Hausrat-Versicherung: Nie mehr auf dem Schlauch stehen
Mit dem Wohnungsschutzbrief wollen die Versicherungen mehr Service bieten. Was die Angebote zusätzlich zur Hausratpolice taugen.
von Claudia Marwede-Dengg
Es ist Sonnabend. Damit die Party ein Erfolg wird, bruzzelt die Gastgeberin noch in der Küche. Die Spülmaschine läuft. Dann macht es plopp. Der Schlauch ist geplatzt. Das Wasser strömt unkontrolliert aus. Statt in Panik zu geraten, ruft die Betroffene bei der Hotline ihres Versicherers an. Der kümmert sich umgehend um einen Monteur und bezahlt auch die Rechnung. Der Grund für den Service: Die Kundin hat einen Haus- und Wohnungsschutzbrief.
Angebote dieser Art gibt es seit etwa sechs Jahren. Neu ist: Der Kunde bekommt keinen Geldersatz mehr, sondern Sach- und vor allem Serviceleistungen. Das Einzige, was er im Schadenfall tun muss, ist bei der rund um die Uhr erreichbaren Hotline seiner Assekuranz anzurufen. Diese hilft schnell und unbürokratisch und vor allem, ohne dass der Kunde dafür in Vorleistung treten muss. Der Assisteur – derjenige also, der die erforderliche Serviceleistung vor Ort erbracht hat – rechnet direkt mit der Versicherung ab. So soll es im Idealfall sein.
„Für die Leistungserbringung bedienen sich die Versicherer professioneller Netzwerkmanager“, erläutert Klaus Stemig, Geschäftsführer der Assistance Dienstleister GmbH. „Sie garantieren bundesweit eine 24-stündige telefonische Erreichbarkeit an sieben Tagen in der Woche.“ Die Netzwerkmanager seien es auch, die mit Partnerbetrieben Rahmenverträge schlössen und die ausgesuchten Handwerker einem Qualitätsmonitoring unterzögen. Als Beispiel führte Stemig die Zusammenarbeit mit Schlüsseldiensten an: Da die Polizei häufig mit diesen Unternehmen zusammenarbeite, greife man hier auf deren Daten zurück.
Der Haus- und Wohnungsschutzbrief ist nicht die erste Assistance-Versicherungsleistung. Die wohl bekannteste Police dürfte der Autoschutzbrief sein. Sein Pendant für den häuslichen Bereich erweitert die traditionelle Hausratversicherung. Während diese alle Schäden abdeckt, die bewegliche Gegenstände im Haus oder in der Wohnung betreffen, bietet der Schutzbrief eine ganze Reihe zusätzlicher Sofortmaßnahmen für bestimmte Notfälle an.
Das kann der Heizungsmonteur sein, der am Abend und natürlich außerhalb der üblichen Arbeitszeiten anrückt, um die ausgefallene Heizung wieder zum Laufen zu bringen. Oder der Elektroinstallateur, der das defekte Stromkabel repariert und damit doch noch die Fernsehübertragung der Champions League möglich macht. Damit ist der Katalog möglicher Leistungen aber bei Weitem nicht erschöpft: Die Entfernung von Wespennestern wird ebenso organisiert. Selbst für die Betreuung von Kindern, wenn Mutter oder Vater plötzlich ins Krankenhaus müssen, oder für die Unterbringung von Haustieren wird gesorgt. Unter Umständen wird auch eine vorübergehende Ersatzwohnung besorgt.
Den Haus- und Schutzbrief gibt’s derzeit in zwei Varianten. Die WWK Versicherung oder die Barmenia beispielsweise haben einen entsprechenden Zusatzbaustein zu ihrer Hausrat- oder Wohngebäudeversicherung. Andere Versicherer wie die Allianz oder die Gothaer bieten eine eigenständige Police an. Die Versicherungsbranche kann sich aber auch vorstellen, dass der Haus- und Wohnungsschutzbrief als Zusatzbaustein etwa in Verbindung mit einem Stromliefervertrag angeboten wird.
Die Jahresprämie bewegt sich nach Einschätzung von Assistance-Dienstleisterchef Stemig zwischen 35 und 50 Euro, je nachdem, welcher Leistungsumfang vereinbart wird. Für den Kunden fielen im Ernstfall keine weiteren Kosten mehr an.
Verbraucherschützer finden das dennoch zu teuer für die angebotenen Leistungen. „Der Haus- und Wohnungsschutzbrief kostet im Vergleich zu einer klassischen Hausratpolice rund 20 Prozent mehr“, sagt Hajo Köster, Berater beim Bund der Versicherten (BdV). Die Frage sei, ob man den Preis bezahlen möchte und ob die Leistung das wert sei.
Gleichwohl schließt Köster nicht aus, dass es Bedarf für solche Assistanceleistungen gibt. Wenn jemand allein ist und keine Verwandten und Bekannten hat, sei es sicher hilfreich, auf organisierte Hilfe zurückgreifen zu können. Er kritisiert aber, dass das Angebot für Verbraucher schwer durchschaubar und damit auch kaum vergleichbar sei.
Viele Klauseln enthalten eine Beschreibung der Leistungen, aber auch der Leistungsbeschränkungen. So kann es beispielsweise sein, dass Kinderbetreuungskosten nur bis höchstens 48 Stunden übernommen werden oder dass die Höchstsumme pro Jahr begrenzt ist.
Die Versicherungsbranche sieht sich jedenfalls auf dem richtigen Weg, denn das Bedürfnis nach Hilfe steigt. Das zeigt zumindest das „Assistance Barometer 2010“. Nach dieser Befragung, die die Hochschule RheinMain für die Versicherungsgesellschaft Europ Assistance schon zum dritten Mal durchgeführt hat, ist für 92 Prozent der Versicherungsnehmer konkrete Notfallhilfe im Schadenfall besonders wichtig, und 41 Prozent aller Befragten betrachten einen Haus- und Wohnungsschutzbrief als wichtig.