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Russischer Ramsch: Abschlag für Putin

06.02.15 16:00 Uhr

Russischer Ramsch: Abschlag für Putin | finanzen.net

Die Ratingagentur S & P senkt die Bonität des Landes auf Ramschniveau und ­verschärft so die Krise. Ein Zahlungsausfall ist aber - noch - nicht in Sicht.

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von Alexander Sturm, Euro am Sonntag

Die bedrohliche Lage für die russische Wirtschaft verschlimmert sich weiter. Diese Woche stufte die amerikanische Ratingagentur S & P das Land auf Ramschniveau herab und bewertet so russische Schuldpapiere erstmals seit zehn Jahren mit der Note "BB+". Das bedeutet, dass bei einer Verschlechterung der Lage Ausfälle zu erwarten sind. Die erste Reaktion der Märkte folgte prompt: Der Rubel gab gegenüber dem Dollar um sechs Prozent nach.

Mit dem Schritt beschleunigt S & P die Abwärtsspirale, in der Russland seit Monaten steckt. So treffen die westlichen Sanktionen wegen der Ukraine-Krise das Schwellenland hart und lassen den Rubel einbrechen. Dies beschleunigt wiederum die Kapitalflucht ausländischer Anleger und verteuert die Importe. Zudem leidet das stark rohstoffabhängige Land unter dem Ölpreisverfall.

Verzweifeltes Gegensteuern

Russlands Regierung, welche die jüngste Abstufung als "politisch motiviert" bezeichnete, will nun mit einem Konjunkturprogramm in Höhe von 30 Milliarden Euro gegensteuern. Finanziert mit Einsparungen sowie Rücklagen eines Staatsfonds sollen Banken neues Kapital erhalten und die Garantien für Investitionsprojekte aufgestockt werden. Zudem wird die staatliche Förderbank mehr Firmenkredite vergeben. Außerdem senkte die Zentralbank überraschend den Leitzins auf 15 Prozent.

Doch das wird nicht verhindern können, dass Russland 2015 erstmals seit der Finanzkrise in die Rezession rutscht. Laut Internationalem Währungsfonds wird das Minus bei drei Prozent liegen. Auch der Rubelverfall dürfte sich kaum aufhalten lassen. Schon im Dezember intervenierte Russlands Zentralbank erfolglos. Sowohl milliardenschwere Stützungskäufe als auch eine kräftige Zinsanhebung verpufften damals. Bald könnte es einen neuen Rückschlag geben: So hat S & P nicht nur eine weitere Abstufung signalisiert, auch andere Ratingagenturen dürften nachziehen. Mit einer zweiten Bonitätsnote im Ramschbereich würde Russland den sogenannten Investment-Grade-Status verlieren. Viele Investoren dürften dann russische Anleihen nicht mehr kaufen, da sie als zu riskant gelten.

Kaum Auslandsschulden

Eine Staatspleite Russlands ist vorerst aber nicht in Sicht. So beträgt die Staatsverschuldung nur rund 13 Prozent der Wirtschaftsleistung. Und die Verbindlichkeiten in Fremdwährungen belaufen sich mit 49 Milliarden Dollar auf drei Prozent - bei Währungsreserven von 389 Milliarden Dollar per Ende Dezember. "Die Zahlungsfähigkeit des russischen Staats sollte auf absehbare Zeit gewährleistet sein", sagt Martin Moryson, Chefvolkswirt bei der Kölner Privatbank Sal. Oppenheim. Zudem sei der Großteil der Auslandsschulden frühestens in zwei Jahren fällig.

Auch trifft der einbrechende Rubel zwar Firmen und Verbraucher, da sich Importe für sie verteuern. Doch für den Staat federt die schwache Währung den Ölpreisverfall ab. Er bekommt für jeden Dollar mehr Rubel, was hilft, interne Ausgaben und heimische Kredite zu decken. Daher rechnen Experten nur mit einem geringen Haushaltsdefizit.

Auch wurde Russland auf dem ­Anleihemarkt jüngst unverhältnismäßig abgestraft. So werden Kreditausfallversicherungen für russische Staatsanleihen auf einem Niveau gehandelt, das einem deutlich schlechteren Rating entspricht. "Das zeigt, dass der Markt große Vorbehalte gegenüber dem Willen und der Fähigkeit der russischen Regierung hat, die Auslandsschulden zu tilgen", sagt Tatiana Boroditskaya, Analystin bei der Bank UBS. "Diese Einschätzung teilen wir nicht." Theoretisch könne das Land die Auslandsverbindlichkeiten auf einmal zurückzahlen. Selbst wenn sich die Ukraine-Krise verschärft und neue Sanktionen Russlands Wirtschaft treffen, ist genug Geld da. Zuletzt einigte sich die EU nur auf Einreise­verbote und Kontensperrungen.

Gefahr droht aber von politischer Seite: Staatschef Wladimir Putin könnte die Auslandsschulden als politisches Instrument einsetzen und sich schlicht weigern, die Verbindlickeiten zu bedienen, glaubt Ökonom Moryson: "Zahlungsverzüge und -ausfälle wären ein Weg, ausländische Investoren an den Kosten der Situation in Russland zu beteiligen."

Staatsanleihen statt Firmenbonds
Brenzliger ist die Lage indes bei Anleihen russischer Firmen und Banken. So sind die Unternehmen mit rund 450 Milliarden Dollar im Ausland verschuldet und damit weit stärker als der Staat. Und die Geldhäuser haben mehr als 200 Milliarden Dollar Auslandsschulden, rund 35 Milliarden Dollar werden 2015 fällig. Zudem sind die Banken wegen der Sanktionen fast vom westlichen Kapitalmarkt abgeschnitten und können sich schwer refinanzieren.

Risikobereite Anleger, die von den hohen möglichen Renditen der russischen Bonds profitieren wollen, sollten daher Staatsanleihen vorziehen. Zudem können sie auf Fonds setzen, die nur einen Teil ihres Portfolios in Russland investiert haben. Zwei davon stellt €uro am Sonntag im nachfolgenden Investor-Info vor.

Investor-Info

KBC Bonds Emerging Markets
Großes Russland-Gewicht

Der Fonds investiert breit gestreut in Staatsanleihen von Schwellenländern und mischt Unternehmensanleihen etwas bei. Die Bonds sind in Hartwährung wie Dollar und nicht in lokalen Währungen emittiert, das macht den Fonds weniger anfällig. Russland hat mit zwölf Prozent das zweithöchste Gewicht hinter der Türkei. In der Fondswährung Dollar liegt das Plus seit einem Jahr bei sieben Prozent, in Euro gerechnet wegen der starken US-Währung bei 32 Prozent. Top-Fonds, dennoch nur für Risikobereite.

db x-tr. Em Liquid Eurobond ETF
Währungsgesichert investiert

Mit dem ETF setzen Anleger auf Staatsanleihen von Schwellenländern, die in Hartwährungen wie Dollar, Pfund oder Euro emittiert wurden. Zudem ist der Fonds währungsgesichert, Anleger bekommen die Wertentwicklung des zugrunde liegenden Index ohne mögliche Währungsgewinne oder -verluste etwa bei Umrechnung von Dollar in Euro. Derzeit hat Russland einen Anteil von rund sieben Prozent, auf die Türkei, Brasilien und Mexiko entfallen je gut zehn Prozent. Seit einem Jahr gab es ein Plus von elf Prozent. ETF nur zur Beimischung für Risikobereite.

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