Euro am Sonntag-Titel

Schöner Wohnen: Kaufen oder Mieten

09.05.13 03:00 Uhr

Immobilien: Aus Angst vor der Schuldenkrise stecken die Deutschen ihr Geld in Wohnungen und Häuser. Vor allem in Metropolen lässt das die Preise explodieren. Der exklusive Standort-Check der 100 größten Städte zeigt, wo es sich lohnt zu kaufen und wann es sinnvoller ist zu mieten.

von Markus Hinterberger, Euro am Sonntag

Eigentlich sind es nur Zahlen, die an einem Montag Ende April rund 2.000 Menschen in den Münchner Löwenbräukeller locken. Aber die Zahlen, die Helmut Thiele errechnet hat, üben einen enormen Reiz aus.

Thiele ist Vorsitzender des Gutachterausschusses für München. Er und seine Mitarbeiter ermitteln aus Kaufverträgen die durchschnittlichen Preise, für die Wohneigentum in der bayerischen Hauptstadt den Besitzer wechselt. Den vollständigen Bericht kann man ab Mitte Mai gegen eine Schutzgebühr kaufen, doch an diesem Abend stellt Thiele den Mitgliedern des Eigentümerverbands Haus + Grund die wichtigsten Zahlen vor: „Für gute Wohnlagen waren in München zum Jahresende 2012 rund 5.700 Euro pro Quadratmeter fällig“, verkündet Thiele. Erstaunte Ausrufe wie „Wahnsinn“ oder „Wucher!“ ertönen aus dem Raunen der Menge. Der Chef des Gutachterauschusses fährt fort: „Allein in den ersten drei Monaten des Jahres 2013 rechnen wir mit einem Preisanstieg von weiteren sieben Prozent.“ Kurzes Nachrechnen, dann Kopfschütteln im Publikum. „Über 6000 Euro? Das sind ja 12 000 Mark!“, entfährt es einer älteren Dame.

Es vergeht keine Woche, in der nicht derartige Rekordzahlen die Runde machen. Deutschland befindet sich im kollektiven Immobilienrausch. Vor allem in den Großstädten, die als wirtschaftlich stark gelten, scheinen die Preise für Wohnraum permanent zu explodieren. Und immer mehr Menschen fragen sich: „Soll auch ich kaufen?“

30 Prozent Preissteigerungen
Chefgutachter Thiele ist selbst über seine Zahlen erstaunt. Nach ­seinen Berechnungen wurden Wohnungen in München, ganz gleich in welcher Lage, seit 2009 um mindestens 30 Prozent teurer. Seine Kollegen in Hamburg, Berlin und einigen weiteren Großstädten können Ähnliches präsentieren. Was das Preis­niveau angeht, bleibt München freilich unangefochten spitze. „Die Nachfrage in vielen Großstädten ist riesig“, weiß Michael Kiefer, Fachmann für Immobilienbewertung bei Immobilienscout24, dem Marktführer unter den Internetportalen für Wohnungssuchende.

Inzwischen ist die Nachfrage so groß, dass selbst Makler händeringend nach neuen Objekten suchen: Vor dem Eingang zum Löwenbräukeller bekamen die Haus + Grund-Mitglieder Flyer vom Maklerverbund Remax in die Hand gedrückt. Der Inhalt: „Sie möchten Ihre Immobilie verkaufen? Wir helfen Ihnen.“ Wolfgang Martin, Urheber dieser Flyer, weiß: Der Markt ist fast leer gefegt. Deshalb suchen er und sein Team nach Eigentümern, die ihre Häuser und Wohnungen —aus welchen Gründen auch immer — loswerden wollen. „Der aktuelle Run auf Wohnimmobilien wird, solange uns die Eurokrise beschäftigt, die Zinsen niedrig sind und es eine berechtigte Inflationsangst gibt, anhalten“, sagt Marktbeobachter Kiefer.

In seiner Aussage hat er die wesentlichen Faktoren für den Immobilienhype bereits aufgezählt: Seit Beginn der Schuldenkrise vor drei Jahren haben viele Deutsche Angst um ihr Erspartes. Die Rettung Zyperns, bei der die Sicherheit von Bankeinlagen jenseits der 100.000- Euro-Grenze infrage gestellt wurde, sorgte für neue Furcht. Auf der anderen Seite ist Baugeld mit Zinsen von 2,5 Prozent bei zehn Jahren Laufzeit günstig wie nie. „Und das wird wohl auch so bleiben“, sagt Max Herbst, dessen FMH Finanz­beratung seit 1986 Zinsübersichten erstellt.

