Abgeltungssteuer - ade?
"25 Prozent Steuern auf einen Betrag von x sind besser als 42 Prozent auf gar nix", mit diesen Worten machte sich der damalige Finanzminister Peer Steinbrück für einen einheitlichen Steuersatz von 25 Prozent auf Kapitalerträge stark, welcher dann im Januar 2009 mit der Abgeltungssteuer eingeführt wurde.
Von da an lag die Verantwortung, erhaltene Kapitalerträge dem Finanzamt ordnungsgemäß zu melden nicht mehr beim inländischen Anleger, sondern wurde auf die Banken übertragen. Einen zusätzlichen positiven Effekt erhoffte man sich auch von ausländischen Investoren, die bei der anonymen Besteuerung mit einem international wettbewerbsfähigen Einheitssteuersatz die Attraktivität des Finanzplatzes Deutschland sehen würden.
Mit den Jahren hat sich jedoch der Informationsaustausch zwischen fast allen Staaten der Welt derartig verbessert, dass eine Kapital-Steuer-Flucht fast unmöglich geworden ist. 2017 tritt zudem das Gesetz zum automatischen Informationsaustausch in Kraft, mit dem sich mehr als 60 Staaten, unter anderen die ehemaligen Lieblingsverstecke der Deutschen - Luxemburg und die Schweiz - verpflichtet haben, Kontodaten ausländischer Bankkunden auszutauschen. Hierzu zählen neben Kontonummer und Steueridentifikationsnummer vor allem die erzielten Kapitalerträge aus Zinsen und Dividenden.
45 % von x sind mehr als 25 % von x
Daher ist es nicht verwunderlich, dass im Wahlkampfjahr die Forderungen zur Abschaffung der als ungerecht empfundenen Abgeltungssteuer laut werden und damit die Ungleichbehandlung der Besteuerung von Kapital- und anderen Einkünften beendet wird. Wenn von den Minizinsen nun auch noch bis zu 45 Prozent Steuern abgeführt werden müssen, dürfte sich der Sparerfrust noch einmal deutlich verstärken. Oder es kommt endlich zu einem Umdenken beim deutschen Anleger.
Mit Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer beträgt die Gesamtbelastung aus Kapitalerträgen mit der aktuellen Abgeltungssteuer 28,625 Prozent. Der Durchschnittssteuersatz für Alleinstehende Arbeitnehmer liegt bis zu einem zu versteuernden Einkommen von rund 60.000 Euro unter 28 Prozent, Verheiratete mit Steuerklasse III dürfen das Doppelte verdienen, bis sie diesen Satz erreichen. Sparer unterhalb dieser Einkommen hatten also bisher sowieso keinen Vorteil aus der pauschalen Abgeltungssteuer und werden im Rahmen der jährlichen Steuererklärung Rückerstattungen eingefordert haben.
Erst ab höheren Einkommen würde es teurer. Das gilt aber nur für reine Zinseinkünfte. Denn: Während Unternehmen die Zinsen, die Sie Anlegern für ausgegebene Anleihen zahlen, als Kosten steuerlich anrechnen können, werden Dividenden aus Unternehmensgewinnen gezahlt, auf die ebenso Steuern abgeführt werden müssen.
Sollte es also zu einer Abschaffung der Abgeltungssteuer kommen, müsste folgerichtig das Teileinkünfteverfahren wieder eingeführt werden, nachdem bis zum Jahr 2009, erhaltene Dividenden nur zu 50 Prozent versteuert werden mussten.
Anhaltende Zinsarmut, steigende Inflationsraten und die eventuelle Abschaffung der Abgeltungssteuer sind angesichts aktueller Dividendenrenditen von rund drei Prozent im DAX sowie rund vier Prozent im reinen Dividendenindex drei weitere gute Gründe den Sparerblick stärker auf Aktien von Unternehmen mit guter Bonität und kontinuierlichen Dividendenzahlungen zu richten.
Die größten Verlierer einer Rückkehr zum alten Steuersystem wären ohnehin die Mitarbeiter in den Finanzämtern auf die dann wieder deutlich mehr Arbeit zukommen dürfte.
Von Ralph Rickassel, PMP Vermögensmanagement in Düsseldorf, eine Niederlassung der Donner & Reuschel Lux S.A.
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