Strategie: Europas billigste Aktienmärkte
Der Krisenkontinent hat die Rezession hinter sich gelassen. Das könnte der Startschuss zu einer Aufholjagd europäischer Aktien sein. Wo die Chancen liegen, welche Risiken es gibt.
Werte in diesem Artikel
von Sven Parplies, Euro am Sonntag
Mad Money“. Der Name der Show ist Programm. Wenn Jim Cramer im amerikanischen Fernsehen das aktuelle Börsengeschehen kommentiert, wird es meist verrückt. „Wie viele Unternehmen müssen eigentlich sagen, dass Europa den Boden erreicht hat oder sich sogar bereits erholt, bis die Leute realisieren, dass diese unglaubliche, magische Wende tatsächlich passiert?“, ruft Cramer mit fuchtelnden Armen und aufgerissenen Aufgaben in die Kamera.
Richtig in Fahrt gekommen läuft der Börsenprediger um seinen Schreibtisch, drückt mit beiden Fäusten energisch auf zwei der roten Knöpfe an einem Stehpult. Aus den Lautsprechern dröhnt daraufhin ein mit Jubel unterlegtes „Hal-le-luja!“
Die Wende in Europa — sie ist real und könnte eine große Sache werden. So lautet Cramers Botschaft. Als Beleg verweist der ehemalige Hedgefondsmanager auf Kommentare von General Electric, Honeywell oder auch Manpower, die sich bei der Vorlage ihrer jüngsten Quartalsergebnisse positiv zur Geschäftsentwicklung in Europa äußerten.
Cramer gilt unter Börsenprofis nicht wirklich als verlässliche Quelle für Aktienempfehlungen. Einen Monat nach seinem Europa-Aufruf aber zeigen harte ökonomische Daten, dass sich der Krisenkontinent tatsächlich stabilisiert: Die Wirtschaft der Eurozone ist nach offiziellen Daten im zweiten Quartal aus der Rezession ausgebrochen.
Bestätigt wird das Aufbruchssignal durch den Einkaufsmanagerindex für den Euroraum. Dieser Konjunkturindikator basiert auf der Befragung von 4.000 Unternehmen und wird an der Börse stark beachtet. Im August ist der Index jetzt zum zweiten Mal gestiegen und liegt erneut über 50 Punkten. Werte über dieser Marke zeigen an, dass die Wirtschaft wächst. Der August-Wert ist der beste seit über zwei Jahren.
Aufschwung mit Stolperfalle
Im Detail gibt es noch immer viele Einschränkungen: Bei einem Wachstum der Eurozone von 0,3 Prozent im zweiten Quartal kann man noch nicht von einem wirklichen Aufschwung sprechen. Der Einkaufsmanagerindex zeigt im Detail ein differenziertes Bild: Ausgerechnet für Frankreich — die nach Deutschland wichtigste Wirtschaftsmacht des Kontinents — ging der Index zurück.
Zudem ist die Arbeitslosigkeit vor allem in Südeuropa noch immer bedrückend hoch. Nicht zu vergessen die desaströse Finanzlage vieler Staaten. Wolfgang Schäuble, der deutsche Finanzminister, hat bereits ein neues Hilfsprogramm für Griechenland angedeutet. Sollte es tatsächlich dazu kommen, könnte das neue Turbulenzen auslösen.
Dennoch: Der Negativtrend ist vorerst gestoppt. Der Wachstumsimpuls im zweiten Quartal ist nicht nur Deutschland zu verdanken: „Das Nord-Süd-Gefälle hat sich weiter verringert. Im zweiten Halbjahr dürfte der Wachstumskurs geografisch an Breite gewinnen.“ Das erwarten die Volkswirte von Allianz Global Investors, allerdings mit der Einschränkung, dass das Wachstum der Eurozone „moderat“ ausfallen werde.
Aktienmärkte sind extrem sprunghaft, aber auch bekannt dafür, dass sie große makroökonomische Trends früh vorwegnehmen. Auffallend: Seit Anfang Juli hat sich der europäische Euro Stoxx 50 mit den größten Unternehmen der Eurozone spürbar besser entwickelt als der amerikanische Dow Jones Industrial. „Das Interesse internationaler Investoren an europäischen Aktien nimmt zu.“ Das beobachtet die Investmentbank Morgan Stanley.
Mit der Eskalation der europäischen Staatsschuldenkrise vor fünf Jahren hatten sich viele Investoren von Europa verabschiedet. Insbesondere die Amerikaner setzen in stürmischen Zeiten auf heimische Unternehmen. Nicht nur aus Patriotismus — die Schwergewichte der US-Wirtschaft sind deutlich größer als europäische Konkurrenten und damit krisenfester.
Auch die politischen Strukturen sprachen lange für Amerika: Während sich in der Eurozone 17 Nationalstaaten mit oft gegenläufigen Interessen zu mühevollen Kompromissen durchringen müssen, konnten in den USA Bundesregierung und Notenbank das Wirtschaftssystem schnell und unbürokratisch stützen.
