Altersvorsorge und Infrastruktur
Die private Altersvorsorge, etwa durch Versicherungen, ist ein wichtiges gesellschaftliches Thema, ebenso wie Erhalt und Ausbau der Infrastruktur. Gastautor Philipp Waldstein plädiert dafür, beide Themen miteinander zu verknüpfen.
von Philipp Waldstein, Gastautor von Euro am Sonntag
Bei der Altersvorsorge geht es um Sicherheit und eine langfristige Perspektive im Aufbau und der Auszahlung von Leistungen, die aus Sicht der Vorsorgenden unverzichtbar sind. Gleichzeitig geht es aber auch um eine auskömmliche Verzinsung. Die gewünschten festen Garantien sind im derzeitigen Umfeld nicht darstellbar. Sichergestellt werden sollte aber ein möglichst breites Spektrum an Anlageklassen, das effizient für die Altersvorsorge genutzt werden kann.
Bei der Infrastruktur geht es um eine effiziente sowie kostengünstige Bereitstellung und Finanzierung. Die Bürger und gewählten Politiker müssen das Sagen und auch das letzte Wort haben. Allerdings ist es im Interesse aller, dass marktwirtschaftliche Prinzipien in der Bereitstellung der Infrastruktur gelten sollten, da sie zu erheblichen Kostenvorteilen führen können. Dafür ist es nötig, dass die institutionellen Rahmenbedingungen für einen geordneten, demokratisch fundierten Prozess sorgen.
Versicherungen garantieren
langfristige Finanzierungen
In der Altersvorsorge ist der Sicherheitsaspekt von großer Bedeutung. Langfristige Garantien können sehr gut von Versicherungen geleistet werden. Sie haben das nötige Know-how und auch die Erfahrung, mit etwaigen im Lauf eines langen Zeitraums auftretenden Risiken und Unwägbarkeiten umzugehen. Der Vorwurf, die Garantieleistungen oder die Verzinsungen seien nicht hoch genug, berücksichtigt nicht, dass die Kapitalmärkte aufgrund der extremen Niedrigzinsphase und der signifikanten Schwankungen bei risikobehafteten Anlageklassen nicht mehr hergeben.
Investitionen in Infrastruktur sind gut geeignet, die aus Anbietersicht langfristigen Verpflichtungen zu gewährleisten. Versicherungen sorgen bereits zum Zeitpunkt, an dem der Vorsorgende seinen Beitrag leistet, dafür, dass später, wenn er seine Leistung abrufen möchte, ein entsprechender Gegenwert auch zur Verfügung steht. Die Regulierung achtet aus gutem Grund darauf, dass etwaige Zahlungsverpflichtungen immer hinreichend mit entsprechenden Vermögensansprüchen gedeckt sind. Bei der Finanzierung von Infrastruktur können nur Versicherungen ultralange Laufzeiten zu Festsatzkonditionen stellen. Banken sind aufgrund des Zinsänderungsrisikos dazu nicht in der Lage.
Versicherungen stellen auch sicher, dass Finanzierungen bis zum Laufzeitende gehalten werden. Als langfristige Bestandshalter sorgen sie damit für eine hinreichende Stabilität. Die Vermögensbestandteile werden nicht zum Zweck der kurzfristigen Gewinnoptimierung weiterveräußert. Darüber hinaus sind Versicherungen aufgrund ihrer Fachexpertise im Kerngeschäft geeignet, die mit Infrastrukturinvestitionen einhergehenden Risiken abschätzen zu können. Als Sachversicherer etwa von Windturbinen kennen sie auftretende Schäden und wirtschaftlichen Folgen aufgrund von Betriebsunterbrechungen. Auch dies gilt es zu beachten.
Zudem sind Versicherungen als Finanzierer in der Lage, im Konkursfall in die Eigentümerrolle zu wechseln. Große Versicherungen halten als Eigentümer Photovoltaik- oder Windkraftanlagen, sind aber auch an klassischer Infrastruktur wie Stromnetzen oder Gasleitungen beteiligt und verfügen daher über die operative Kompetenz, solche Anlagen weiterzubetreiben.
