Immobilienmakler im Test
Wenig tun und viel kassieren - ein Klischee? €uro am Sonntag hat den vermeintlichen Gewinnern des Immobilienbooms auf die Finger geschaut.
von Markus Hinterberger, Euro am Sonntag
Es ist verrückt: Auf Wolfgang Meyers Schreibtisch stapeln sich die Anfragen Immobiliensuchender. "Aber Angebote muss ich wie die Nadel im Heuhaufen suchen", sagt er.
Meyer (Name von der Redaktion geändert) ist Immobilienmakler in München, Deutschlands wohl umkämpftestem Immobilienmarkt. Geht es um die höchsten Kaufpreise oder die teuersten Mieten, an der Isar werden sie gezahlt, und oft noch mehr als das. "Es gibt immer wieder Käufer, die schon bei der Besichtigung erklären, dass sie gern fünf bis zehn Prozent mehr als den eigentlichen Kaufpreis bieten, nur damit ich sie dem Verkäufer als solvente Kandidaten präsentiere", erzählt der Makler, der auch schon mal zwischen streitenden Bietern schlichten muss.
Das klingt nach fetten Provisionen - immerhin können, laut Immobilienverband IVD, Makler in Bayern mit sechs Prozent des Kaufpreises rechnen. Doch der Markt ist so gut wie leer, erklärt Meyer. "Wer in München Wohneigentum besitzt, gibt es nur her, wenn er muss", sagt der Makler.
So oder zumindest so ähnlich ist die Situation auch an anderen Wohnungsmärkten: in den beliebten Lagen Berlins wie Mitte oder Kreuzberg, in Hamburg rund um Altona oder an der Außenalster oder in Frankfurt im Westend. Die Liste ließe sich beliebig lang fortsetzen. "Die Menschen strömen in erster Linie dorthin, wo es Arbeitsplätze im Verbund mit Lebensqualität -sprich Geschäfte, aber auch kulturelle Angebote - gibt", sagt Reiner Braun, Geschäftsführer des Empirica Instituts, das Immobilienstandorte untersucht. In der Regel sind es - mit Ausnahmen im Ruhrgebiet - eher die Großstädte, wo es eng wird.
Auch Makler sind auf der Suche
Maklern geht es an den begehrten Standorten nicht viel anders als ihren Kunden: Sie müssen nach neuen Objekten suchen, um die Nachfrage zu befriedigen. Meyer hat es bei denen versucht, die viele Immobilien besitzen. Bei der Jahresversammlung des Münchner Eigentümervereins Haus und Grund hat er Handzettel verteilt. Deren Tenor: Wenn Sie Ihre Immobilie stressfrei verkaufen wollen - ich helfe. Der Rücklauf war mäßig.
Auf ein ähnlich geringes Angebot wie Makler Meyer sind auch die rund 20 Immobilieninteressenten gestoßen, die im Auftrag von €uro am Sonntag eine Wohnung gesucht haben, um sie zu kaufen. Die Redaktion wollte wissen, wie die überregional tätigen deutschen Immobilienmakler arbeiten, und in Erfahrung bringen, womit wohnungssuchende Käufer in Deutschland rechnen müssen. Gemeinsam mit dem Deutschen Kundeninstitut (DKI) hat die Redaktion von €uro am Sonntag die anonymen Testkunden losgeschickt.
Das Beuteschema war eine Eigentumswohnung, die nicht saniert werden muss, mit 90 bis 110 Quadratmetern Größe, mit Terrasse oder Balkon. Die Innenstadt sollte in 20 Minuten mit dem Auto erreichbar sein. Hierzu nannten die Tester den Immobilienmaklern zunächst einige Suchkriterien und baten um schriftliche Exposés von zu ihrer Suche passenden Immobilien. Die Besichtigungen fanden an acht Brennpunkten des deutschen Immobilienbooms statt: in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, Leipzig, München und Stuttgart.
