Klaus Kaldemorgen: "Da ist kein Fleisch mehr am Knochen"
Deutschlands bekanntester Fondsmanager Klaus Kaldemorgen über die Chancen der Rekordrally bei Aktien und Renten, seine neuen Favoriten sowie seine Meinung zu Bitcoin.
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von Peter Gewalt und Ralf Ferken, €uro am Sonntag
Schwarzer Montag, Internet-Euphorie, Lehman-Pleite, Rohstoff-Boom, Eurokrise und Trump-Rally - über 35 Jahre ist Klaus Kaldemorgen nun schon im Investmentgeschäft und hat zahlreiche Aufs und Abs der Börsengeschichte mitgemacht. Ein Erfahrungsschatz, den der Geldprofi bei seinen Analysen der aktuellen Finanzmärkte durchaus zu nutzen weiß, wie er im Interview zeigt.
€uro am Sonntag: Herr Kaldemorgen, Sie waren Anfang 2017 etwas pessimistisch, was die Aktienmärkte betrifft. Die Rally ging seither trotzdem weiter, worauf führen Sie das zurück?
Klaus Kaldemorgen: Na ja, so unrecht hatte ich gar nicht, wenn Sie sich den Markt anschauen, der zweigeteilt war. Wer in Value- und Dividendentitel investiert hat, hat nicht so gut abgeschnitten, insbesondere, wenn man die Währungsentwicklung mit berücksichtigt. Wachstumswerte allerdings haben ordentlich zugelegt. Growth hat fünfmal so stark performt wie Value. Es war und ist schon eine sehr ungewöhnliche Entwicklung.
Weshalb?
Ungewöhnlich ist, dass die Kursgewinne ohne jede größere Korrektur in einem Zug erfolgt sind. Wir hatten 2017 nur vier Tage, an denen der S & P um mehr als ein Prozent nachgegeben hat. Und wenn ich das Jahr zusammenfassen muss, war es das Jahr, in dem die virtuelle über die reale Welt triumphiert hat. Das hat man an den Börsenkursen gesehen. Sehen Sie sich Amazon oder General Electric an, schauen Sie sich Bitcoin im Vergleich zu Gold an, immer lag die virtuelle Welt vorn, die reale Welt hinten.
Weshalb geht es denn ohne Rücksetzer so stark nach oben?
Ich habe derzeit das Gefühl, dass Anleger denken, für alle Risiken auf den Märkten gebe es eine Amnestie der Notenbanken. Das Gefühl für Risiko scheint den Anlegern abhandengekommen zu sein. Diese enorme Zuversicht drückt sich etwa in der extrem niedrigen Volatilität der Kurse aus. Die kann auf Dauer nicht Bestand haben.
Ist das eine nachhaltige Entwicklung?
Nichts passiert ohne Grund. Aber wir wissen auch, wenn sich Märkte einem Trend verschrieben haben, führt dies zu Übertreibungen. In dieser Rasanz kann es nicht weitergehen. Ich denke, der Markt hat in der digitalen Revolution ein Potenzial entdeckt, das es in dieser Stärke vielleicht letztlich doch nicht gibt.
Kann man von einem irrationalen Überschwang wie 2000 reden?
Es gibt durchaus Parallelen. Zwar ist bei vielen Unternehmen die Kursentwicklung durch die Gewinnentwicklung gerechtfertigt. Aber ich sehe durchaus Bereiche im Markt, die zu unkritisch gesehen werden.
Wo sehen Sie weitere Probleme?
Bei einigen Unternehmen scheint sich die Meinung durchgesetzt zu haben, dass diese über Wasser gehen können. So wird sich 2018 zeigen, ob Apple etwa das neue iPhone mit erheblichem Aufschlag verkaufen kann, ohne dass dieses einen großen Innovationssprung verspricht. Und man wird sehen, ob sich die Unternehmen im Web nicht gegenseitig so stark Konkurrenz machen, dass sie sich selbst kannibalisieren. Es wird zwar weiterhin Gewinner geben, aber eben auch Marktverlierer, die das Innovationstempo nicht halten können. Da scheint mir der Markt gerade zu wenig zu differenzieren.
Ist der DAX nach der nun schon seit 2009 andauernden Kursrally im Allgemeinen und im Vergleich zu anderen Indizes zu teuer?