Seit März 2009, als die Weltbörsen nach dem Lehman-Crash ihren Tiefpunkt erreicht hatten, entwickelten sich die großen amerikanischen Aktienindizes deshalb zunächst deutlich besser als die europäischen. Der Dow Jones legte bis Juli dieses Jahres knapp 160 Prozent zu. Der Euro Stoxx kam im selben Zeitraum lediglich auf ein Plus von 90 Prozent. Auch die Bewertungsverhältnisse sind auseinandergedriftet. Besonders deutlich ist das am sogenannten Shiller-KGV abzulesen. Diese vom Wirtschaftsprofessor Robert Shiller entwickelte Version des Kurs-Gewinn-Verhältnisses berechnet sich nicht aus den für die Zukunft erwarteten Gewinnen, sondern aus dem Schnitt der in den vergangenen zehn Jahren wirklich erreichten Gewinne. Der Vorteil dieser Methode: Man stützt sich auf verlässliche Daten und einen langen Zeitraum mit kompletten Konjunkturzyklen.
Auf Basis dieses Shiller-KGV sind europäische Aktien im Vergleich zu US-Titeln so niedrig bewertet wie seit 30 Jahren nicht mehr, hat Morgan Stanley errechnet.
Historische Extreme
Eine niedrige Bewertung allein ist allerdings noch kein Grund, dass die Kurse steigen. Schließlich gibt es Extremsituationen, die deutliche Abschläge rechtfertigen. „Entscheidend für die Aktienmärkte ist die Frage, ob sich die wirtschaftliche Lage Europas verbessert“, erklärt Britta Weidenbach, Europa-Fondsmanagerin der DWS. Genau an dieser Stelle kommen die jüngsten Konjunkturdaten ins Spiel.
Sollten die positiven Signale tatsächlich in einen nachhaltigen Trend übergehen, dürften europäische Unternehmen der amerikanischen Konkurrenz die Show stellen: „In den USA bewegen sich die Unternehmensgewinne nahe der historischen Höchststände — in Europa sind wir rund 40 Prozent davon entfernt“, erklärt Fondsmanagerin Weidenbach.
Für Anleger gibt es mehrere Wege, um auf ein Comeback des Krisenkontinents zu setzen. Unter den deutschen Unternehmen dürften vor allem die Exporteure profitieren. Morgan Stanley hat unter anderem die Aktien von Volkswagen, Continental und Siemens als aussichtsreiche Kandidaten identifiziert.
Über Fonds können Anleger gezielt in einzelne Länder und Regionen investieren (siehe Investor-Info). Die Fondsgesellschaft StarCapital hat für €uro am Sonntag die einzelnen Märkte genauer unter die Lupe genommen. Die Daten zeigen, dass vor allem Italien mit einem starken Abschlag bewertet ist: Der Markt dort notiert unter Buchwert. Das Shiller-KGV des Stiefelstaats ist ebenfalls niedriger als bei anderen Länderindizes und auch im historischen Vergleich attraktiv. „Wir sehen aktuell nicht nur eine extreme Unterbewertung, sondern auch ein aufkommendes Preis-Momentum“, erklärt Norbert Keimling von StarCapital die Daten zu Italien.
Jim Cramer wäre auch das vermutlich ein „Hal-le-luja!“ wert.
Investor-Info
Euro Stoxx 50
50-mal Europa
Der Euro Stoxx 50 bildet die größten Unternehmen der Eurozone ab. Frankreich ist vor Deutschland am stärksten gewichtet. Sollte sich der Aufschwung Europas verfestigen, dürfte der Index besser laufen als der deutsche DAX. Anleger können den Euro Stoxx 50 kostengünstig über börsennotierte Indexfonds abdecken. Bei dem Produkt von Comstage (ISIN: LU 037 843 407 9) werden Dividenden sofort wieder investiert. Ebenfalls den Euro Stoxx 50 bildet der ETF von iShares (DE 000 593 395 6) ab, schüttet Erträge aber regelmäßig an die Investoren aus.
Banken-ETF
Auf Branchen setzen
Trotz Schuldenkrise haben sich viele europäische Aktien in den vergangenen Jahren gut entwickelt. Die Nahrungsmittelhersteller beispielsweise waren wegen ihres krisenfesten Geschäftsmodells gefragt. Morgan Stanley hat ganz genau nachgerechnet: Die Branchen Versorger, Versicherer, Banken, Energie und Auto sind in Europa im Vergleich zur US-Konkurrenz unterbewertet. Wer speziell auf diese Branchen setzen will, kann das über ETFs. In Banken aus ganz Europa investiert beispielsweise ein ETF von db X-trackers (LU 029 210 365 1).
Allianz Wachstum Euroland
Erfolgreicher Stock-Picker
In ein breites Portfolio aus Aktien des europäischen Währungsraums investiert der Fonds der Allianz. Rund zwei Drittel des Portfolios machten zuletzt Papiere aus Frankreich und Deutschland aus. Unter den kleineren Ländern der Eurozone waren Spanien und die Niederlande am stärksten gewichtet. Größte Einzelposition waren die deutsche SAP und Inditex aus Spanien. Erträge werden regelmäßig an die Investoren ausgeschüttet. Über die vergangenen fünf Jahre hat der Fonds den Euro Stoxx 50 klar geschlagen und sich die FondsNote 1 verdient.
Südeuropa-Fonds
Italien und Spanien
Auf italienische Aktien setzt der AXA Framlington Italy (LU 008 765 669 9). Größte Positionen waren zuletzt der Autohersteller Fiat und der Ölkonzern Eni. Der Fonds hat die FondsNote 1. In Aktien aus Spanien und Portugal investiert Fidelity mit seinem Iberia (LU 004 858 107 7). Größte Positionen waren zuletzt die Banken Santander und Bilbao. Der Fonds hat den Euro Stoxx zuletzt ebenfalls abgehängt.
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Name | Hebel | KO | Emittent |
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