Wo es sich lohnt zu kaufen
Werden die Deutschen, die mit ­einer Eigentumsquote von unter 50 Prozent als Volk der Mieter gelten, nun zu Eigenheimern? Und wenn ja, wo lohnt es sich zu kaufen? Denn nicht alle Städte und Regionen melden steigende Immobilienpreise.
„Blind eine Immobilie zu kaufen, nur damit das Geld angelegt ist, halte ich für sehr gefährlich“, sagt Reiner Braun vom Marktforschungsinstitut Empirica. Er analysiert seit Jahren deutsche Immobilienmärkte. Braun benutzt bewusst die Mehrzahl  — von pauschalen Aussagen wie „Der Immobilienstandort Deutschland boomt“ hält er wenig. Wer kaufen will, sollte die jeweilige Stadt oder den betreffenden Landkreis betrachten. Stimmen hier die Rahmenbedingungen, lohnt es sich, eine Immobilie zu kaufen; wo nicht, sei es ratsamer zu mieten. Was man sich ansehen sollte? „Sind gegenwärtig und künftig genügend Arbeitsplätze da, gibt es Zuzug, wird die Infrastruktur ausgebaut?“, so Braun.

In welchen Regionen diese Bedingungen gegeben sind, lässt sich an Bevölkerungs- und Haushaltsprogno­sen ablesen. Ob die Menschen, die neu in eine Region ziehen, auch genügend Wohnraum vorfinden werden, hat Empirica in einem Knappheitsindikator zusammengefasst. Er vergleicht bereits fertige Bauprojekte mit geplanten Projekten und Prognosen über künftige Maßnahmen. Diese Daten hat €uro am Sonntag mit den durchschnittlichen Mieten und Angebotspreisen für Wohnungen ins Verhältnis gesetzt. Die Zahlen vermitteln einen Eindruck vom ungefähren Preisniveau und wie es sich verändert. Aus Mieten und Preisen lässt sich auch die Mietrendite errechnen. Vordergründig zeigt diese Kennzahl, was ein Vermieter in einer Stadt verdienen kann. Selbstnutzern zeigt sie, ob Mieten im Verhältnis zu Kaufen günstiger ist.

All diese Daten hat €uro am Sonntag zusammengefasst, um ein Bild des Immobilienmarkts in den 100 größten deutschen Städten zu zeichnen. Der Standort-Check zeigt, wo es sich lohnt zu kaufen oder wo es günstiger ist zu mieten (siehe pdf-Tabelle).
Standort-Check für die 100 größten deutschen Städte (pdf)

Die besten Standorte
Besonders überraschend: Nicht etwa München liegt ganz vorn. Die Stadt an der Isar schafft es nur beim Bevölkerungswachstum auf Rang 1. 2030 soll München über 1,6 Millionen Einwohner haben, aktuell sind es rund 1,4 Millionen. Es sind vielmehr Städte wie Hannover und Düsseldorf, Hanau und Worms oder Berlin, Leipzig und Dresden, die in allen Belangen gute Aussichten bieten. Die Gründe, warum sich dort ein Immobilienkauf lohnt, sind verschieden, gemeinsam ist den Städten aber eine wachsende Zahl von Haushalten. Das sorgt dafür, dass Wohnraum knapp wird, sofern er es nicht heute schon ist. Dazu kommt, dass die Preise in diesen Städten — mit Ausnahme Düsseldorfs — noch moderat sind.

Kleinere Städte wie Hanau oder Worms, aber auch Potsdam oder Bergisch Gladbach profitieren von nahen Zentren wie Frankfurt, Berlin und Köln. Sie ziehen Menschen an, denen die Metropolen bereits zu teuer geworden sind, die aber dennoch in einer Stadt leben wollen.

Berlin und Düsseldorf sind Spitzenreiter in Sachen Wohnungsknappheit. Die Hauptstadt hat zwar riesigen Leerstand, doch diese Wohnungen sind oft marode und liegen in Problemvierteln. Düsseldorf ist schlichtweg zu klein geworden, und die Stadtväter werden, so die Pro­gno­sen, auch in den kommenden ­Jahren mit der Schaffung neuen Wohnraums kaum nachkommen. Wer in Düsseldorf und in den guten Lagen Berlins wie Mitte, Prenzlauer Berg, Kreuzberg und Charlottenburg kauft, dessen Wohnung wird sehr wahrscheinlich im Preis weiter steigen. Und er wird voraussichtlich immer genügend potenzielle Mieter finden, so er denn vermieten will.

