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Absolute-Return-Fonds: Das gebrochene Versprechen

14.04.16 15:00 Uhr

Absolute-Return-Fonds: Das gebrochene Versprechen | finanzen.net

Die Allwetterfonds verheißen stabile Erträge - egal ob die Kurse an den Börsen steigen oder fallen. Das ist aber kaum einlösbar.

von Andreas Höß, Euro am Sonntag

Nullzinsen auf Konten, negative Renditen bei Bundesanleihen und zuletzt noch ein Crash an den Aktienmärkten: Wer sein Geld vermehren will, hat es im Moment schwer. Da kommt diese Verheißung gerade recht: Sogenannte Absolute-Return-Fonds versprechen, das Kapital von Anlegern zu steigern, ohne zwischenzeitlich größere Verluste zu er­leiden. Taugen diese Allwetterfonds als nahezu ­risikolose Geldanlage, die un­abhängig von der Großwetterlage an den Börsen stetig Gewinne abwirft?



Die vergangenen Monate haben gezeigt: Ein Zinsersatz sind diese Fonds nicht. Viele von ihnen unterliegen den Schwankungen an den Märkten, von denen sie eigentlich abgekoppelt sein wollen. In der turbulenten Zeit zwischen Anfang Juni 2015 und Ende Januar 2016 verloren Absolute-Return-Fonds laut ­einer Analyse der Ratingagentur Feri im Schnitt 3,4 Prozent an Wert. "Das Produktversprechen, stetig und unabhängig vom Marktumfeld absolute Renditen zu erwirtschaften, ist eher Fiktion als Realität", sagt Christian Michel, der die Feri-Analyse geleitet hat.

Versprechen gebrochen, könnte man nun bilanzieren. Doch zu hart sollte man mit den Fonds nicht ins Gericht gehen, räumt auch Michel ein. Denn erstens gebe es wie in jeder anderen Fondskategorie unter Absolute-Return-Fonds gute und schlechte Produkte. Zweitens machten globale Aktienfonds laut Feri-Analyse zwischen Juni 2015 und Januar 2016 im Schnitt fast 13 Prozent und Misch­fonds rund zehn Prozent Verlust. Absolute-Return-Fonds waren also deutlich stabiler. Und drittens versammelt die Kategorie Absolute Return eine Vielzahl von Produkten, die unterschiedlichste Strategien und Ziele verfolgen.


Vor gut zehn Jahren brachten erste Anbieter wie JP Morgan die neuen Vehikel auf den Markt. Anleger hatten zuvor beim Platzen der New-Economy-Blase viel Geld versenkt und waren nun auf der Suche nach Stabilität für ihr Port­folio. Diese sollten die neuen Fonds bieten, die sich zunächst kaum von klassischen Mischfonds unterschieden, die flexibel in Aktien und Anleihen investieren oder in Krisenzeiten Kapital am Geldmarkt parken können. In der Finanzkrise kam die Ernüchterung. Etwa die Hälfte der vermeintlichen Verlustvermeider lag laut einer gemeinsamen Studie der Fondsgesellschaft Lupus alpha und des Analysehauses Lipper zwischen 2007 und 2010 im Minus. Viele von ihnen verschwanden wieder, die Misserfolge dämpften die Nachfrage.

Absolute Return ist wieder gefragt

Zuletzt kehrte das Interesse zurück. Laut Lipper-Daten wuchs das in der Kategorie angelegte Vermögen allein 2015 um 16,6 auf 115,3 Milliarden Euro. Neue rechtliche Rahmenbedingungen hatten den Fonds zuvor ausgeklügeltere Strategien ermöglicht, die früher Hedgefonds vorbehalten gewesen waren. Und sie brachten den massiven Einsatz von Derivaten wie Optionen oder Terminkontrakten, mit denen man auch im großen Stil auf fallende Kurse setzen kann.

Diesen Freiraum nutzen die Manager nun ausgiebig. Der Equity Long/Short Fund von BlackRock wettet beispielsweise gleichzeitig auf steigende und fallende Kurse von Aktien aus bestimmten Branchen oder Ländern. Andere Vehikel wie der JPM Global Macro Opportunities investieren über verschiedene Anlageklassen wie Aktien, Währungen oder Anleihen hinweg in volkswirtschaftliche Trends und nutzen dabei ausgiebig Derivate. Wieder andere wie der SLI Global Absolute Return Strategies oder die Dachfonds von Sauren kombinieren verschiedene dieser Strategien. "Die große Gemeinsamkeit der Fonds ist der Versuch, Risiken zu steuern und dadurch zu begrenzen", sagt Fondsanalyst Christian Michel.


Doch selbst dabei gibt es große Unterschiede. Während etwa der DWS Concept Kaldemorgen eine langfristig gute Wertentwicklung anstrebt, indem er die Verluste bei Börsencrashs im Vergleich zum Aktienmarkt auf ein Drittel beschränken will, peilen andere Produkte auf ein bis drei Jahre gerechnet positive Erträge an, die zwischen ein bis fünf Prozentpunkte über dem Geldmarktzins liegen. Absolute Return ist eben immer das, was das jeweilige Fondsmanagement darunter versteht.