Um die Ergebnisse der über 250 Kundenkontakte zu sortieren, wurden drei Kategorien gebildet. In der Kategorie "Angebot" wurde zum einen die Vielfalt der Dienstleistungen verglichen, welche die untersuchten Immobilienmakler ihren Kunden anbieten; zum anderen wurde das zum Zeitpunkt der Erhebung bestehende Angebot an verschiedenen Kauf- und Mietobjekten berücksichtigt. Die für die Bewertung benötigten Informationen wurden durch eine Umfrage unter den Anbietern sowie ergänzend per Internetrecherche eingeholt. Hier konnte, wie bei den beiden anderen Kategorien, maximal ein Drittel der Gesamtpunktzahl erreicht werden.
Bei der Kategorie "Fachwissen" wurde die Sachkompetenz der Immobilienmakler bewertet. In diesen Bereich fallen beispielsweise die Ausbildung der Mitarbeiter und die Mitgliedschaft in einem Berufs- oder Fachverband. Zudem wurde bewertet, wie ausführlich, verständlich und spontan die Makler die bei den Besichtigungsterminen gestellten Fragen der Testkunden beantworten konnten. Die Tester waren angewiesen, Fragen nicht nur zum Zustand des Objekts, der Hausgemeinschaft und dem Vorbesitzer zu stellen, sondern auch gezielt nach energetischen Aspekten wie dem Verbrauch von Strom- und Heizenergie zu fragen. Die hier berücksichtigten Kriterien wurden mittels der Anbieterumfrage sowie durch die Testkunden vor Ort erhoben.
In der dritten Kategorie schließlich wurde die Qualität des Kundenservice bewertet, den die Immobilienmakler per Telefon, E-Mail und im persönlichen Gespräch bieten. Darüber hinaus ging das Ergebnis der Analyse des jeweiligen Internetauftritts sowie der Immobilien-Exposés, die unseren Testern ausgehändigt wurden, in den Bereich mit ein.
Die Sieger
Insgesamt fallen die Ergebnisse positiv aus. Bei keinem der getesteten Anbieter machten die Mitarbeiter vor Ort wirklich eine schlechte Figur: Wie schon im Vorjahr erzielte Engel & Völkers mit 97,3 Punkten und der Note "sehr gut" das beste Ergebnis unter den überregional tätigen Immobilienmaklern. Auch die Unterkategorien "Angebot", "Fachwissen" sowie "Kundenservice" wurden durchgängig mit "sehr gut" bewertet. Der Spitzenreiter überzeugt mit einem umfangreichen Leistungsangebot. Die Mitarbeiter beschaffen fehlende Objektunterlagen, prüfen die Bonität potenzieller Kunden und unterstützen die Käufer, wenn es darum geht, den Kaufvertrag zu erstellen. Positiv bewertet wurde zudem, dass neben der Immobilienvermittlung auch die Haus- und Immobilienverwaltung sowie Immobilienmarktanalysen zum Leistungsangebot von Engel & Völkers gehören.
Ebenfalls mit der Note "sehr gut" platziert sich von Poll Immobilien auf dem zweiten Platz im Gesamtklassement. Das Leistungsangebot im Rahmen der Immobilienvermittlung ist sehr umfangreich, hier profitiert das Unternehmen von seinen bundesweit 150 Standorten. Von der Konkurrenz hebt sich von Poll Immobilien insbesondere durch ungewöhnliche Dienstleistungen wie virtuelle Objektbesichtigungen ab. Einige Punktabzüge gab es jedoch dafür, dass das Immobilienangebot des überregionalen Maklers in den meisten untersuchten Regionen am Stichtag vergleichsweise gering war.
Dass ein großes Netz an Geschäftsstellen nicht zwangsläufig der Schlüssel zum Erfolg ist, zeigt sich bei RE/MAX, dem Neuling im diesjährigen Test, der allerdings auf dem vorletzten Platz landete. Trotz der rund 200 Geschäftsstellen war das Angebot recht begrenzt. "Vor allem in Leipzig und Hamburg hatten unsere Testkäufer nur wenig Auswahl", sagt Jörn Hüsgen, Geschäftsführer des DKI, der die Studie leitete. Dennoch steht unterm Strich ein befriedigendes Ergebnis.
