Denken in Kreisläufen
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In Deutschland werden jährlich weit mehr Ressourcen verbraucht, als auf unserer Erde vorhanden sind. Rein rechnerisch wären drei Erden notwendig, wenn alle Menschen weltweit einen so hohen Ressourcenverbrauch hätten.
Bereits seit dem 4. Mai hat Deutschland seinen natürlichen Bestand an Rohstoffen erschöpft und lebt seitdem ökologisch gesehen auf Kredit. Seit 1962 berechnet das Global Footprint Network den sogenannten Earth Overshoot Day auf Grundlage unseres ökologischen Fußabdruckes. Jahr für Jahr schiebt sich dieses Datum im Kalender immer weiter nach vorne, mit katastrophalen Folgen. Es kommt zu Bodenerosionen, Entwaldung und einem zusätzlichen CO2-Anstieg, wodurch der Klimawandel mit schweren Dürren, Waldbränden oder Starkregen vorangetrieben wird.
Das Ende der ökonomischen Einbahnstraße
Der sogenannte Materialkreislauf unserer Industriegesellschaft ist bislang als Einbahnstraße ausgelegt. Metalle, Brennstoffe, Holz, Mineralien: Rohstoffe werden abgebaut, verarbeitet, verkauft, benutzt und schließlich entsorgt. Zwar wird ein Teil davon recycelt. Auf der Strecke bleibt dabei meist jedoch die Qualität. Bei Altpapier zeigt schon allein die Papierfarbe, dass durch Druckrückstände nicht die gleiche Qualität erreicht werden kann wie vor der Verwertung. Gleiches gilt für Altkleider, die zu Putzlappen verarbeitet oder zu Dämmmaterial für die Autoindustrie geschreddert werden. In der Abfallwirtschaft spricht man deshalb von Downcycling und vom Cradle to Grave-Prinzip. Produkte landen also ganz am Ende ihrer Nutzung auf dem Müll.
Im Gegensatz dazu steht das Cradle to Cradle-Prinzip, das der Ökopionier und Chemiker Michael Braungart gemeinsam mit dem amerikanischen Architekten William McDonough entwickelte. Cradle to Cradle, zu Deutsch "von der Wiege zur Wiege", orientiert sich dabei an der Natur. Biologische Kreisläufe lassen keinen unverwertbaren Abfall zurück, sondern dienen als Nährstoffe. In einer echten Kreislaufwirtschaft sind demnach Kleidung, Verpackung, Möbel und sogar ganze Häuser so konzipiert, dass sie am Ende ihrer Nutzungsdauer in vollwertige neue Produkte übergehen können.
Kreislaufwirtschaft zahlt sich aus
Das Prinzip funktioniert über zwei Kreisläufe: einem biologischen und einem technischen Kreislauf. Grundvoraussetzung ist, dass sämtliche Ausgangsprodukte schadstofffrei, chemisch unbedenklich und sortenrein trennbar sind. Verbrauchsgüter wie Naturfasern, Kosmetikprodukte, Waschmittel oder Shampoo lassen sich beispielsweise so konzipieren, dass sie in biologische Nährstoffe zersetzt werden können. Diese Substanzen bilden somit die Basis für neue Produkte. Was nicht biologisch abbaubar ist, kommt in den technischen Kreislauf. Dazu zählen Gebrauchsgüter wie Fernsehgeräte, Möbel oder Autos. Sie werden in sogenannte technische Nährstoffe zerlegt. Die Einzelteile werden wiederaufbereitet und finden ein zweites Leben in fabrikneuen Gebrauchsgütern.
Die konsequente Ausrichtung auf Kreislaufwirtschaft ist aber nicht nur eine ökologische Notwendigkeit. Um an Rohstoffe zu gelangen, müssten Unternehmen ihre Produkte wieder zurücknehmen. Möglich ist dies unter anderem durch ein Pfandsystem oder aber durch die Vermietung beziehungsweise das Leasing von Produkten. Damit ist Cradle to Cradle ein vielversprechendes Geschäftsmodell: Unternehmensberater von Accenture etwa haben errechnet, dass eine weltweite Kreislaufökonomie über alle Branchen hinweg bis zum Jahr 2030 ein Umsatzvolumen von 4,5 Billionen US Dollar erzielen könnte. Flankiert wird die Wandlung zur Kreislaufwirtschaft auch durch den Gesetzgeber. So hat die Europäische Kommission bereits im Jahr 2018 ein "Circular Economy Package" verabschiedet, um die Kreislaufwirtschaft besser in der Industrie zu verankern. Das Maßnahmenbündel umfasst unter anderem Richtlinien zu Plastikverpackungen, die bis 2030 recycelbar werden sollen.