Für manche Fonds wird es nun dennoch fast unmöglich, die selbst gesteckten Ziele zu erreichen. Etwa für den Antecedo Independent Invest, der in jeder Marktphase Gewinne erzielen will, indem er mit Optionen handelt und in kurz laufende Eurostaatsanleihen investiert. Die Minusrenditen bei kurzlaufenden Staatsanleihen treffen den Fonds voll, zudem scheint sich das Management mit Optionen verzockt zu haben. Zwischen Juni und Januar hagelte es 40 Prozent Verlust, der Antecedo ­Independent Invest war damit der schlechteste Absolute-Return-Fonds in der Feri-Statistik. Zum Vergleich: Der Assenagon Alpha Volatility, der aus Börsenschwankungen Profit schlagen will, machte in der gleichen Zeit fast 17 Prozent Gewinn. In den Jahren 2011 bis 2014 lag Letzterer dafür durchweg im Minus.

Kleines Risiko bringt kleine Rendite

Trotzdem müssen Anleger keinen Bogen um diese komplizierte Anlageklasse machen. "Absolute-Return-Fonds haben ihre Daseinsberechtigung als ein relativ stabiler Baustein eines Portfolios", sagt Christian Michel von Feri. Vor allem, da andere klassische defensive Anlageklassen wie Anleihen kaum mehr Gewinne abwerfen. "Man muss nur realistische Erwartungen an die Fonds haben", gibt Michel zu bedenken.

Den naiven Wunsch, hohe Renditen bei null Risiko einzustreichen, sollten Anleger also schnell aus ihren Köpfen verbannen. "Wer solche Erwartungen hat, wird sicher enttäuscht", warnt auch Eckhard Sauren, der zwei Dachfonds managt, die ausschließlich in andere Absolute-Return-Fonds investieren. Die Sauren-Fonds gelten als besonders krisenresistent und schwankungsarm. Der größte Jahresverlust des 2009 aufgelegten Sauren Absolute Return fiel in den vergangenen zwölf Monaten an und lag gerade einmal bei zwei Prozent. Diese Stabilität hat ihren Preis: Denn auch der Gesamtgewinn summierte sich in den vergangenen fünf Jahren auf lediglich zehn Prozent.

Wer mehr will, muss auch mit Absolute-Return-Fonds mehr Risiko eingehen. Der SLI Global Absolute Return erwirtschaftete auf fünf Jahre gerechnet 22 Prozent Gewinn, verlor in den vergangenen zwölf Monaten aber knapp fünf Prozent. Besser geschlagen hat sich in den jüngsten Turbulenzen der JPM Global Macro Opportunities Fund, der auch in fünf Jahren mit 40 Prozent Plus fast alle Konkurrenten hinter sich ließ. Dafür stürzte er zum Beispiel in den Jahren 2011 und 2012 fast zehn Prozent ab. Die Beispiele zeigen: Anleger müssen sich zwischen kleiner Rendite bei geringerem Risiko und höherer Rendite bei größerem Risiko entscheiden.

Investor-Info

Sauren Absolute Return
Dachfonds für die Defensive

Wer einen defensiven Baustein für sein ­Portfolio sucht, kann auf den Sauren Absolut ­Return setzen. Der Dachfonds investiert ausschließlich in andere Absolute-Return-Fonds, die mit unterschiedlichen Strategien möglichst unabhängig vom Marktgeschehen Erträge liefern wollen. Das brachte in den vergangenen Jahren zwar niedrige, aber auch sehr stetige Gewinne. Der Vorteil des Dachfonds: Anleger müssen sich nicht auf eine Strategie oder einen Fonds verlassen.

SLI Gl. Absolute Return Strat.
Platzhirsch im Mittelfeld

Mit 15 Milliarden Euro Volumen ist der GARS genannte Fonds der größte der Kategorie, mit fünf Prozent Minus lag er in den letzten zwölf Monaten aber nur im Mittelfeld. Der Fonds peilt auf Sicht von drei Jahren einen Gesamtertrag von zehn bis 15 Prozent an und verfolgt dabei viele Strategien. Zurzeit setzt er etwa auf Aktien aus Japan und Europa, auf fallende Kurse bei US-Staatsanleihen oder auf einen zum Euro aufwertenden US-Dollar. ­Höhere Rendite, aber auch höheres Risiko.

JPM Global Macro Opport.
Offensive für Mutigere

Mit fünf Prozent Plus zwischen Juni 2015 und Januar 2016 war der JPM-Fonds eines der stabilsten Produkte in der Feri-Analyse. Er spielt Volkswirtschaftsthemen und setzt etwa mit Aktien auf eine Erholung der europäischen Wirtschaft oder mit Devisen- und ­Anleiheinvestments auf globale Zinsunterschiede. Aktien machen derzeit 40 Prozent des Portfolios aus, Devisen 30, Derivate 25 und Anleihen fünf Prozent. Mit 40 Prozent ­Gewinn in fünf Jahren war er renditestärker als der SLI GARS, schwankte aber heftiger.

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