Was man über Schwarzgeldkonten wissen sollte
Immer mehr Steueroasen knicken vor dem deutschen Fiskus ein. Doch Besitzern ausländischer Schwarzgeldkonten droht noch Gefahr von ganz anderer Seite.
von Hans-Lothar Merten
Mit den Steueroasen St. Vincent und den Grenadinen hat Deutschland gerade ein Abkommen zum steuerlichen Informationsaustausch unterzeichnet. Mit Liechtenstein wurde bereits im Herbst 2009 ein ähnliches Abkommen unterschrieben. Und mit der Schweiz wurde Ende März eine bilaterale Arbeitsgruppe verabredet, die prüfen soll, wie von Deutschen in der Schweiz angelegtes Schwarzgeld besteuert werden kann.
Kein Zweifel, für Besitzer von Schwarzgeld im Ausland wird es eng. Das wissen auch diese selbst: Als Anfang Februar erstmals über eine CD mit sensiblen Daten zu 1500 Schweizer Schwarzgeldkonten berichtet wurde, die dem Fiskus zum Kauf angeboten worden war (siehe €uro am Sonntag vom 6.2.2010), haben sich 13.000 deutsche Steuersünder selbst angezeigt. Der Fiskus hofft auf Mehreinnahmen von deutlich über einer Milliarde Euro. 1100 Ermittlungsverfahren wurden eingeleitet.
Doch der Fiskus ist für Schwarzgeldbesitzer längst nicht die einzige Gefahr. Denn beim Verstecken von Schwarzgeld im Ausland greifen Steuersünder oft auf anonyme Offshore-Gesellschaften zurück. Die zentrale Rolle dabei spielen Treuhänder. Diese vertreten die Gesellschaften nach außen und ermöglichen es dem tatsächlichen Eigentümer, anonym zu bleiben. Zum Geschäft gehören auch Vermögenstransfers über unverdächtige Konten. Sollte der Fiskus nach dem Grund der Geldtransfers ins Ausland fragen, werden Rechnungen über erbrachte Dienstleistungen gleich mitgeliefert. Ein perfekter Service.
Ausländische „Finanzdienstleister“ bewegen sich in einer rechtlichen Grauzone. Ihre Angebote sind an sich nicht strafbar. Jeder kann im Ausland Firmen gründen und in diese Geld stecken. Illegal wird es erst, wenn dem Finanzamt Kapitalerträge aus dem ins Ausland transferierten Geld verschwiegen werden. Doch wäre die Errichtung einer Offshore-Gesellschaft meist nicht sinnvoll, wenn die Erträge beim Fiskus deklariert würden. Den „Dienstleistern“ ist das egal, sie können das Verhalten ihrer Klienten in Steuerfragen nur schwer überprüfen. Andererseits kann auch der Schwarzgeldbesitzer seine ausländischen Helfer nicht gründlich durchleuchten – eine nicht zu unterschätzende Gefahr.
Denn die Treuhänder haben umfassende Vollmachten über das Vermögen der Steuersünder. Auch sind sie auf deren Hilfe angewiesen, wenn sie Geld von Konten oder aus Offshore-Gesellschaften abziehen wollen. Damit haben die Treuhänder ein starkes Druckmittel, wenn es Streit um den Verbleib von Teilvermögen, Gebührenabrechnungen oder gar Vermögensverluste gibt.
Wehrt sich der Vermögensinhaber zu hartnäckig, ist manchem Helfer alles recht: Man werde „beim Finanzamt eine Anzeige wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung erstatten“, schrieb unlängst der Anwalt der UBS Deutschland ihrem Exkunden Peter S., der der UBS Vernichtung von 60 Millionen Euro Vermögen und Anstiftung zur Steuerhinterziehung vorwirft – was ihn im schlimmsten Fall weitere 40 Millionen kosten könnte (siehe Seite 66 sowie €uro am Sonntag vom 20.2.10). Um sich dagegen überhaupt wehren zu können, ist eine vorherige Selbstanzeige beim Heimatfinanzamt zwingend. Keine schönen Aussichten.
