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Margarita Louis-Dreyfus: Die russische Matriarchin

05.01.15 03:00 Uhr

Margarita Louis-Dreyfus: Die russische Matriarchin | finanzen.net

Hausfrau, Mutter, Jetset-Lady. Das war die Russin bis zum Tod ihres Mannes. Danach kämpfte sie sich zur mächtigsten Person eines Milliardenimperiums hoch.

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von Peter Balsiger, Euro am Sonntag

Sie studierte in der Sowjetunion marxistische Wirtschaftstheorie, leitet heute einen der größten Agrarhandelskonzerne der Welt, hat ein geschätztes Vermögen von acht Milliarden Euro und besitzt den fran­zösischen Fußballklub Olympique Marseille. Die Dame, die dies vollbrachte, heißt Margarita Louis-Dreyfus. Ihr Leben verläuft zunächst wie ein modernes Märchen. Aufgewachsen in Leningrad, dem heutigen St. Petersburg, lebt sie mit ihrer Familie in einem einzigen Zimmer einer zugeteilten großbürgerlichen Wohnung, teilt sich Küche und Bad mit weiteren Arbeiterfamilien.

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Schon damals fasziniert die junge Margarita der Westen. In den Sommerferien verkauft sie Eiscreme, ersteht mit dem Verdienst auf dem Schwarzmarkt amerikanische Jeans und verschlingt von Mark Twain bis Alexandre Dumas sämtliche zu­gelassene westliche Literatur. Während ihres Studiums der Wirtschaftswissenschaften lernt sie auch Deutsch und Finnisch. Sprachen sind ihr Tor zum Westen, zu einem besseren Leben.

Sie ist Mitte 20, als sich ein Schweizer in die groß gewachsene Blondine mit den blauen Augen verliebt. Mit der Heirat und dem Umzug in die Schweiz scheinen sich ihre Träume zu erfüllen. Doch es kommt anders.

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Concord-Flug in ein neues Leben
Wenig später zerbricht die Ehe und Margarita zieht Ende der 80er-Jahre nach Zürich. Sie arbeitet als Telefonverkäuferin und wird von ihren Kollegen für ihren Traum belächelt, einmal mit der Concorde nach New York fliegen zu wollen. Doch dank eisernen Sparens sitzt sie 1989 in einem Flugzeug von Zürich nach London, um dort in die Concorde nach New York zu steigen. Sie ahnt nicht, dass dieser Flug der Aufbruch in ein völlig neues Leben bedeutet.

Auf dem Platz neben ihr sitzt ein groß gewachsener, schlecht rasierter Mann in löchrigen Jeans. Was sie nicht weiß: Er ist einer der reichsten Männer Europas, Angehöriger einer der ältesten Unternehmerdynastien der Welt. Der Franzose kleidet sich zwar im Clochard-Look, trägt eine Billiguhr und wirkt eher schüchtern, doch das ist nur Tarnung. Robert Louis-Dreyfus hat bereits eine brillante Karriere hinter sich. Er hat sein MBA-Studium an der Eliteuniversität Harvard mit seinen Pokergewinnen finanziert, auf die Unterstützung seiner reichen Eltern verzichtet und gilt als Frauenheld. Die Frau auf dem ­Nebensitz interessiert ihn. Ihre rauchige Stimme. Ihr russischer Akzent. Er zeigt ihr ein Foto seines Hundes, ein zotteliger Bobtail, bittet sie um ihre Telefonnummer. Im Mai 1992, drei Jahre nach der ersten Begegnung, heiraten sie.

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Luxusleben und Krebstherapie
Nach der Hochzeit beginnt ein Leben im Luxus. Während ihr Mann zunächst die Werbeagentur Saatchi & Saatchi leitet, später mit dem Einstieg und der Restrukturierung bei Adidas über 250 Millionen D-Mark verdient, lebt sie in seinem Schatten "ein Leben in einer heilen Welt". Sie residieren in Zürich, besitzen eine Ferienvilla bei Lugano, ein Chalet in Davos sowie zwei Privatjets. Sie haben drei Kinder, Eric und die Zwillinge Maurice und Kyril, um deren Erziehung sich Margarita als Hausfrau und Mutter liebevoll, aber auch streng kümmert.