Schließlich werden mit der Finanzierungsleistung der Versicherungen die entsprechenden Kapazitäten der öffentlichen Haushalte geschont. Ebenso können öffentliche Kreditgeber wie EIB oder KfW sich damit auf ihre originären Aufgaben konzentrieren, nämlich Finanzierungen nur dort zu übernehmen, wo private Adressen nicht in der Lage sind, diese zu leisten. Konkret würde das bedeuten, dass öffentliche Kreditgeber risikobehaftete Tranchen von Krediten bei der Bereitstellung öffentlicher Güter übernehmen, für die der private Risikoappetit nicht ausreicht.
Nun wird bei der Bereitstellung von Altersvorsorge und besonders Infrastruktur gern angeführt, dass diese Aufgaben in toto Sache des Staates seien. Die Privatwirtschaft sei dafür ungeeignet, da sie allein an Gewinnen interessiert sei und das öffentliche Wohl naturgemäß nicht zum Ziel habe. Völlig richtig! Der Staat muss dafür sorgen, dass die Erledigung dieser Aufgaben richtig organisiert wird und dabei nicht zulasten der Allgemeinheit getrickst werden kann. Transparenz ist wichtig, auch Kontrolle und Überwachung, und natürlich Sanktionen, wenn Regeln nicht eingehalten werden.
Aber der Staat muss diese Aufgaben eben nur organisieren, nicht selbst erledigen. Der Staat sollte sich marktwirtschaftliche Prinzipien zunutze machen, dann profitieren alle. Marktwirtschaftliche Prinzipien bedeuten, dass Anbieter- und Nachfrageinteressen beachtet werden und mittels Preismechanismen ein Ausgleich erfolgt. Ein einfaches Beispiel dazu lautet, dass Finanzierungen ausgeschrieben werden und entsprechend dem Wettbewerbsprinzip das beste Angebot zum Zug kommt.
Das Streben nach Gewinn
ist ein Effizienztreiber
Wer argumentiert, dass der Staat immer günstiger als private Adressen finanzieren kann, der übersieht, dass man gemäß diesem Prinzip sämtliche Finanzierungen, nicht nur die der öffentlichen Güter, über den Staat laufen lassen könnte. Dann müsste der Staat beispielsweise auch alle Kraftwerke selbst bauen und betreiben oder den Flugverkehr stellen. Auch hier könnte der Staat zu vermeintlich niedrigeren Zinssätzen das Kapital zur Verfügung stellen. Alle Finanzierungsrisiken würden dann in öffentlichen Haushalten abgeladen, das ist der Verteilungsaspekt; aber viel schlimmer, es erfolgte keine Diskriminierung entsprechend des Risikos.
Auch unsinnige und hochriskante Finanzierungen übernimmt der Staat, das ist der Allokationsaspekt. Über Ausschreibungen erhielte der Staat wichtige Preissignale, nämlich die zu den Risiken. Ist kein privates Unternehmen bereit, zu vernünftigen Konditionen zu finanzieren, dann ist vermutlich das Risiko sehr hoch, und der Staat sollte sein Projekt überdenken.
Es ist sehr sinnvoll, eine Absicherung der privaten Altersvorsorge zumindest teilweise mit Finanzierungen in die Infrastruktur einzurichten. Versicherungen sind prädestiniert, hier die Rolle des Mittlers und Moderators zu übernehmen. Natürlich braucht es dafür einen institutionellen Rahmen mit klar definierten Regeln. Das Gewinnstreben privater Unternehmen aber ist ein Effizienztreiber, den eine Gesellschaft nutzen sollte. Das Experiment der überwiegend staatlichen Wirtschaftslenkung ist bekanntlich vor gut 25 Jahren krachend gescheitert.
zur Person:
Philipp Waldstein,
Geschäftsführer der MEAG
Waldstein verantwortet den Bereich Portfoliomanagement, Wertpapiere, Geld und Devisen sowie erneuerbare Energien und Infrastruktur. Bevor er 2013 in die Geschäftsführung der MEAG berufen wurde, war er in verschiedenen Führungsfunktionen, unter anderem bei Unicredit, tätig. Die MEAG ist einer der großen Vermögensverwalter in Europas Finanzsektor. In ihr konzentrieren sich die Vermögensverwaltungen von Munich Re und Ergo mit einem Volumen von 264 Milliarden Euro.
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