Die Privaten bitten zur Kasse
24.02.18 08:00 Uhr
Krankenversicherer » Zahlen des Finanzministeriums zeigen: Auf viele privat Versicherte kommen steigende Kosten zu. Wie sie darauf reagieren können.
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von Martin Reim, €uro am Sonntag
Viele privat Krankenversicherte müssen sich auf weiter steigende Beiträge einstellen. Das ergibt sich aus Zahlen des Bundesfinanzministeriums. Demnach lag 2017 erstmals bei allen 36 Anbietern der sogenannte aktuarielle Unternehmenszins unterhalb von 3,5 Prozent. Wegen der niedrigen Marktzinsen erhält die private Krankenversicherung (PKV) immer weniger Rendite für die Rückstellungen ihrer Kunden.
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Die Marke von 3,5 Prozent ist wichtig, weil viele Altverträge auf dieser Basis kalkuliert sind. Wird der Wert unterschritten, kann dies zu höheren Beiträgen führen. Ob, wann und in welchem Umfang es zu einem Anstieg kommt, hängt von individuellen Faktoren des Kunden ab. Als Faustregel gilt: Je länger der Vertrag schon läuft, desto stärker fällt die Erhöhung aus.
Die PKV ist seit Langem wegen steigender Beiträge in der Kritik. Vertreter von Linken, SPD und Grünen fordern eine Bürgerversicherung, also eine Aufweichung der Grenzen zwischen gesetzlicher und privater Absicherung. PKV-Vertreter verweisen darauf, dass die sinkenden Renditen durch die Europäische Zentralbank hervorgerufen und damit politisch gewollt seien.
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Das Finanzministerium reagierte auf eine Anfrage der Linken-Bundestagsfraktion und veröffentlichte mehr Daten als üblich. Hintergrund ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom vergangenen November. Demnach muss die Bundesregierung mehr Informationen als bislang zur Verfügung stellen, wenn Fragen aus dem Parlament kommen.
Im Zuge dieser neuen Offenheit bezifferte das Ministerium erstmals, wie sich die Beiträge bei den einzelnen Anbietern im Durchschnitt verändert haben. Ergebnis des Sieben-Jahre-Vergleichs: Unter den Branchenführern haben sich Signal Iduna, Inter, Süddeutsche und Debeka am besten gehalten, ganz hinten rangieren Central, Württembergische, R + V und Nürnberger.
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Anbieterwechsel riskant
Was sollten PKV-Versicherte tun, wenn ihr Versicherer demnächst die Prämie erhöht? "Am wichtigsten: keine Panik. Es gibt keinen Grund für überstürztes Handeln", sagt Gert Güssler, Chef des auf PKV spezialisierten Analysehauses KVpro.de. In jedem Fall solle man beim aktuellen Anbieter nachfragen, welche alternativen Tarife er offeriert.
Der Umstieg innerhalb eines Versicherers sei üblicherweise vorteilhafter als ein kompletter Unternehmenswechsel, weil bei älteren Verträgen die Rückstellungen gar nicht und bei jüngeren nur teilweise mitgenommen werden dürfen. "Zusätzlich kann man neutrale Stellen wie Versicherungsberater oder seriöse Spezialisten für PKV-Wechsel konsultieren", sagt der Experte. Externe Hilfe sei in jedem Fall nötig, falls es doch um einen Anbieterwechsel geht. "Der kann beispielsweise dann eine Überlegung wert sein, wenn der eigene Versicherer über längere Zeit die Prämien stark erhöht."
Wichtig sei, dass trotz höheren Einstiegsalters und neuer Gesundheitsprüfung das Gesamtpaket des neuen Anbieters attraktiver ist als jenes des bisherigen. Güssler: "Um das zu garantieren, sollte man sich die Konditionen vom Berater schriftlich zusichern lassen, um eine Grundlage bei eventuellen späteren Rechtsstreitigkeiten zu haben."
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