Etwas anders ist die Situation in München und Hamburg, wo in den kommenden Jahren viel gebaut werden wird. Denn das Thema Wohnungsknappheit treibt die Stadtväter hier schon länger um. „Die Preise werden aber auch hier weiter steigen“, sagt Michael Kiefer, „allerdings werden wir keine zweistelligen Raten mehr sehen.“ Also auch an Isar und Elbe kann es sich noch lohnen, zu kaufen. Kapitalanleger sollten vor allem in München keine hohen Renditen erwarten. Denn mit dem neuen Mietrecht können zumindest Bestandsmieten nicht mehr stark erhöht werden. Je nachdem, wie stark die SPD bei der Bundestagswahl abschneidet, sind Mietsteigerungsbremsen womöglich bald Realität.

Nicht jeder sollte kaufen
Neben den wachsenden gibt es aber auch schrumpfende Städte. Dieses Schicksal trifft vor allem das Ruhrgebiet, wo allenfalls noch Essen und Dortmund am wenigsten verlieren. Noch düsterer sind die Prognosen für Cottbus, Schwerin, Gera und Zwickau im Osten. Sie sind bereits heute Wegzugsregionen, die bald auch der demografische Wandel treffen wird. Bevölkerungsforscher erwarten, dass im Jahr 2050 in Deutschland gut 15 Millionen weniger Menschen leben als heute.

Die Lage ist die eine Sache, das Geld die andere. „Wer nur dank der niedrigen Zinsen an Eigentum denken kann, dem wird bei der Anschlussfinanzierung der kleinste Zinsanstieg das Genick brechen“, sagt Zinsexperte Herbst. Sein Tipp: Die Zinsen von heute so lange wie möglich sichern.

Dass auch ein hohes Gehalt keine Garantie fürs Eigenheim ist, zeigt das Beispiel der Familie Knecht aus Frankfurt. Dem jungen Ehepaar mit einer einjährigen Tochter hat die Altersvorsorgeberatung der Verbraucherzentrale die Augen geöffnet. Bis dahin dachte das Gutverdienerpaar, dass es sich eine Neubauwohnung mit vier bis fünf Zimmern in Frankfurt würde leisten können. Der Preis: mindestens 400.000 Euro. Doch die beiden hatten kaum Eigenkapital. Und Banken vergeben 100-Prozent-Finanzierungen nur bei allerbester Bonität.

Laut dem Trendindikator Bau­finanzierung des Immobiliendienstleisters Dr. Klein bringen Käufer oder Bauherren in der Regel knapp ein Viertel der Summe bereits mit. „Der hohe Anteil von Eigenkapital ist ein Grund, warum in Deutschland keine Immobilienblase droht“, sagt Michael Kiefer. Billige Kredite ohne jegliches Eigenkapital hatten bekanntlich die US-Krise ausgelöst.
Die Knechts wollen fürs Erste weiter mieten und Eigenkapital aufbauen. Der Traum vom Eigenheim bleibt. Den Zuhörern von Gutachter Thiele kann das nur recht sein. Denn solche Familien gibt es nicht nur in Frankfurt.

Pro
Mein Weg zum Eigenheimer

von Joachim Spiering

Ich war ein überzeugter Mieter. Viele Jahre lebten wir in einem schiefen, schönen Bauernhaus auf dem Land, später in einer großen, geraden Altbauwohnung in München. Die Mieten waren niedrig. Wenn etwas kaputt war, riefen wir die Vermieter an. Es war ein sorgenfreies Wohnen ohne Stress.
Doch es störte mich, jeden Monat Geld an fremde Menschen zahlen zu müssen. Anfangs ging es nicht anders, wir hätten uns keine eigene Wohnung leisten können. Doch über die Jahre wirkte dieses Gefühl wie ein schleichendes Gift. Die Bauzinsen sanken immer mehr, Freunde legten sich eine Immobilie zu. Irgendwann wollte auch ich Eigentum. In München ist das nicht so einfach, doch wir hatten Glück.

