Abgeltungsteuer: Steuersparmodell Einspruch
Immer noch sind einige Detailfragen zur Besteuerung von Kapitalerträgen ungeklärt. Wie Anleger ohne Kostenrisiko von Musterprozessen beim Bundesfinanzhof profitieren.
von Michael Schreiber, Euro am Sonntag
Die größte US-Bankpleite nach Lehman Brothers beschäftigt den Bundesfinanzhof (BFH). Die obersten Steuerrichter müssen klären, ob Anleger Verluste von wertlos ausgebuchten Aktien der CIT Group nach deren Pleite absetzen können. Konkret geht es um einen Anleger, der im November und Dezember 2009 für 12.884,06 Euro 300.000 Aktien des US-Mittelstandsfinanzierers CIT Group erwarb. Mitte Dezember waren die Papiere wegen des Insolvenzplans zum Nachteil der Aktionäre aber schon nicht mehr handelbar.
Am 22. Dezember 2009 buchte die Depotbank die Papiere als wertlos aus. An den Verlusten wollte der Maschinenbautechniker zumindest den Fiskus beteiligen und machte die 12.884,06 Euro, die er für die Aktien gezahlt hatte, steuerlich geltend. Vergeblich. Das Finanzamt sah in der "wertlosen Ausbuchung" der Aktien keinen entgeltlichen Verkauf. Die Anschaffungs- und Anschaffungsnebenkosten seien daher einkommensteuerrechtlich ohne Bedeutung. Dagegen klagte der Steuerpflichtige und bekam vor dem Finanzgericht Rheinland-Pfalz recht. "Eine derartige zwangsweise Einziehung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft ist einer Kapitalherabsetzung vergleichbar. Es handelt sich bei einer Zwangseinziehung von Gesellschaftsanteilen deshalb um eine entgeltliche Veräußerung", stellten die Richter klar.
Nun beschäftigt der Fall die Richter des Bundesfinanzhofs (BFH, Az. IX R 57/13, siehe Tabelle). Es ist nur ein Musterprozess aus einer Reihe von Klagen, die der BFH in letzter Instanz rund um die Abgeltungsteuer noch klären muss. Mehr als sechs Jahre nach deren Start sind immer noch viele Fragen zur Besteuerung von Kapitalerträgen ungeklärt. Anleger, die sich wegen vergleichbarer Fälle mit dem Fiskus streiten, können sich kostenlos an laufende Prozesse anhängen. Sie müssen lediglich auf den Prozess vor dem BFH verweisen und ihren Steuerbescheid offen halten.
Streit um Werbungskosten
Streit mit dem Finanzamt ist beispielsweise immer dann programmiert, wenn Anleger zusätzlich Werbungskosten rund um ihre Geldanlage geltend machen wollen. Denn sämtliche Kosten der Geldanlage wie Depotgebühren, Reisekosten zur Hauptversammlung oder Kreditzinsen für den Wertpapierkauf auf Pump sind seit 2009, dem Jahr der Einführung des pauschalen Steuersatzes von 25 Prozent, mit dem Sparerpauschbetrag von 801 Euro für Singles beziehungsweise 1.602 Euro für Verheiratete abgegolten.Das Finanzgericht Baden-Württemberg hat jedoch beispielsweise entschieden, dass die tatsächlichen Werbungskosten bei Einkünften aus Kapitalanlagen zu berücksichtigen sind, sofern sie den Sparerpauschbetrag übersteigen. Dies gilt jedenfalls in Fällen, in denen der persönliche Einkommensteuersatz unter dem Abgeltungsteuersatz von 25 Prozent liegt (Az. 9 K 1637/10). Weil dagegen die Finanzverwaltung Revision einlegte, wird auch in dieser Angelegenheit der BFH das letzte Wort haben (Az. VIII R 13/13).
