Die besten Gasanbieter Deutschlands

von €uro-Redakteur Uli Lohrer

Im Fährhafen Mukran im Erholungsort Sassnitz auf der Insel Rügen herrscht professionelle Betriebsamkeit: Täglich liefern ein bis drei Züge mit jeweils 27 Waggons bis zu 108 Stahlrohre an. In einem extra dafür errichteten Werk werden die Rohre zum Schutz mit 60 bis 110 Millimeter dickem Beton ummantelt. In Mukran werden 860.000 Tonnen Rohre mit einem Investitionsvolumen von über einer Milliarde Euro durchgeschleust.

Etwa die Hälfte der ersten zwei Gasleitungen der Nord-Stream-Pipeline haben italienische Spezialschiffe bereits verlegt. „Im Mai 2011 wird der erste Pipelinestrang fertig sein“, schätzt Steffen Ebert von Nord Stream. Ab 2012 soll das 7,4 Milliarden teure Gemeinschaftsprojekt der beiden deutschen Unternehmen Wintershall und Eon sowie der russischen Gazprom fertig sein: Dann werden jährlich 55 Milliarden Kubikmeter Gas vom sibirischen Erdgasfeld Juschno-Russkoje nach Lubmin bei Greifswald strömen – das entspricht mehr als der Hälfte des aktuellen Gasverbrauchs in Deutschland.

Dabei herrscht bereits seit einiger Zeit in Europa kein Mangel an Erdgas. „ 2009 kam es zur einer Gasschwemme, in den USA wurden 2008 wegen des damals hohen Gaspreises neue Bohrtechniken eingesetzt und bislang ungenutzte Gasvorkommen in Schiefergestein und Kohleflözen erschlossen“, erläutert Josef Auer, Energieexperte der Deutsche Bank Research in Frankfurt. Als verflüssigtes Gas (Liquefied Natural Gas: LNG) gelangt das amerikanische Gas in Spezialschiffen nach Europa.

Deutsche Haushalte profitieren davon bislang kaum. Wie der Vergleich der Gasangebote in den 50 größten Städten durch das Internetportal Check24.de für €uro zeigt, liegen die Gaspreise bei den Stadtwerken der 50 größten Städte zwischen sechs und elf Cent pro Kilowattstunde (kWh). In den meisten europäischen Ländern müssen Haushaltskunden dagegen nur vier bis knapp sechs Cent pro kWh zahlen. Wissenschaftler kennen den Grund. „Es gibt in Deutschland nur wenige große überregionale Verteilunternehmen wie RWE und Eon, und die schreiben die Preise mit den ausländischen Anbietern auf Jahrzehnte fest“, erläutert Claudia Kemfert, Leiterin der Abteilung Energie am DIW in Berlin.

40 Prozent sparen

Deshalb bestehen regional extreme Preisunterschiede. Im Norden, in Nähe des Flüssiggasterminals in Rotterdam und zu den norwegischen Pipelines, sind die Angebote der Grundversorger – die ehemaligen lokalen Gasversorgermonopole – am günstigsten. Ausgerechnet in Leipzig, dem Sitz der Energiebörse EEX, wo der aktuelle Großhandelsgaspreis mit zwei Cent pro kWh gehandelt wird, zahlen die Endverbraucher am meisten. Während dort ein Single mit einem durchschnittlichen Jahresverbrauch von 5000 kWh bei den Stadtwerken 546 Euro, also 11 Cent pro kWh zahlt, muss er beim Grundversorger in Bremen, der swb, für die gleiche Menge nur 328 Euro (6,5 Cent pro kWh) berappen: 218 Euro oder 40 Prozent weniger als in Leipzig.

