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KfW-Förderung - was nun?

30.06.22 16:02 Uhr

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KfW-Förderung - was nun? | finanzen.net

Auf die Plätze, fertig, los: Der Run der Investoren auf die KfW-40-Fördertöpfe am 20. April glich einem regelrechten Wettrennen. Ins Ziel kamen vor allem diverse Großprojekte, die innerhalb weniger Stunden angemeldet wurden.

Private Häuslebauer gingen in den meisten Fällen leer aus - und auch institutionellen Investoren wurde zu wenig Kapital bereitgestellt. Doch dass die Fördertöpfe schnell aufgebraucht sein würden, war wohl den allermeisten im Vorfeld klar. Mit einer Fördersumme von einer Milliarde Euro kann im Hinblick auf eine nachhaltige Zukunft und damit einen klimaneutralen Gebäudebestand auf jeden Fall kein entscheidender Mehrwert erreicht werden - eine fortschrittliche Politik sieht also anders aus.

Dennoch gibt es zunächst einmal eine gute Nachricht, die in dem großen Medienaufruhr oft untergegangen ist: Das vorzeitige Ende der ersten Förderungsstufe bedeutet nicht das Ende des gesamten KfW-40-Förderungsmodells - seit April greift bereits die zweite Stufe. Das bedeutet allerdings nicht, dass es für Projektentwickler und Investoren einfacher wird - im Gegenteil. Mit der Einführung der zweiten Stufe wurden die Förderbedingungen nochmals verschärft. So werden ab sofort nur noch Gebäude gefördert, die mit dem Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude (QNG) ausgezeichnet wurden - und die Anforderungen nehmen weiter zu: Mit der dritten Stufe ab 2023 müssen Entwickler und Investoren noch stärker auf die Ökobilanzierung ihrer Neubauprojekte Acht geben. Gleichzeitig wird der Mindeststandard für die energetische Gebäudequalität mit der Anpassung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) weiter angehoben. Damit werden auch Anforderungen an die KfW-Förderung nochmal strenger.

Es ist also deutlich spürbar: Das große Net-Zero-Ziel 2050 rückt näher - es wird ernst. Dazu kommt, dass das nachhaltige Bauen nicht nur immer anspruchsvoller, sondern vor allem auch teurer wird - Förderungen sind also in den meisten Fällen unbedingt notwendig. Was bedeutet das nun für die Branche?

Auf dem Weg zum QNG - die letzten zehn Prozent sind entscheidend

Die zunehmenden Anforderungen lösen vor allem Zeitdruck bei den betroffenen Akteuren aus. Denn zum einen werden die Förderungsbedingungen in rasantem Tempo verschärft. Dazu sind die Gelder, wie wir im April sehen konnten, innerhalb kürzester Zeit aufgebraucht. Zum anderen ist ein enormer Ansturm auf diejenigen Dienstleister zu beobachten, welche die entsprechenden Qualitätssiegel ausstellen und geplante Projekte dahingehend prüfen - die Wartelisten sind dementsprechend lang. Wie sich Investoren und Projektentwickler also in dieser Situation zu verhalten haben, ist pauschal nicht zu beantworten - nicht alle Entwicklungsprojekte können über einen Kamm geschoren werden. Doch grundsätzlich lassen sich diese in zwei "Lager" einteilen.

Auf der einen Seite gibt es Projekte, bei denen diverse Nachhaltigkeitsstandards bereits in der ursprünglichen Konzepterstellung und Planung berücksichtigt und entsprechende Gütesiegel wie das DGNB-Zertifikat in Gold oder sogar Platin angestrebt wurden. Diese Projekte sind auf dem besten Weg, um auch nach der ersten Stufe des Modells von den Fördertöpfen profitieren zu können - doch Achtung: Auch hier sind erst 90 Prozent des Wegs geschafft. Zwar muss keine direkte Umplanung des Konzepts stattfinden, allerdings ist eine DGNB- beziehungsweise BNB-Zertifizierung lediglich eine Grundvoraussetzung für die weiteren Stufen des Förderungsmodells. Wie bereits eingangs beschrieben, muss das QNG- her.

In diesem Fall ist eine Prüfung auf QNG-Konformität unbedingt notwendig, um auch die letzten zehn Prozent auf dem Weg zum QNG zu erfüllen. Dabei ist die CO2-Bilanz nicht nur bei der Errichtung sowie dem Betrieb ausschlaggebend, sondern es geht besonders um den Rückbau des Gebäudes.

Mit Pre-Check-ups und zukunftsorientierten Planungen schnell reagieren

Auf der anderen Seite gibt es Projekte, bei denen in der Planung keine entsprechenden Zertifizierungen angestrebt wurden. Wenn dahingehend noch keine weiteren Maßnahmen eingeleitet wurden, sollten die betroffenen Akteure dringend handeln und schnellstmöglich einen entsprechenden DGNB-Pre-Check durchführen lassen beziehungsweise diesen terminieren. Denn die Auditoren kommen mit der Masse an Prüfungen kaum noch hinterher.

Noch komplizierter wird es jedoch für die Projektentwickler und Investoren, die sich außerhalb des Wohn-, Bildungsbau- oder Bürosegments bewegen. Denn am Markt sind bisher noch keine QNG-Zertifikate für die übrigen Assetklassen verfügbar. Zwar ist die Planung bereits am Laufen, die Frage "Wann?" bleibt bisher jedoch unbeantwortet. Betroffene Akteure sind angesichts der sich ständig ändernden Förderungsbestimmungen deshalb unsicher, wie weit eine Planung überhaupt sinnvoll ist, um am Ende hohe Kosten zu vermeiden. Mit großer Wahrscheinlichkeit werden sogenannte finanzielle Nachhaltigkeitspuffer zukünftig unumgänglich. Diese sollten möglichst früh in der Projektplanung eingerechnet werden - ratsam ist oftmals auch eine externe Unterstützung.

Wer nicht weiterdenkt, wird auf der Strecke bleiben

Panik ist dennoch unbegründet, denn bis das große Ziel einer klimaneutralen Zukunft erreicht ist, muss es immer eine gewisse Art der Förderung geben - perspektivisch also auch für jedes Segment. Allerdings ist schon jetzt eine vorausschauende Planung unumgänglich. Dazu zählt auch, über die bisher festgelegten Förderstandards hinwegzudenken und nachhaltige Konzepte immer mehr zu integrieren. Dazu gehören beispielsweise Cradle-to-Cradle-Konzepte, welche die Trennbarkeit von Materialien voraussetzen - ein entsprechender Pre-Check-up in diese Richtung kann schon jetzt durchaus ratsam sein. Denn wer sich zukunftsorientiert aufstellen möchte und von Förderungen kurz- und mittelfristig profitieren will, muss vorausschauend planen. Alle anderen werden eher früher als später auf der Strecke bleiben.

Über den Autor:

Dr.-Ing. Georg Hellinger ist Senior Planungsleiter bei der Drees & Sommer SE.

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