschte binnen nur eines Jahres um rund 58 Prozent nach unten. Peter Huber von der Fondsboutique Star Capital sieht in dem Kurseinbruch Anzeichen einer "finalen Marktbereinigung", die letzten Goldbullen hätten "kapituliert", schreibt er in einem Kommentar. Der Fondsmanager will nun den Anteil an Goldminenwerten im Portfolio des Fonds Star Capital Huber Strategy sukzessive erhöhen. Derzeit liegt der Anteil noch bei drei Prozent.

Investmentlegende George Soros baut ebenfalls Positionen auf. Seine Firma Soros Fund Management erwarb vor Kurzem Aktien des kanadischen Unternehmens Barrick Gold. Kursfantasien für die Förderer entzünden sich auch an den Effizienzanstrengungen der Unternehmen. Anglo Gold Ashanti beispielsweise will die Kosten so stark herunterfahren, dass alle Minen des Unternehmens künftig bei einem Goldpreis von rund 900 Dollar profitabel arbeiten. Vor drei Jahren musste die Unze noch mindestens bei 1.488 Dollar notieren, um die Gewinnzone zu erreichen. Gut möglich, dass Anglo Gold Ashanti demnächst auch wieder eine Dividende ausschütten wird.

Chinas Zentralbank kauft

Zudem wächst der physische Bedarf. In Indien soll nach Angaben des World Gold Council die Nachfrage in diesem Jahr auf rund 1.000 Tonnen steigen, so viel wurde seit vier Jahren nicht mehr geordert. Und Chinas Zentralbank erhöht ihre Goldbestände. Anscheinend ist für die People’s Bank of China, im Gegensatz zu Sal. Oppenheim, das Edelmetall weiterhin eine klassische Absicherung gegen Währungsschwankungen und Inflation.

Investor-Info

Goldinvestments
Einstiegsmöglichkeiten

Wer nach dem deutlichen Abschwung an ein Comeback des Edelmetalls glaubt, kann physisches Gold, also Münzen oder Barren, bei einer Bank oder Goldhändlern wie Degussa kaufen. Mit dem Erwerb des ETC Xetra-Gold (ISIN: DE 000 A0S 9GB 0) der Deutschen Börse partizipieren Anleger an den Entwicklungen des Edelmetallpreises, ohne den Rohstoff selbst lagern zu müssen. Ebenso ist ein Engagement in Goldminenaktien beziehungsweise in Goldminenfonds oder börsennotierten Indexfonds möglich.

DJE Gold & Ressourcen
Besser als der Index

Fondsmanager Stefan Breintner investiert mindestens 30 Prozent der Mittel in reine Goldminenaktien. Dazu mischt er Agrarproduzenten wie K + S und Energiewerte. Öl- und Gasunternehmen sind derzeit mit fünf Prozent gewichtet. Um die Risiken zu reduzieren, investiert der Fonds nur in Unternehmen, die in politisch stabilen Ländern agieren. Zu den Top-Ten-Werten des Fonds zählt unter anderem AngloGold Ashanti. Auf Sicht von drei Jahren verlor der Fonds 47 Prozent, schlug sich damit aber besser als der Vergleichsindex. Die Outperformance sollte ihm auch bei steigenden Kursen gelingen.

iShares Gold Producers
Goldene Schwergewichte

Der von Blackrock aufgelegte ETF bildet die Wertentwicklung des S & P Commodity Producers Gold ab. Dieser Index wiederum enthält die größten Unternehmen, die in der Exploration und der Förderung von Gold und verwandten Produkten weltweit tätig sind. Die Mindestmarktkapitalisierung liegt bei einer Milliarde Dollar. Unter den aktuell 39 im Index enthaltenen Unternehmen finden sich Goldcorp, Barrick Gold und Newmont Mining. Nach kräftigen Kursverlusten ist eine Reihe von Titeln relativ günstig bewertet. Der ETF eignet sich in erster Linie für langfristig orientierte Anleger.

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Bildquellen: Sebastian Duda / Shutterstock.com, Taiga / Shutterstock.com

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