Steuerfalle bei Kapitalerhöhung
Wer als Aktionär an einem Unternehmen bereits vor 2009 beteiligt war, aber in den Folgejahren an einer Kapitalerhöhung teilgenommen und sogenannte junge Aktien bezogen hat, muss beim Verkauf dieser Papiere aufpassen. Auf Geheiß des Fiskus buchen die Banken diese jungen Aktien mit einem Anschaffungspreis von null Euro ins Depot. Beim Verkauf wird aber auf den vollen Verkaufserlös Abgeltungsteuer fällig. Gegen diese langjährige Praxis hat sich jedoch das Finanzgericht Köln gestellt. Laut den Richtern müssen die ursprünglichen Anschaffungskosten der Altaktien nach der Kapitalerhöhung zumindest anteilig bei den jungen Aktien berücksichtigt werden. Die Forderung des Finanzamts würde sich dadurch reduzieren. Weil der Fall besonders brisant ist, muss der Bundesfinanzhof klären, ob die Anschaffungskosten für Altaktien beim Verkauf der nach einer Kapitalerhöhung bezogenen jungen Aktien anteilig mitzählen (Az. VIII R 54/14).
Punktsieg für Xetra-Gold-Anleger
Einen Etappensieg im Streit mit der Finanzverwaltung können auch Anleger verbuchen, die mit Wertpapieren auf den Goldpreis spekuliert haben. Drei Finanzgerichte haben jüngst entschieden, dass sowohl der Gewinn aus dem Verkauf einer Xetra-Goldanleihe über die Börse als auch die Einlösung der Schuldverschreibung gegen physisches Gold nicht der Abgeltungsteuer unterliegen. Die Emittenten der Schuldverschreibungen pochen auf die Steuerfreiheit ihrer Angebote, weil auch Goldmünzen und Barren außerhalb der einjährigen Spekulationsfrist steuerfrei verkauft werden können. Ob Anleger ihre Kursgewinne aus diesen Goldanleihen steuerfrei einstreichen können oder der Verkauf von Goldanleihen der Abgeltungsteuer unterliegt, wird der BFH entscheiden. Da der Fiskus gegen zwei anlegerfreundliche Urteile der Finanzgerichte Revision eingelegt hat, können Betroffene ihre Steuerbescheide mit Verweis auf die anhängigen Verfahren offen halten (Az. VIII R 35/14, VIII R 19/14).
Selbstanzeige absetzen
Bevor Steuersünder die Beichte beim Finanzamt ablegen können, kassieren in der Regel Steuerberater und Banken kräftig ab, weil die nachzuerklärenden Kapitalerträge für alte Steuerjahre erst in mühevoller Kleinarbeit aus Konto- und Depotauszügen zusammengestellt werden müssen. Das Finanzgericht Köln gestand einem reuigen Steuerhinterzieher den Werbungskostenabzug für das Anwaltshonorar und die Bankgebühr zu, nachdem er per Selbstanzeige für die Jahre 2002 bis 2008 Kapitalerträge nachgemeldet hatte und die Kosten absetzen wollte (Az. 7 K 244/12). Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Nun richten sich die Augen von Betroffenen auch in diesem Fall auf den BFH (Az. VIII R 34/13).
Zankapfel Privatdarlehen
Streit zwischen Finanzämtern und Steuerpflichtigen entbrennt auch immer wieder bei Privatdarlehen zwischen nahen Angehörigen. Während der Schuldner die Zinsen für den Familienkredit als Unternehmer oder Vermieter zum vollen Steuersatz absetzen kann, muss der Darlehensgeber die Zinserträge nur zum günstigeren Pauschalsatz von 25 Prozent versteuern. Diese Gestaltung wollen die Finanzämter bisher nur absegnen, wenn der Kreditnehmer das Darlehen für private Zwecke aufgenommen hat. Mit drei wegweisenden Urteilen hat der BFH den Fiskus dazu verdonnert, das Gestaltungsmodell zu akzeptieren. Der Fiskus darf Angehörigen die günstige Pauschalbesteuerung nicht allein deshalb verweigern, weil sie mit dem Kreditnehmer verwandt sind (Az. VIII R 9/14 u. a.).Allerdings betonte der BFH auch, dass die Steuergestaltung nur akzeptiert werden kann, wenn zwischen den Familienangehörigen ein Darlehensvertrag zu Konditionen abgeschlossen und eingehalten wird, wie ihn auch Fremde miteinander vereinbaren würden. Das Recht ist eben doch für die Cleveren gemacht.
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