Dennoch: Das Internet ist voll solcher Angebote. Eine Google-Suche nach „Offshore Company“ bringt über 500.000 Treffer. Hatten diese Tarnfirmen noch vor wenigen Jahren ihr Domizil meist in europäischen Steueroasen wie Liechtenstein, den Kanalinseln oder der Schweiz, empfehlen „Berater“ heute vor allem Länder in der Karibik, der Südsee oder Fernost. Hier können Offshore-Firmen von der Stange preiswert und schnell gegründet werden. Eine Business Company auf den British Virgin Islands ist binnen 48 Stunden einsetzbar, ihre Gründung kostet knapp 1500 Dollar, bei einer Sociedad Anonyma (S.A.) in Panama dauert es keine acht Tage und kostet 1500 Dollar. Letztere wird vor allem von Schweizer Banken für deren vermögende Kunden eingesetzt, um sie zur weiteren Anonymisierung einem Trust vorzuschalten.
Wichtiges Kriterium: Das Domizilland darf nicht verlangen, dass der Name des tatsächlichen Eigentümers im Register eingetragen und veröffentlicht wird. Wenn darin nur der Treuhänder namentlich auftaucht, ist es für ausländische Steuerfahnder kaum möglich, den wirtschaftlich Berechtigten herauszufinden. Bevorzugte Domizilländer sind derzeit neben den British Virgin Islands und Panama vor allem die Cayman Islands und die Marshall Islands. Als Standorte eignen sich auch Hongkong oder Singapur. Übrigens: Hilft ein Anwalt, eine Offshore-Gesellschaft zu gründen, im Wissen, dass der Mandant so Geld am Fiskus vorbeischleusen will, leistet er nach deutschem Recht Beihilfe zur Steuerhinterziehung. Leitet er dann auch noch Schwarzgeld über eines seiner Treuhandkonten, ist das sogar Mittäterschaft.
Im Gegensatz zu Offshore-Angeboten von Anwälten und Treuhändern setzen Banken bei Schwarzgeld bevorzugt Trusts ein. Diese sind bei vielen ausländischen Instituten fester Bestandteil des Wealth Managements. Bei einem Trust gibt der Steuerpflichtige seine rechtliche und wirtschaftliche Selbstständigkeit an einen Treuhänder ab, bleibt aber an Gewinnen beteiligt. Vermögen, das deutschem Recht unterliegt, wie etwa Immobilien, kann auf einen Trust mit Sitz beispielsweise auf den Channel Islands übertragen werden, um Schenkungsteuer zu umgehen. Anfallende Gewinne sind jedoch zu versteuern. Für Deutsche ist ein „steuerneutrales“ Einbringen von Vermögen in Trusts aber nur durch vorherige Vermögensübertragung ins Ausland möglich, da Deutschland der Haager Trust Convention nicht beigetreten ist. Damit ist ein Trust nach deutschem Recht gar nicht existent.
Problematisch wird das, wenn die deutsche Bank das ausländische Vermögen verwaltet. Werden die grundlegenden Entscheidungen des Trusts nämlich in Deutschland in laufende Geschäftsführungsakte umgesetzt, dann beurteilt sich die Rechtsfähigkeit des Trusts nach dem Verwaltungssitz in Deutschland. Da der Trust aber hierzulande als nicht existent gilt, wird er nach dem internationalen Gesellschaftsrecht als OHG behandelt. Folge: Die Bank haftet für anfallende Steuern. Damit wird der Trustgründer steuerlich doppelt bestraft: mit Steuern, die im Ausland zu zahlen sind, und mit Steuern, die seine Bank als Verwalter abführen müsste. Tut sie das nicht, ist das wiederum Steuerhinterziehung.