Kampf dem Niedrig-Zins: Geld-Vermehrung via Robo-Advisor
Angesichts der extrem niedrigen Zinsen spielt der Zinseszins-Effekt keine Rolle mehr. Anleger müssen sich nach anderen Rendite-Quellen umsehen.
von Carsten Riehemann, Gastautor von Euro am Sonntag
Das Geldvermögen der Deutschen beläuft sich auf 5,7 Billionen Euro. Macht pro Bürger knapp 70.000 Euro. Rund 40 Prozent davon dümpeln auf wenig oder gar nicht verzinsten Bankkonten herum. Angesichts von zuletzt 1,7 Prozent Inflation ist das der sichere Weg, Vermögen zu vernichten. Früher sorgte der Zinseszinseffekt dafür, dass das Angesparte langsam, aber zumindest sicher an Realwert gewann. Seit die Europäische Zentralbank die Zinsen faktisch abgeschafft hat, ist es damit vorbei.
Eine Inflationsrate von 1,7 Prozent bedeutet, das 10.000 Euro, die unverzinst auf der Bank liegen, nach zehn Jahren nur noch über eine Kaufkraft von rund 8.400 Euro verfügen. Bankgebühren sind hier nicht einmal berücksichtigt.
Bei anderen Anlageklassen sieht es kaum besser aus. Knapp 900 Milliarden Euro oder 16 Prozent ihres Geldvermögens haben deutsche Privatanleger in Publikumsfonds investiert - einen Großteil davon in Mischfonds. Da diese einen erheblichen Teil ihrer Mittel in Anleihen investieren, ist hier ebenfalls mit Enttäuschungen zu rechnen. Denn an den Rentenmärkten ist nach wie vor kaum Geld zu verdienen, außer die Anleger gehen sehr hohe Risiken ein.
Dazu kommt, dass sich die Kosten für das Fondsmanagement pro Jahr auf im Schnitt 1,5 Prozent des investierten Kapitals belaufen. Unter Einbeziehung von Kosten und Inflationsrate verdient ein Anleger mit Fonds zurzeit erst ab einer Wertsteigerung und/oder Ausschüttung von jährlich 3,2 Prozent Geld. Viele Mischfonds schaffen das nicht.
Ausgabeaufschlag und
Kick-backs sparen
In diesem Umfeld ist Kostentransparenz oberstes Gebot. Bei Fonds gilt es, den Ausgabeaufschlag ganz oder zumindest überwiegend zu sparen. Die meisten Publikumsfonds lassen sich ohne oder zumindest mit einem stark reduzierten Ausgabeaufschlag bei Direktbanken ordern. Das kann bis zu fünf Prozent des investierten Kapitals ausmachen.
Darüber hinaus ist es ratsam, mit der Bank eine Vereinbarung über die Weiterleitung von Kick-backs zu schließen. Da geht es um bis zu ein Prozent pro Jahr. Zu beachten ist, dass eine entsprechende Vereinbarung nicht für hauseigene Fonds der Bank gilt. Angesichts des Zinsumfelds müssen sich Banken und Fondsgesellschaften auf Gebührenreduktionen einstellen. Dafür sorgt auch die durch das Internet erhöhte Transparenz und Vergleichbarkeit. Bei Lebensversicherungen sieht es kaum besser aus, da sie ebenfalls schwerpunktmäßig in die Rentenmärkte investieren.
Vor allem Renten- und Mischfonds sowie Versicherungen gehören also aufgrund ihrer vergleichsweise hohen Kosten und niedrigen Renditen auf den Prüfstand. Die Kosten für eine langfristige Vermögensanlage sollte 1,25 Prozent per annum nicht übersteigen.
Alternativ bieten sich Aktien an, die bei einer langen Haltedauer immer eine positive Rendite abgeworfen haben. Dennoch halten sich viele Anleger aufgrund der höheren Schwankungen von Dividendentiteln fern. Das ist ein Fehler, denn ohne die Beimischung von Risikokapital können die Kosten der Kapitalanlage kaum kompensiert werden.
Angesichts dieser komplexen Gemengelage im Niedrigzinsumfeld benötigt eigentlich jeder Anleger eine neutrale Beratung. Aufgrund der zunehmenden Regulierung und der damit verbundenen Kosten lohnt es sich jedoch für Banken immer weniger, ihren Kunden mit Rat zur Seite zu stehen. In diese Lücke stoßen zunehmend unabhängige Vermögensverwalter, die allerdings in der Regel erst ab liquiden Vermögen von 250.000 Euro zur Verfügung stehen.
Für Privatanleger mit kleinerem Geldbeutel kommen Robo-Advisor als Alternative infrage. Sie bieten eine Vermögensverwaltung deutlich günstiger an als viele Dach- oder Mischfonds. Die ersten Ergebnisse einer noch nicht veröffentlichten Studie von Albrecht, Kitta & Co. und der Hochschule Fresenius Hamburg zeigen deutlich, dass die Deutschen sich mehr auf das Thema Geldanlage einlassen würden, wenn sie es besser verstehen würden und Chancen sowie Risiken für sich persönlich besser einschätzen könnten. Das ist fast ein Hilferuf, denn vielen Deutschen ist schon bewusst, dass sie das Geld nicht einfach auf dem Konto liegen lassen können.
Kurzvita
Carsten Riehemann,
Geschäftsführender Gesellschafter
bei der Vermögensverwaltung
Albrecht, Kitta & Co.
Riehemann ist seit Mitte der 90er-Jahre als
Vermögensverwalter und Vermögensberater für Unternehmer,
Privatkunden und
Stiftungen tätig.
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