Doch das Glück wird überschattet. Robert, der aufgrund seiner Managementerfolge ehrfürchtig RLD genannt wird, hat Leukämie. Mehrere Chemotherapien sind die Folge. Die Krankheit schwächt ihn. Trotzdem übernimmt er 2006 auf Bitte seiner Verwandten die Führung der Familienholding Louis Dreyfus und kümmert sich daneben weiter um seine Leidenschaft, den 1996 mehrheitlich gekauften Fußballklub Olympique Marseille.

"Ich wurde zur Therapiemanagerin", sagt Margarita später. Zwei Jahre lang kämpft sie wie eine Löwin für ihren teilweise gelähmten und völlig entkräfteten Mann, fliegt mit ihm um die halbe Welt, um neue Therapiemethoden auszuprobieren, wacht an seinem Krankenbett, überprüft die ihm verschriebenen Medikamente und glaubt fest an eine Rettung. Doch 2009 stirbt Robert Louis-Dreyfus im Alter von 63 Jahren.

Vor seinem Tod regelt er sein Erbe penibel. Seinen Mehrheitsanteil der Louis Dreyfus Holding überträgt er einer Familienstiftung in Liechtenstein und verhängt einen 99-jährigen Verkaufsstopp für die Anteile. Heute kontrolliert die Stiftung einen Anteil von 65 Prozent des Unternehmens. "Er setzte die Familienstiftung auf, um zu verhindern, dass die Firma von den Interessen der immer zahlreicher werdenden Familien-Aktionäre zerrissen wird", erklärt seine Witwe später. Sie selbst erhält eine Summe von rund 200 Millionen Euro aus dem Nachlass.

Kampf um das Milliardenerbe
Das Testament macht Margarita zur wichtigsten Person des Unternehmens. Als einziges Mitglied im Stiftungsrat kann sie nicht abgewählt werden. Vom Geschäft des ­Familienunternehmens versteht sie jedoch nicht viel und sie tut sich schwer in dieser von Männern dominierten Welt. Aber sie ist jetzt Chefin von Zehntausenden Angestellten in Niederlassungen in 55 Ländern. Die Louis Dreyfus Holding ist die Nummer 3 der weltgrößten Produzenten und Händler von Agrarrohstoffen. 2013 betrug der Umsatz 51 Milliarden Euro, der Gewinn lag bei 519 Millionen Euro.

Doch für die Familiendynastie ist der Franzose und langjährige Vertraute Jacques Veyrat der legitime Nachfolger des früheren Patrons RLD. Veyrat wird Vorstandsvorsitzender der Holding und sitzt neben Margarita im Stiftungsrat. Er plant den Börsengang der Holding und bringt den Staatsfonds Temasek aus Singapur als Investor ins Gespräch. Margarita hingegen wird aus dem operativen Geschäft ferngehalten, als vermeintliche Jetset-Blondine nicht ernst genommen und erfährt erst spät von Veyrats Plänen. Doch sowohl Veyrat als auch der Dreyfus-Clan unterschätzen die disziplinierte Russin.

Margarita beobachtet die Pläne des als aggressiver Dealmaker geltenden Veyrat mit zunehmendem Unbehagen. Sie lernt schnell, holt sich prominente Berater wie McKinsey, quält sich durch dicke Aktenordner und Protokolle, begleitet Veyrat zusammen mit Schoßhündchen "Liebchen" auf Geschäftsreisen und nervt ihn mit ihrer ständigen Fragerei. Bei der entscheidenden Sitzung, bei der es um die Beteiligung von Temasek geht, stimmt Margarita als Einzige dagegen. Sie hat Angst davor, Minderheitsgesellschafterin zu sein und die Kontrolle über das Unternehmen zu verlieren. Denn den Konzern will sie ganz im Sinne ihres Mannes für ihre Kinder bewahren.

