Nachhaltigkeit hat Bestand
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Mit Zielen wie den Sustainable Development Goals (SDGs) oder Kriterien wie dem ESG-Ansatz versucht die Politik derzeit, die Unternehmen auf mehr Nachhaltigkeit zu verpflichten. Insbesondere die Finanzindustrie soll als Hebel für die umfassende Transformation hin zu einer nachhaltigen Zukunft fungieren. Was aber bringt eine Systematik wie ESG dem Immobilienbestand?
Die Wahrnehmung, dass globale Ausnahmesituationen in immer kürzeren Abständen auftreten, hat durch die Coronapandemie neue Nahrung erhalten. Und angesichts von Finanzkrise, Flüchtlingsbewegungen und vor allem der Klimakatastrophe - aber auch aufgrund des drohenden Biodiversitätskollaps oder des bedenklichen Zustands der Weltmeere - sprechen manche schon von einem Zeitalter der multiplen Krisen.
Seit einigen Jahren gehen Politik und Wirtschaft die Ursachen dieser Entwicklungen entschlossener an. Mit dem Pariser Klimaabkommen von 2015 hat die Menschheit den wohl wichtigsten Meilenstein definiert: das Ziel, die Erderwärmung auf maximal 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Der Green New Deal der Europäischen Union legte dafür im Jahr 2019 mit dem "grünen Wachstum" das Mittel der Wahl fest. Und die globalen SDGs dienen als Leitziele und Grundlage für alle weiterführenden regulatorischen Steuerungsinstrumente.
Auf diesem Weg benötigen die Akteure nun verlässliche Orientierungsmaßstäbe. Mit dem ESG-Ansatz hat ein dafür notwendiges Evaluierungssystem innerhalb kurzer Zeit stark an Bedeutung gewonnen. Doch was verbirgt sich hinter den drei Buchstaben "ESG" - und wie betreffen diese Bestandsimmobilien?
Umwelt- und Sozialaspekte nicht mehr externalisieren
ESG steht für "Environmental, Social, Governance". Die drei Begriffe bezeichnen eine Wirtschaftspraxis, die neben dem ökonomischen Erfolg Verbesserungen in den Bereichen Umwelt (Environmental), Soziales (Social) sowie Unternehmensführung (Governance) anstrebt. Sinngemäß übersetzt bedeutet ESG "umweltbewusste, sozial-verantwortliche (Unternehmens-) Führung". Der ESG-Ansatz umfasst ein System von Indikatoren und Offenlegungen, mit denen sich Fortschritte in diesen drei Bereichen messen lassen. Ziel ist es, E, S und G als Felder für Zukunftsrisiken zu bewerten.
ESG ist in Zusammenhang mit weiteren Nachhaltigkeitssystemen zu sehen: Die sogenannte EU-Taxonomie beispielsweise dient als Kriterienkatalog zur Nachhaltigkeit mit einer direkten Umsetzung des Bausteins "E" in ESG. Die Sustainable Development Goals (SDGs) der UN dagegen definieren politische Ziele in ganz unterschiedlichen Bereichen. Darunter fallen etwa eine Verbesserung der Bildung oder nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster.
Welche Chancen ESG dem Bestand bietet
Was macht den ESG-Ansatz für Bestandsimmobilien interessant? Bestandsimmobilien sind für rund 40 Prozent der globalen CO2-Emissionen verantwortlich. Mit einer jährlichen Renovierungsrate von unter einem Prozent dauert es 100 Jahre, bis der Gebäudebestand in Deutschland fit gemacht ist. Doch diese Zeit haben wir nicht mehr - die Ziele müssen in den nächsten 30 Jahren erreicht werden. Das bedeutet aber auch, dass mit Bestandsimmobilien ein großer Hebel vorliegt, um die Klimaschutzziele doch noch zu erreichen. Und das spiegelt sich letztlich auch in der weiteren Wertentwicklung einer Immobilie. Insofern liegt mit der ESG-Evaluierung ein wirksames "Scharnier" vor, das technisch-wirtschaftliche Maßnahmen und messbare ökologische Effekte koppelt und diesen Konnex nachvollziehbar ausweist.
Zur Erinnerung: Die von staatlicher und europäischer Seite verbindlich vorgegebenen CO2-Reduktionsziele für die einzelnen Wirtschaftszweige werden immer sportlicher. Die Immobilienbranche steht dabei unter besonderer Beobachtung, ist sie doch neben dem Mobilitätssektor einer der größten Emittenten des Treibhausgases.