Auf dem letzten Platz finden sich die Makler von Planethome wieder. Hinsichtlich des Leistungs- und Immobilienangebots erhielt das Unternehmen nur ein "ausreichend". Zu bemängeln ist hier, dass das Unternehmen keine Wertermittlung gemäß der Immobilienwertermittlungsverordnung anbietet. Zudem können die Kunden keine zusätzlichen Leistungen wie Finanzierungsberatung oder die Vermittlung an einen Steuerberater von Planethome erwarten. Beim Immobilienangebot ließ der Anbieter aus München dadurch Punkte liegen, dass Mietobjekte nicht zum Repertoire von Planethome gehören und ausschließlich Kaufobjekte vermittelt werden.
Wie man gute Makler erkennt
Nicht alle Immobilien werden über große, bundesweit tätige Maklerunternehmen verkauft, die ihre Mitarbeiter fachlich schulen. In vielen Städten gibt es unabhängige Makler und auch solche, die sich nicht einmal einem Dachverband wie dem IVD angeschlossen haben. Fragt sich also, wie Käufer einen guten Makler erkennen.
"Ein guter Makler kennt den Immobilienmarkt, auf dem er tätig ist, und auch seine Objekte, die er betreut", sagt Gerold Happ, Jurist und Geschäftsführer beim Eigentümerverband Haus & Grund. Das bedeutet auch, dass er genau weiß, welche Energiekosten für das Anwesen anfallen. Ein entsprechender Energieausweis muss Interessenten inzwischen bei der Besichtigung vorgelegt werden.
Reservierungsgebühren, die einige Makler bei besonders begehrten Projekten von Interessenten verlangen, sind laut Happ nicht immer illegal. Sie sollten aber separat vereinbart werden und später zurückgezahlt und dem Interessenten, der den Zuschlag erhält, auf die fällige Provision angerechnet werden. Wenn sich die Reservierungsgebühr jedoch ausschließlich aus den AGB ergibt, muss sie nicht entrichtet werden.
Apropos Provision: Die Werte aus unserer Übersicht sind keineswegs verbindlich. Je nachdem, wie umkämpft der Markt ist, weichen Makler davon nach oben ab. Doch auch hier gibt es Grenzen. "Wenn ein Makler das Doppelte der ortsüblichen Provision verlangt, würde ich von Wucher sprechen", so Happ. "Wer einer solchen gesetzeswidrigen Forderung eines Maklers ausgesetzt ist, auf dessen Dienste aber nicht verzichten will, sollte sich erst nach Unterzeichnung des Kaufvertrags hiergegen wehren. Die ortsübliche Provision muss er gegebenenfalls aber dennoch entrichten", sagt der Jurist. Maklerverbände haben in der Regel einen Verhaltenskodex, in dem auch Empfehlungen zur Höhe der Provisionen enthalten sind. Verlangt ein Mitglied deutlich mehr, können Betroffene sich an den Verband wenden.
Ob sich ein etablierter Makler von Sanktionen seines Verbands beeindrucken lässt, steht auf einem anderen Blatt. Unterm Strich müssen Kaufinteressenten wohl mit Maklern und deren Courtage leben, soweit diese nicht gegen das Gesetz verstoßen. Es gibt immer wieder "schwarze Schafe", sagt Gerold Happ.