Nein. Ich glaube, der Vergleich DAX mit einem anderen Index greift zu kurz. Viel erklärt sich über die Entwicklung der Einzelwerte. Warum ist denn der S & P 500 besser gelaufen als der DAX? Weil wir im DAX mit einer Ausnahme keine Technologieunternehmen haben, im S & P aber viele. Und diese haben den Markt nun mal bestimmt. Schauen Sie sich den französischen CAC 40 an, der wird durch Öl-, Konsum- und Pharmawerte bestimmt. In anderen Indizes in Europa sind mehr Finanzwerte, die eher schlechter abgeschnitten haben. Da sollte man nicht zu viel hineininterpretieren.
Zurzeit häufen sich die positiven Konjunkturnachrichten. Teilen Sie diesen Optimismus?
Ich teile den Optimismus. Wir haben über einen beträchtlichen Zeitraum eine Revision nach oben gesehen. Wir sehen weltweit ein synchronisiertes Wachstum. Ich glaube nicht, dass uns das Wachstum 2018 große Kopfschmerzen bereitet. Natürlich kann es auch exogene Ereignisse geben, die das positive Szenario kippen lassen könnten. Aber es ist eher die Frage, wie die Kapitalmärkte dieses Wachstum verarbeiten. Indem die Kurse - wie schon in den vergangenen sechs Jahren - stärker als die Gewinne wachsen. Das glaube ich nicht, da die positive Entwicklung schon in den Kursen diskontiert ist.
Wie reagieren die Bondmärkte auf das starke Wachstum?
Wie die Anleiheseite auf das starke Wachstum reagiert, lässt mich ratlos zurück, vor allem wenn ich auf die US-Zinskurve schaue. Aber auch die Notenbanken wundern sich. Die Inflationsrate geht trotz Geldschwemme und hohem Wirtschaftswachstum nicht nach oben. Scheinbar funktionieren die traditionellen Modelle, nach denen sich jeder richtet, derzeit wohl nicht besonders gut.
Welche Auswirkungen wird Ihrer Meinung nach die US-Steuerreform auf die Märkte haben?
Dass die Steuerreform kommt, ist keine Überraschung. Der Markt konnte sich daran schon länger abarbeiten. Daher sehe ich keinen positiven Einfluss mehr. Und der Effekt ist nur einmalig und nicht nachhaltig, davon lässt sich der Markt nicht aus der Reserve locken. Eher stellt sich die Frage, wer der Gewinner und wer der Verlierer der Reform ist. Aber dass die Steuerreform den breiten Markt weiter nach oben zieht, glaube ich nicht.
Was erwarten Sie 2018 von den Notenbanken?
In den USA erwarten wir zwei bis drei Zinserhöhungen. Erstaunlicherweise hat das bei den Anleiherenditen am langen Ende nicht durchgeschlagen. Das ist ungewöhnlich angesichts des starken Wirtschaftswachstums. Mir ist nicht klar, was der Markt glaubt, ob sich das Wirtschaftswachstum abflaut oder die Inflationsrate nicht so stark steigt.
Und in Europa?
In Europa werden wir 2018 vermutlich noch keine Zinserhöhung sehen. Wir wären alle froh, wenn es zumindest gegen Ende des Jahres mehr Sicherheit über die Beendigung des Anleihekaufprogramms der EZB geben würde.
Ist die Zinswende die größte Gefahr für das Ende des Bullenmarkts bei Aktien und Anleihen?
Das könnte sein, wenn die Inflationsrate stärker steigt als gedacht. Aber ich könnte mir auch vorstellen, dass dies auch von negativen Überraschungen kommen könnte, die sich aus der Profitabilität der Unternehmen ergeben. Wer hätte denn Anfang 2017 gedacht, dass so eine Ikone wie General Electric fast 50 Prozent im Kurs nachgibt? Das ist eines der am besten analysierten Unternehmen der Welt. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass dies auch Unternehmen passiert, die 2017 sehr weit oben auf der Gewinnerliste standen.
Welche gravierenden Unterschiede gibt es denn in Ihrem Portfolio, wenn man den Zeitraum zwischen Anfang 2017 und heute betrachtet?