2011 kommt es zum offenen Machtkampf zwischen ihr und Jacques Veyrat. Sie wirft dem noch von Robert Louis-Dreyfus zum Konzernchef ernannten Manager vor, bereits kurz nach dem Tod ihres Mannes und gegen dessen Willen damit begonnen zu haben, den Konzern von einem Familien- in ein Börsenunternehmen umzubauen. Nach monatelangen Verhandlungen verpasst sie Veyrat den goldenen Handschlag und entlässt ihn zusammen mit 360 Millionen Dollar Abfindung aus dem Unternehmen. Sich selbst macht sie zur Präsidentin des Stiftungsrats und installiert Vertraute von ihr auf den weiteren Ratssesseln.

Aufstieg zur Rohstoffkönigin
Margarita ist jetzt die unbestrittene Regentin. "Ohne ihr Plazet werden keine wichtigen Entscheidungen gefällt", schreibt das Schweizer Wirtschaftsmagazin "Bilanz". "Wer gegen ihren Willen handelt, bekommt den Zorn der schönen Russin zu spüren." Noch im gleichen Jahr wird sie von der französischen Zeitschrift "Le nouvel Economiste" zur "Kapitalistin des Jahres" ernannt. Sie installiert einen neuen Vorstandsvorsitzenden, der sich um die operative Führung kümmert, und reist als eine Art Außenministerin durch die Welt, führt Gespräche auf Regierungsebene in jenen Ländern, in denen ihre Händler tätig sind. "Politiker, Bankiers, Unternehmenschefs, Anwälte - alle machen ihr den Hof", schreibt ihre Biografin Elsa Conesa. Gleichzeitig strafft Margarita das Konzernprofil. Die Immobiliensparte und große Teile des Öl-, Kohle- und Gasgeschäfts werden verkauft. Und Margarita erklärt, dass sie weiter Konzernanteile zukaufen wolle.

Eine Baustelle aber bleibt: der Fußballklub Olympique Marseille (OM). Trotz teurer Stars verbucht der Traditionsverein kaum sportliche Erfolge und ist ständig in den ­roten Zahlen. 2011 greift Margarita, jetzt MLD genannt, durch. Sie beruft einen neuen Klubpräsidenten und führt den Verein mit hartem Spardiktat nach der Regel: kein Erfolg, kein Geld.

Dennoch finden sie und OM nicht zusammen. Dabei geht sie zu den Spielen, setzt sich im weißen Pelz oder rosa Outfit auf die VIP-Tribüne oder taucht in der Kabine der Spieler auf. Aber ihre Extravaganz prägt ihr Image bei den Fans, die Presse nennt sie "die schöne Zarin". Sie zögert lange, ob sie den Klub loswerden soll. "Ich mag OM", sagt sie, "aber Business ist Business." Mittlerweile hat Kyril, einer der Zwillinge, sein Interesse angemeldet. Bevor seine Mutter den Klub abgebe, würde er ihn beim Antritt seines Erbes in ein paar Jahren kaufen. Dann bliebe alles in der Familie. 

Sprachbegabte Russin
Geboren 1962, wächst Margarita Bogdanova im heutigen St. Petersburg auf. Als sie sieben ist, sterben ihre Eltern. Fortan lebt sie bei ihrem Großvater. Auf seinen Rat hin studiert sie an einer Wirtschaftsschule, wird Buchhalterin, lernt Deutsch und Finnisch. Durch die Heirat mit einem Schweizer gelangt sie Ende der 80er in die Schweiz. Die Ehe zerbricht nach eineinhalb Jahren. 1992 heiratet sie Robert Louis-Dreyfus und wird 2009 nach dessen Tod Erbin seines Milliardenimperiums.

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