Verkaufen ohne
Makler
Inserieren und sparen
Henning Evers könnte eigentlich seinen Ruhestand genießen, doch der 70-Jährige hatte in seiner Zeit als Unternehmer immer wieder Immobilien gekauft, entweder um sie selbst zu nutzen oder als Renditeobjekt. Schon früh ärgerte er sich über die fälligen Provisionen, die Makler erheben. Zwar ist es bundesweit üblich, dass Käufer und Verkäufer sich die Provision in Höhe von fünf bis sechs Prozent teilen. In Hamburg aber, wo Evers wohnt, muss nur der Käufer zahlen, und zwar 5,25 Prozent. "Das sind schon bei einer kleinen Wohnung für 100.000 Euro Kaufpreis 5.250 Euro, die man drauflegt", sagt Evers. Vor fünf Jahren machte er sich daran, ohne-makler.net zu gründen. Ziel der Plattform war es, Immobilien zum Kaufen oder Mieten anzubieten, ohne dass Käufer, Verkäufer oder Mieter hohe Provisionen zahlen müssen. Den Anfang machte er mit seinem eigenen Wohnhaus, das er trotz Makler nicht losbekommen hatte - über seine Internetplattform ging es binnen weniger Wochen.
Millionen Interessenten
auf einen Schlag
Wer eine Immobilie über ohne-makler.net vermieten oder verkaufen will, zahlt an Evers eine bestimmte Gebühr, und die Offerte wird auf 15 Portalen wie immobilienscout24 und immonet veröffentlicht und erreicht laut dem Gründer rund zwölf Millionen potenzielle Interessenten. Der Kunde spare so einiges an Arbeit und Zeit, so Evers. Soll das Angebot einen Monat online stehen, zahlt der Inserent 85 Euro.
Evers empfiehlt drei Monate: Hier liegen die Kosten bei 159 Euro, und die Chance, dass die Immobilie nach Ablauf des Quartals an den Mann oder die Frau gebracht wurde, ist höher. Laut Evers beträgt die Einsparung mehr als 50 Prozent gegenüber Einzelinseraten auf den großen Immobilienportalen. Aktuell finden sich auf der Plattform rund 1.700 Angebote. Noch gibt es laut Evers einen Schwerpunkt in Nordrhein-Westfalen, Deutschlands bevölkerungsreichstem Bundesland. Die meisten Objekte stehen zum Verkauf, die Provisionen sind hier besonders hoch. Von der Einzimmerwohnung bis zum großzügigen Einfamilienhaus finden sich alle Wohnungsgrößen. "Luxusimmobilien sucht man bei uns aber vergeblich", so Evers. Das durchschnittliche Kaufangebot liegt zwischen 200.000 und 250.000 Euro. Die Nutzer freut’s, denn sie sparen Geld. In besonders begehrten Regionen wie Hamburg, München, Frankfurt am Main und Berlin sind Wohnungen schnell weg. Hier bemerkt Evers wie auch die Makler, dass die Angebote rar werden.
Änderungen bei den
Maklergebühren
Ab 2015 rechnet Evers mit weiterem Zulauf. Denn die Bundesregierung plant im Rahmen des Gesetzes zur Mietpreisbremse, zumindest bei Vermietungen das sogenannte Bestellerprinzip einzuführen. Demnach soll künftig nicht mehr der Mieter die Courtage von in der Regel 2,38 Monatskaltmieten zahlen, sondern der Vermieter, der den Makler "bestellt" hat. Der Vermieter soll dem Vernehmen nach übrigens auch dann zahlen, wenn ein Mieter einen Makler beauftragt hat und der eine Wohnung anbietet, die er im Auftrag eines Vermieters zu vermitteln hat.
Bis das Gesetz abstimmungsreif ist, wird einige Zeit vergehen. Doch Mietrechtler rechnen damit, dass das Bestellerprinzip wohl kommen wird. Für Henning Evers Grund genug, das Bestellerprinzip auch beim Verkauf zu fordern. "Denn gerade dort machen die Makler mit minimalem Aufwand das wirkliche Geld. Es ist nicht nachvollziehbar, dass bei Provisionen auf Verkäufe nach wie vor die bisherige Praxis gelten soll, während bei der Vermietung nun endlich - wie überall in der Wirtschaft - der Besteller einer Leistung zahlt." Wird dieser Wunsch erhört, würde das seinem Portal noch einmal einen Schub geben. Doch Evers weiß selbst gut genug: Die Koalition und vor allem die SPD, die sich mit der Mietpreisbremse im Wahlkampf profiliert hat, will vor allem die Mieter entlasten.