Vor dieser Eskalation bieten ESG und die EU-Taxonomie die Möglichkeit, etwas Gutes für eine nachhaltige Zukunft zu schaffen und gleichzeitig wirtschaftliche Nachteile wie Kostensteigerungen zu vermeiden. Dem Horrorszenario eines "Stranded Assets" wird ein wirksamer Riegel vorgeschoben.
Mehrwert bereits heute erkennbar
Regularien wie ESG schaffen Transparenz - nicht nur für die Zukunft einer Immobilie oder eines Portfolios. Bereits deren Istzustand lässt sich damit durchleuchten. Dies ist eine wichtige Voraussetzung für krisensichere Entscheidungen, etwa im Rahmen von Ankaufsprüfungen. Darüber hinaus gelangen Akteure dadurch zu einer erheblich günstigeren Refinanzierung von Assets. Denn es ist davon auszugehen, dass Banken und Versicherungen ihr Augenmerk neben den ökonomischen Kernkriterien künftig verstärkt auf Faktoren wie Ökologie oder Soziales legen. Zu letzterer Kategorie zählen bei Bestandsgebäuden Fragen rund um die Steigerung und das Offenlegen der Nutzerqualität. Mithin geht es um Aspekte wie Produktivität, Wohlbefinden, Komfort, Anbindung, Mobilität etc.
Für die Immobilienbranche zeigt sich damit mehr und mehr, dass es jetzt gilt, die Gunst der Stunde zu nutzen. Denn vor dem Hintergrund der "multiplen Krisen" steht gegenwärtig ein Zeitfenster auf, in dem sich nicht nur der Klimawandel (und andere Herausforderungen) noch wirksam bekämpfen lässt. Gleichzeitig bietet sich momentan die Chance, sich für den Markt der Zukunft optimal in Stellung zu bringen. ESG stellt dafür sowohl für Finanzmarktteilnehmer wie auch für Player in den "klassischen" Branchen belastbare und transparente Kriterien bereit - gerade bei Bestandsimmobilien.
Über die Autoren:
Maximilian Riede ist seit 2020 bei Drees & Sommer und verantwortet vom Stuttgarter Standort aus das Thema Sustainability & ESG für die gesamte Drees & Sommer SE. Als promovierter Geograph und international versierter Berater ist er Ansprechpartner für alle Fragen, um das Potential von Unternehmen hinsichtlich Nachhaltigkeit auszuschöpfen. Eines seiner wesentlichen Themen ist die Entwicklung und Umsetzung von Transformationsstrategien von Unternehmen in zukunftsfähige, nachhaltige Assets. Im Fokus steht dabei die Verbindung der Wirtschaftlichkeit mit den Anforderungen der Nachhaltigkeit. Darüber hinaus leitet er das Blue City Team Stuttgart, das sich unter anderem mit den Herausforderungen des Klimawandels auf Quartiers- und Stadtebene beschäftigt.
Claudio Tschätsch (M.Sc., LEED® AP BD+C) leitet bei Drees & Sommer als Kompetenzverantwortlicher des Bereichs Energy & Sustainability die Nachhaltigkeitsberatungen zu Sustainable Finance, ESG und Green Building. Mit innovativen Leistungen und Strategieberatungen zur Nachhaltigkeit begleitet er seit 2016 für Drees & Sommer Kunden aus Deutschland und Europa.
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Als führendes europäisches Beratungs-, Planungs- und Projektmanagementunternehmen begleitet Drees & Sommer private und öffentliche Bauherren sowie Investoren seit 50 Jahren in allen Fragen rund um Immobilien und Infrastruktur – analog und digital. Durch zukunftsweisende Beratung bietet das Unternehmen Lösungen für erfolgreiche Gebäude, renditestarke Portfolios, leistungsfähige Infrastruktur und lebenswerte Städte an. In interdisziplinären Teams unterstützen die rund 4.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an weltweit 46 Standorten Auftraggeber unterschiedlichster Branchen. Alle Leistungen erbringt das partnergeführte Unternehmen unter der Prämisse, Ökonomie und Ökologie zu vereinen. Diese ganzheitliche Herangehensweise heißt bei Drees & Sommer „the blue way“.
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Bildquellen: Drees&Sommer, Drees&Sommer