Euro am Sonntag

Konkurrenz für Banken: Vermögensverwalter 1.0

03.10.15 16:00 Uhr

Konkurrenz für Banken: Vermögensverwalter 1.0 | finanzen.net

Von den traditionellen Banken wenig beachtet, erobern sogenannte Fintechs mit ihren digitalen Angeboten neue Kundenkreise. Höchste Zeit, dass die Banken ihr Geschäftsmodell überdenken.

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von Andreas R. Sarasin, Gastautor von Euro am Sonntag

Nur langsam begreift die Finanzbranche, was da im Internet an Konkurrenz auf sie zukommt. Lange sonnte man sich in der trügerischen Gewissheit, dass Bankgeschäfte eben doch vor allem mit persönlichem Kontakt zu tun haben und weniger mit kundenorientierten, technisch innovativen und nutzerfreundlichen Angeboten, die problemlos auch auf dem Computer oder dem Smartphone abrufbar sind.

Mittlerweile versucht die Branche, mit massiven Investitionen gegenzusteuern. Die großen Banken richten an den wichtigen Finanzplätzen immer neue Inkubatoren ein, die möglichst rasch möglichst gute Ideen ausbrüten sollen. Der Nutzen für die Bankindus­trie darf bezweifelt werden, denn die Kulturen klaffen zu weit auseinander: Ein Start-up kann innerhalb einer großen Struktur kaum noch die umstürzlerische Kraft entfalten, die für einen echten Aufbruch notwendig wäre.

Noch dramatischer sieht es im Bereich klassischer Privatbanken und Vermögensverwalter aus: Die anstehende Revolutionierung und Demokratisierung des Bankgeschäfts wird hier von etlichen Unternehmen bisher völlig verschlafen. Vielerorts mangelt es bereits am Wissen um die Bedrohung durch die sogenannten Fintechs, von Reaktionen ganz zu schweigen.

Vermögensverwaltung auch für
weniger begüterte Anleger

Die Zeiten für Privatbanken und Vermögensverwalter wären durchaus günstig: Aufgrund der niedrigen Zinsen und der Rentenproblematik ist der Druck gerade für Privatanleger groß, rentable Anlagealternativen zu finden. Trotzdem ist das Angebot für Privatkunden im deutschen Markt nach wie vor mehr als bescheiden. So bekommt man etwa bei einem Anlagevolumen von 30.000 Euro oft einfach einen Dachfonds, für den dann Ausgabeaufschläge sowie jährliche Gebühren von bis zu zwei Prozent gezahlt werden müssen.

Dabei war der Weg zu potenziellen Kunden nie einfacher. Die Technik ermöglicht es, auch weniger begüterten Kunden Zugang zu hochwertigen Anlagemöglichkeiten zu erschließen. Doch was findige Fintech-Gründer begriffen haben, verschläft das Gros der Vermögensverwalter. Sie hätten zwar das notwendige Anlage-Know-how, aber ihnen fehlt allzu oft jegliche Affinität zur Technik. Hinzu kommt die ausgesprochen konservative Kultur der meisten Vermögensverwalter.

Viele traditionelle Häuser postulieren mehr oder weniger offen, dass man sich für jene Kundengruppe unterhalb des typischen Privatbanksegments erst gar nicht interessiert - das ist dann eine Frage des Selbstverständnisses. Andere hingegen nehmen das Potenzial durchaus wahr, sind sich offenbar jedoch nicht schlüssig, wie sie in dieses Segment vordringen können. Ihnen fehlt die Vision und die Strategie - aber auch schlicht die Methode - wie sie ihre für Großkunden entwickelten Konzepte auch den zig Millionen "normalen" Bürgern zur Verfügung stellen können.

In ihrer diskreten, von Mahagonischreibtischen, dunklen Anzügen und ausführlichen Kundengesprächen geprägten Welt, können sie sich einfach nicht vorstellen, dass ihr Angebot mit Einsatz moderner Software auch Kunden zugänglich gemacht werden kann, die sie bisher nicht im Fokus hatten. Und da dies oft sogar noch zu massiv günstigeren Kosten möglich ist, müssten sie zudem ihr traditionelles Geschäfts­modell mit den reichen Kunden völlig neu strukturieren, um einer drohenden Kannibalisierung entgegenzuwirken.