C2C Produkte sind gut für die Gesundheit
Immer mehr Hersteller - von Büroartikeln über Waschmittel bis zu Kinderspielzeug, Möbeln und Baumaterialien - setzen auf die Denkschule nach Cradle to Cradle. Und für Verbraucher wird durch diese Auseinandersetzung oft erst ersichtlich, wie schädlich manch konventionelles Produkt ist. Ein typisches Beispiel dafür sind Umweltgifte in Teppichen, Wandfarben oder Fliesenkleber. Erkannt werden sie in den seltensten Fällen. Denn oftmals werden Symptome wie Kopfschmerzen, tränende Augen und Halskratzen als Vorboten einer Erkältung gesehen. Da immer mehr Menschen bis zu 90 Prozent ihrer Zeit in geschlossenen Räumen verbringen, empfiehlt es sich, sowohl bei der Gebäudehülle - also Wänden, Böden, Decken, Fenstern und Türen ¬- als auch beim Innenausbau auf Materialgesundheit zu achten. Derzeit gibt es schon tausende zertifizierte Cradle to Cradle-Produkte - darunter Bodenbeläge, Fassadensysteme und Möbel, die komplett schadstofffrei, gesundheitlich unbedenklich und emissionsarm sind.
Für eine Erde frei von Müll
In Zeiten, in denen Städte Klimanotstände ausrufen und Bewegungen wie "Fridays for Future" für mehr Umweltschutz kämpfen, vergeht kein Tag, an dem nicht über die Folgen unseres Wirtschaftens berichtet und diskutiert wird. Zusammen stecken wir in einem ökologischen Schneeballsystem fest. Wir benutzen die Ressourcen der Zukunft, um für die Gegenwart zu bezahlen. Nicht zuletzt auch durch den Druck der Verbraucher steigt die Nachfrage nach kreislauffähigen Produktlinien und Geschäftsmodellen. Ressourcenschonung, regenerative Energien oder ein kleinerer CO2-Footprint sind sinnvoll - in Relation zu den immensen ökologischen Herausforderungen aber nur Zwischenschritte auf dem langen Weg in Richtung kreislauffähiger Wirtschaft. Wollen wir also, dass unser Planet nicht mehr an einem dünnen grünen Faden hängt, müssen ökologische Einbahnstraßen Kreisverkehren weichen.
Über die Autoren:
Dr. Jan Christoph von der Lancken und Marcel Özer sind Cradle to Cradle-Spezialisten bei der EPEA GmbH - Part of Drees & Sommer. Das EPEA-Wissenschaftsteam verfügt über umfangreiches Fachwissen zu Materialzusammensetzung, Chemikalien und Kreislaufschließung und begleitet Kunden bei C2C-Zertifizierungen. Das Know-how wird für die Optimierung von Materialgesundheit und Kreislauffähigkeit von Produkten und Prozessen eingesetzt.
Drees & Sommer: Innovativer Partner für Beraten, Planen, Bauen und Betreiben.
Als führendes europäisches Beratungs-, Planungs- und Projektmanagementunternehmen begleitet Drees & Sommer private und öffentliche Bauherren sowie Investoren seit 50 Jahren in allen Fragen rund um Immobilien und Infrastruktur – analog und digital. Durch zukunftsweisende Beratung bietet das Unternehmen Lösungen für erfolgreiche Gebäude, renditestarke Portfolios, leistungsfähige Infrastruktur und lebenswerte Städte an. In interdisziplinären Teams unterstützen die rund 4.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an weltweit 46 Standorten Auftraggeber unterschiedlichster Branchen. Alle Leistungen erbringt das partnergeführte Unternehmen unter der Prämisse, Ökonomie und Ökologie zu vereinen. Diese ganzheitliche Herangehensweise heißt bei Drees & Sommer „the blue way“.
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Bildquellen: Drees&Sommer, Drees&Sommer