Engagierte Verbraucher können ihre Gasrechnung deutlich senken: Durch einen Wechsel vom regionalen Grundversorger zu günstigsten Gaslieferanten. Der Anbieterwechsel ist einfach geworden. „Ein Wechsel vom Grundversorger lohnt für jeden – das Sparpotential liegt oft bei mehreren 100 Euro pro Jahr“, sagt Isabel Wendorff vom unabhängigen Vergleichsportal Check24 in München. Bei den günstigsten Anbietern müssen oft nur vier bis fünf Cent pro kWh gezahlt werden. Kundentreue nutzen die lokalen Stadtwerke oft schamlos mit überteuerten Gaspreisen aus, um die Stadtkassen aufzubessern.

Testsieger und Pleitegerüchte

Kein Wunder also, dass immer mehr Verbraucher die Vorzüge eines Anbieterwechsels zu schätzen wissen. Der Anteil aller Gaskunden, die bis im März 2010 schon ihren Gaslieferanten gewechselt haben, beträgt 12 Prozent. In Leipzig bringt der Wechsel von den Stadtwerken zum preiswertesten Gasanbieter gas.de für einen Single eine jährliche Ersparnis von 236 Euro, für einen Vierpersonenhaushalt gar 716 Euro. Die ersparten Gaskosten können besser für das Urlaubsbudget verwendet werden. Weil sich das Magdeburger Unternehmen gas.de im €uro-Test in 56 von 100 Fällen als der günstigste Anbieter erwies, wurde gas.de von €uro zum günstigsten Gasanbieter Deutschlands gekürt.

Auch in Städten mit günstigen Grundversorgern, wie Bremen, lohnt der Wechsel. Dort können bei TelDaFax Energy 148 Euro (Singles) beziehungsweise 384 Euro (vierköpfige Familie) pro Jahr gespart werden. TelDaFax Energy ist der härteste Konkurrent von gas.de. „Handelsblatt“ und „Financial Times Deutschland“ berichteten über eine mögliche Insolvenzgefahr von TelDaFax, dem das Unternehmen widersprach. Die Angst vor einer möglichen Pleite sollte Gasverbraucher nicht vor einem Anbieterwechsel abhalten: Wer eine monatliche Zahlungsweise statt Vorauskasse wählt, riskiert nichts. Im Pleitefall ist auch die Gasversorgung sichergestellt. Als Versorger würde der Grundversorger einspringen.
So funktioniert der Wechsel

Energieverbrauch ermitteln Aus Ihrer letzten Jahresabrechnung können Sie den Gasverbrauch ablesen. Falls Sie die Abrechnung nicht mehr zur Hand haben oder sich Ihre Haushaltsgröße geändert hat, können Sie sich an den Richtwerten der Vergleichsportale orientieren.

Preis-Leistungsvergleich Den besten Preisüberblick erhalten Sie im Internet über Onlinetarifrechner wie Check.24, idealo.de, tarifvergleich.de, toptarif.de oder verivox.de. Um die günstigsten Gasversorger abzurufen, müssen Sie nur Ihren Haushaltsverbrauch und Ihre Postleitzahl eingeben. Unter den günstigsten Anbietern empfiehlt es sich, einen Blick auf die Vertragsinhalte zu werfen: Vertragslaufzeiten (möglichst kurz), Kündigungsfristen (etwa bei Umzug, Preiserhöhung), Preisgarantien (möglichst lang) und Zahlungsmodalitäten (Einzugsermächtigung, Vorauskasse). Die Vorauskasse ist zwar oft deutlich günstiger, im Falle einer Pleite des Gaslieferanten kann das Geld aber weg sein.

Kündigung und Neuvertrag Im Antrag für den neuen Lieferanten müssen Sie die Nummer Ihres Gaszählers sowie Ihre bisherige Kundennummer angeben (siehe letzte Abrechnung). Die Kündigung erfolgt mit einer Vollmacht durch den neuen Lieferanten. Bei einem erstmaligen Wechsel beträgt die Kündigungsfrist beim Grundversorger einen Monat zum Vertragsende, sonst gelten die jeweiligen Vertrags­bedingungen.