Im angelsächsischen Markt ist bereits zu beobachten, wie neue Geschäftsmodelle aus dem Fintech-Bereich erfolgreich in diesen Markt vordringen. In Deutschland gibt es ebenfalls erste Angebote, die allerdings oft noch zu einfach strukturiert sind, um eine echte Konkurrenz für die Vermögensverwalter zu sein. Auch regulatorisch sind einige der Modelle durchaus fragwürdig, wenn etwa der Kundenschutz nicht allzu ernst genommen wird.

Man muss aber kein Prophet sein, um vorherzusagen, dass es bald einen Professionalisierungsschub geben wird. Die Angebote werden reifer und erwachsener und könnten dann schnell Marktanteile gewinnen auch in einem Kundensegment, das hohe Ansprüche an Qualität und Sicherheit stellt. Von da ist der Weg dann nicht mehr allzu weit zur vermögenden (Privatbank-)Klientel.

Gepusht wird das Ganze noch vom Generationswechsel. Die jungen Reichen - ob nun Erben oder nicht - erwarten Betreuung via E-Mail, Website und App. Sie sind es gewohnt, ständig auf dem Laufenden gehalten zu werden. Sie wollen die Kontrolle und Transparenz behalten, auch wenn sie einen Vermögensverwalter beauftragt haben. Berührungsängste oder gar generelle Vorbehalte gegenüber der Nutzung neuer Technologien bestehen nicht. Viele Unternehmen der Branche hinken diesen Ansprüchen meilenweit hinterher.

Kaufen die Fintech-Start-ups
bald die Traditionsbanken auf?

In anderen Bereichen des Bankwesens ist die Entwicklung schon weiter fortgeschritten. So hat sich etwa der Zahlungsdienstleister Paypal erfolgreich etabliert. Oder besser: Er hat viele der traditionellen Banken bereits überholt und ist an der Börse mehr wert als etwa die Deutsche Bank. Kaufen also Fintech-Start-ups irgendwann die Banken auf? Ganz so weit ist es im Bereich der Privatbanken und Vermögensverwalter noch nicht gediehen. Selbst im angelsächsischen Raum, wo das Gründen von Unternehmen traditionell schneller geht und eine Gründerszene deutlich weiter entwickelt ist, haben sich in diesem Bereich noch keine echten neuen Platz­hirsche gebildet.

Noch begegnet sich die nicht-traditionelle und traditionelle Welt nicht ganz auf Augenhöhe, aber nicht wenige der neuen Anbieter sind angetreten, den etablierten Anbietern das Wasser abzugraben. Sie sind selbstbewusst und der Erfolg gibt ihnen recht. Auch wenn sie absolut gesehen noch nicht mit den Großen mithalten können, legt ihr schnelles Wachstum den Schluss nahe, dass sie schon bald zu einer ernst zu nehmenden Konkurrenz werden können.

Eine gewisse Karenzzeit zur Anpassung werden die Banken und Vermögensverwalter wohl noch haben. Der Angriff der Fintech-Unternehmen hat gerade erst begonnen. Doch die Einschläge kommen näher. Am Ende haben nur die Gesellschaften eine echte Überlebenschance, die die Zeichen der Zeit rechtzeitig erkennen und ein paar - momentan noch recht einträgliche - alte Zöpfe, wenn nicht ganz abschneiden, so doch zumindest zurechtstutzen. Die Unternehmen wiederum, die das nicht schaffen und stattdessen an der guten alten Zeit mit den dicken Teppichen und den Beratungsgesprächen am Mahagonischreibtisch festhalten wollen, laufen ohne Netz Gefahr, mit ihrer zumeist alten Kundschaft ins Grab zu fallen.

zur Person:

Andreas R. Sarasin,
Schweizer Privatbankier

Sarasin ist seit 1982 in der Finanzdienstleistungsindustrie tätig. Den größten Teil seiner Karriere verbrachte er als Partner und Geschäftsleitungsmitglied bei der Bank Sarasin & Cie. AG, einer der führenden Privatbanken in der Schweiz. Sarasin gehört zu den arriviertesten Kennern der Vermögensverwalterszene und ist Verwaltungsratspräsident der ­Trafina Privatbank.

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Bildquellen: Clinerion Ltd, Lichtmeister / Shutterstock.com

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