Inzwischen bewohnen wir eine hübsche Wohnung in einem netten Viertel — und es fühlt sich viel besser an. Klar, auch ein Kredit zu günstigen Konditionen kostet — teilweise etwas mehr als die ursprüngliche Miete. Eigentümerversammlungen können auch anstrengen, und jeder Kratzer im Parkett sorgt für einen kleinen Schreck. Aber: Diese vier Wände sind bald meine. Wenn ich will, tausche ich Türen aus, installiere einen größeren Herd oder lege zwei Zimmer zusammen. Dieses Gefühl, in der eigenen Wohnung (fast) alles machen zu können, ist großartig. Man muss sich mit keinem Vermieter herumstreiten und sich wegen keiner Mieterhöhung oder Eigenbedarfskündigung Sorgen machen. Man ist selbst der Boss.

Ob die eigene Immobilie hinsichtlich der Rendite das Optimum ist oder das ganze Geld, gut angelegt, woanders mehr Ertrag gebracht hätte — was Kritiker gern gegen einen Immobilienkauf anführen — ist deshalb Nebensache. Abgesehen davon: Ob es besser ist, sein Geld Banken, Fondsmanagern und Staaten zu übertragen, sei dahingestellt. Und dass eine Immobilie immobil ist, was in bestimmten Situationen (Auswanderungsgedanken, Steuern, Umweltbelastung) ein erheblicher Nachteil sein kann — geschenkt. Wer weiß, wie das Leben so spielt. Läuft es normal, ist unsere Wohnung abbezahlt, wenn ich in Rente gehe. Auch das fühlt sich mit Blick auf die Altersvorsorge gut an. Und den Kindern kann man am Ende auch noch etwas Hübsches hinterlassen.

Also: Wenn man Eigenkapital hat, sich nach dem Kauf weiterhin die Dinge leisten kann, die einem wichtig sind, und die Lage des Hauses oder der Wohnung gut ist, gibt es nur eine Devise: Kaufen!

Contra
Darum bleibe ich Mieter

von Stephan Haberer

Ein Eigenheim als Geldanlage? Viel zu spekulativ! Müsste ich doch auf Kredit spekulieren und  — fast — alle Eier in einen Korb legen. Nein, danke! Noch dazu, dass Gewinnmitnahmen am Immobilienmarkt nicht einfach sind. Ein Beispiel: Nachbarn mussten ihr Haus 2005 wegen Krankheit verkaufen. Sie bekamen ein Viertel weniger als erhofft. Sie konnten aber nicht warten, bis Lehman-Pleite und Finanzkrise einen Immobilienboom auslösten. Eventuell muss ich dereinst schnell verkaufen. Stichworte: Scheidung, Arbeitslosigkeit, Krankheit, Pflegefall.

Immobilien verlieren ohnehin grundsätzlich an Wert: In der Regel ist Neubau teurer als Altbau. Neubau gibt es aber nur beim Erstbezug. Bereits beim ersten Wiederverkauf heißt es: „Secondhand.“ Bei neuen Immobilien ist der Wertverlust besonders hoch. Über die Jahre sinkt er um ein bis zwei Prozent im Jahr. Dies kann zwar durch Instandhaltung, Renovierung und Modernisierung aufgefangen werden, doch dafür sind neue Investitionen nötig. Oft geht der Kredit für den Hauskauf nahtlos in den fürs Renovieren über.

Derzeit sind die Bauzinsen zwar niedrig, aber sie werden wieder steigen. Bei der Anschlussfinanzierung in zehn, fünfzehn Jahren kann die Monatsrate dann doppelt so hoch sein wie heute. Die Zinsentwicklung kann ich nicht beeinflussen, bin ihr mit Immobilienkrediten aber ausgesetzt. Ehrlich gerechnet kosten kreditfinanzierte Immobilien viel mehr, als auf dem „Preisschild“ steht. Nimmt man zu derzeit möglichen drei Prozent Zinsen einen Immobilienkredit über 200 000 Euro auf und tilgt hohe drei Prozent im Jahr, kostet das Haus mitsamt Kaufnebenkosten wie Grunderwerbsteuer, Gebühren für Notar und Grundbucheintrag unterm Strich fast 300 000 Euro. Macht summa summarum 50 Prozent an Zinsen und Gebühren. Da ist der Wertpapierkauf günstiger.