Das Portfolio ist etwas ausgewogener, wenn man sich den Investmentstil anschaut. Ich bin inzwischen etwas weniger in defensiven und dividendenstarken Titeln und etwas mehr in Unternehmen mit digitalen Geschäftsmodellen investiert. Die größte Änderung aber ist, dass ich mich sehr stark von High Yields und Unternehmensanleihen verabschiedet habe. Und das aus Überzeugung, weil ich glaube, dass das Renditeniveau nicht mehr das Risiko abdeckt, was in vielen dieser Anleihen steckt. Da ist, fürchte ich, kein Fleisch mehr am Knochen.
Zeichnet sich denn am Markt für High Yields, die als gute Risikoindikatoren gelten, eine Gefahr für die Aktienmärkte ab?
Derzeit merkt man noch nichts davon. Aber dieser Markt ist sehr illiquide. Wenn alle auf einmal zu dieser Tür rauswollen, dann kann es zu Überreaktionen kommen. Ein Risiko, das nur wenige auf dem Schirm haben.
Wo sehen Sie noch Chancen?
Ich würde gern mehr US-Staatsanleihen kaufen. Das Dilemma hier ist aber der US-Dollar. Wir könnten durchaus noch mal einen festeren Dollar sehen, denn die Zinsdifferenz zwischen Europa und den USA hat sich ausgeweitet. Aber es kann auch sein, dass viele Anleger mehr auf politische Risiken in den USA schauen und schon die Zinserhöhungen nach der Draghi-Ära im Auge haben. Das hindert mich daran, das Geld in US-Staatsanleihen zu ordentlichen Renditen zu parken.
Ist Ihr Portfolio jetzt risikoreicher?
Nein, die Volatilität ist im Jahresverlauf eher zurückgegangen, vor allem weil die Volatilität im Gesamtmarkt gesunken ist. Die wesentlichen Risiken liegen im Aktien- und Währungsbestand, davon sind 20 Prozent US-Dollar. Ein wichtiges Merkmal bei meinem Fonds ist, dass zwei hauptamtliche Risikomanager sich ausschließlich mit dem aktuellen Risiko des Fonds beschäftigen. Uns beschäftigt gerade die Frage, ob es nicht doch auch eine Korrelation des Gesamtmarkts zu Bitcoin gibt, wenn diese Blase platzen sollte.
Weshalb?
Nicht etwa, dass eine Verkaufswelle den Aktienmarkt unter Druck bringt. Der Bitcoin-Markt ist viel zu klein dafür. Aber es gibt eine Korrelation mit dem Technologiesektor. Denn es gibt Unternehmen, die extrem vom Bitcoin-Anstieg profitiert haben, da sie die Technologie für die Produktion der Kryptowährung wie etwa Halbleiter geliefert haben.
Vita:
Urgestein der DWS
Klaus Kaldemorgen kam 1982 als Fondsmanager zur DWS. Neun Jahre später wurde er zum Leiter des internationalen Aktienfondsmanagements ernannt, 2003 rückte er als Leiter Aktienfondsmanagement in die Geschäftsführung der DWS auf. 2006 wurde er zum Global Head of Equities sowie zum Sprecher der Geschäftsführung der DWS Investment GmbH ernannt. Von diesen beiden Positionen trat er Ende 2010 zurück. 2011 wagte der heute 64-Jährige mit dem DWS Concept Kaldemorgen, heute Deutsche Concept Kaldemorgen, einen erfolgreichen Neustart.
Der Fonds:
Viele Freiheiten
Klaus Kaldemorgen genießt in seinem gut 7,4 Milliarden Euro schweren Fonds Deutsche Concept Kaldemorgen (ISIN: LU 059 994 689 3) viele Freiheiten. Er kann global in Aktien, Anleihen, Rohstoffe und Cash investieren sowie über Derivate auf steigende und auf fallende Kurse setzen. Risikobegrenzung wird dabei von Kaldemorgen großgeschreiben. Auf Sicht von fünf Jahren fuhr der Multi-Asset-Fonds mit der Euro- FondsNote 2 so rund 40 Prozent an Rendite seit Auflage ein, in den vergangenen zwölf Monaten gab es aber nur ein Plus von knapp einem Prozent.
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