Hinzu kommen Grundsteuern, Versicherungen und kommunale Gebühren. Viele dieser Posten muss ich als Mieter nicht tragen. Mich kann auch keine klamme Kommune an der Sanierung der Straße vorm Haus beteiligen. Von mir als Mieter kann auch kein Staat eine Zwangsabgabe von insgesamt 50 Prozent des Immobilienwerts einfordern — wie nach dem Zweiten Weltkrieg. Stichwort: Lastenausgleich. Das kann im Zuge der Eurokrise wieder geschehen.

Kurz: Solange ich die eigene Immobilie nicht aus der Portokasse zahlen kann, lasse ich die Finger davon, wohne zur Miete und stecke mein Vermögen gut diversifiziert in Wertpapiere. Disziplin zum Sparen habe ich, dafür brauche ich kein Haus.sh

Mietrecht

Neue Regeln ab Mai
Weitreichende Änderungen

Seit jeher wird von Mietern und Vermietern über das herrschende Mietrecht gestritten. Auch die aktuellen Änderungen im neuen Gesetz, das am 1. Mai in Kraft getreten ist, werden wieder für Zündstoff sorgen. Denn beide Seiten dürfen sich zwar über einige ­Erleichterungen freuen, müssen aber im Gegenzug auch Nachteile hinnehmen.

Was sich ändert
Bremse für Mieterhöhungen

Bisher durften Vermieter die Mieten in drei Jahren um bis zu 20 Prozent erhöhen. In Zukunft soll in diesem Zeitraum nur noch ein Plus von 15 Prozent möglich sein. Allerdings greift diese Regelung nicht automatisch: Nur die jeweiligen Bundesländer können die Mietpreisbremse für diejenigen Städte und Regionen einführen, die besonders stark von Mietpreiserhöhungen betroffen sind. Wahrscheinlich ist, dass zumindest in München und Berlin die Mietpreisbremse in Kraft treten wird. Weitere Einschränkung: Die Erhöhungsgrenze gilt nur für bestehende Verträge, nicht für Neuvermietungen.

Mietminderung eingeschränkt
Mieter müssen in Zukunft Baulärm und Baudreck bei Umbau der Wohnung oder des Hauses aus energetischen Gründen bis zu drei Monate ertragen, ohne dass ihnen eine Mietminderung zusteht. Erst nach Ablauf dieser Frist kann der Mieter einen finanziellen Ausgleich einfordern. Bis zu elf Prozent der Gesamtkosten für diese Modernisierungsarbeiten darf der Vermieter wie bisher jährlich auf die Miete umlegen. Wird bei der Modernisierung allerdings auch Bestehendes repariert oder ausgetauscht, so dürfen diese Kosten nicht mehr zu einer Mieterhöhung führen.

Modernisierung hat Vorrang
Bisher hatten Mieter das Recht, die Modernisierung der Wohnung zu stoppen, wenn die zu erwartende Mieterhöhung für sie zu einer untragbaren wirtschaftliche Härte führen würde. Ab dem 1. Mai darf der Eigner erst einmal umbauen, erst danach folgt die übliche Härtefallprüfung. Ebenfalls wichtig: Um eine Sanierung zu begründen, braucht der Ver­mieter nun kein teures Gutachten mehr. Es reicht, auf vergleichbare Pauschalwerte hinzuweisen.

Kündigung bei Eigenbedarf
Bislang konnten sich Investoren eines juristischen Tricks (Münchner Modell) bedienen, um Mietern nach dem Kauf eines Wohnhauses aus Eigenbedarf zu kündigen. Die Investoren gründeten kleine Gesellschaften, die jeweils zum neuen Eigentümer von genau einer Wohnung wurden. Meldeten diese Gesellschaften dann Eigenbedarf an, mussten die ­Mieter die Wohnungen verlassen. Diese Vorgehensweise ist nun nicht mehr möglich.

Schnellere Räumung möglich
Vermieter können in Zukunft besser gegen Betrüger vorgehen, die ihre Miete nicht zahlen. Bisher zogen sich die Räumungsklagen oft über Monate hin. Ab dem 1. Mai sollen sie von den Gerichten vorrangig bearbeitet werden. Und klagt ein Eigentümer wegen der Mietschulden, kann er künftig verlangen, dass die fällige Miete auf einem Sonderkonto hinterlegt wird, bis ein Urteil gefällt ist. Geschieht dies nicht, kann die Wohnung im Eilverfahren geräumt werden.