Immobilien: Streit ums Betongold
Die Anlagegattung Offene Immofonds soll strenger reguliert und damit sicherer werden. Die Anbieter wehren sich mit allen Mitteln.
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von Andreas Hohenadl, Euro am Sonntag
Das Ziel ist wünschenswert: zukünftige Finanzkrisen verhindern. Doch an der Frage des richtigen Weges dorthin erhitzen sich die Gemüter. AIFM — das sperrige Kürzel steht für eine EU-Richtlinie, die in nationales Recht umgesetzt werden muss. Die „Alternative Investment Fund Manager Directive“ sieht eine Regulierung der Verwalter alternativer Investmentfonds vor. In diese Anlagegattung fallen neben Hedgefonds auch Offene Immobilienfonds.
Am Mittwoch fand vor dem Finanzausschuss des Bundestags eine Anhörung zum AIFM-Umsetzungsgesetz statt, das bis zum 23. Juli in Kraft treten muss. Branchenverbände und Kreditwirtschaft nahmen die geplanten Neuregelungen noch einmal ins Kreuzfeuer. Sie stören sich vor allem an den Haltefristen. Dadurch würden Offene Immobilienfonds für Privatanleger erheblich an Attraktivität einbüßen.
Denn nach dem Willen der Bundesregierung soll die Rückgabe von Anteilen auf nur noch einen einzigen Tag im Jahr beschränkt werden. Außerdem sollen die Anbieter nicht mehr börsentäglich, sondern nur noch viermal im Jahr neue Anteile ausgeben dürfen. Zudem sollen Freibeträge abgeschafft und eine verpflichtende Kündigungsfrist von zwölf Monaten eingeführt werden.
Bereits seit Anfang 2013 gilt für Neuanleger in Offene Immofonds eine Mindesthaltedauer von 24 Monaten. Eine Rückgabe von Anteilen in dieser Zeit ist nur im Rahmen des halbjährlichen Freibetrags von 30.000 Euro möglich. Sonja Knorr, leitende Analystin für Offene Immobilienfonds bei der Ratingagentur Scope, hält diese Zweijahresfrist durchaus für sinnvoll. „Privatanleger sollten bei einem Immobilieninvestment einen mittleren bis langen Anlagehorizont haben. Zudem fällt bei Kauf der Fondsanteile ein Ausgabeaufschlag an, der in den Folgejahren erst verdient werden muss.“
Hintergrund für die geplanten Einschränkungen sind die Erfahrungen aus der Finanzkrise ab 2008. Damals gerieten viele Fonds in Schieflage, weil sie die Rückgabewünsche der Anleger nicht mehr erfüllen konnten. Drastisch offenbarte sich der Fehler in der Grundkonzeption der Fonds: Immobilien als langfristige Anlagen können nicht von heute auf morgen ohne Verluste verkauft werden, wenn viele Anleger plötzlich an ihr Geld wollen.
Noch immer warten Investoren der eingefrorenen oder in Abwicklung befindlichen Fonds auf rund 20 Milliarden Euro. Zu den Produkten, die aufgelöst werden, zählen zum Beispiel der CS Euroreal, der SEB Immoinvest und der KanAm Grundinvest. Allein in diesen drei Fonds stecken noch knapp 13 Milliarden Euro.
Doch werden Immofonds durch die vorgesehenen Haltefristen wirklich krisenresistenter? Die beiden Professoren Steffen Sebastian und Stephan Madaus von der Universität Regensburg bezweifeln dies. Sie kritisieren insbesondere die geplante Einschränkung bei der Rücknahme von Anteilen. Denn dadurch müsste der Fonds an einem Tag pro Jahr sehr viel Liquidität bereithalten, an allen anderen Tagen aber möglichst hoch in Immobilien investiert sein. Das sei nicht zu vereinbaren.
Gegen Zweiklassengesellschaft
Sebastian und Madaus schlagen deshalb ein flexibles Modell vor. Die Fondsgesellschaften könnten, so der Vorschlag, die Rückgabefrequenz von täglich bis mindestens einmal pro Jahr festlegen. Freibeträge bis 30.000 Euro wären weiterhin möglich. Die Summen könnten in monatlichen bis jährlichen Intervallen abgerufen werden. Eine jährliche Höchstgrenze würden die beiden Professoren allerdings bei 60.000 Euro ziehen. Für höhere Summen soll eine Kündigungsfrist von drei bis 24 Monaten gelten. Zusätzlich wollen Sebastian und Madaus die Anlegerrechte bei der Abwicklung eines Fonds gestärkt sehen.
Dem Fonds-Verband BVI geht es dagegen darum, eine Zweiklassengesellschaft bei Immofonds zu verhindern. Denn das Gesetzesvorhaben in seiner bisherigen Form unterscheidet zwischen alten und neuen Anlegern, nicht zwischen alten und neuen Fonds. „,Altfonds‘ müssen vollen Bestandsschutz erhalten“, fordert BVI-Hauptgeschäftsführer Thomas Richter. „Ansonsten würden Anleger in ein und demselben Fonds ungleich behandelt.“ Während die einen bis 30.000 Euro im Halbjahr sofort aussteigen könnten, müssten die anderen ein Jahr warten. Richters Befürchtung: Die Fonds würden mehr oder weniger schnell austrocknen, da die Abflüsse die Zuflüsse überstiegen.
Investor-Info
Offene Immobilienfonds I
Gefragte Anlagegattung
Im Januar flossen in Deutschland 6,4 Milliarden Euro in Publikumsfonds. Neben Misch- und Rentenfonds waren Offene Immobilienfonds am stärksten gefragt. Rund eine Milliarde Euro an Nettomitteln strömten in diese Anlagegattung.
Offene Immobilienfonds II
Das Geschäft der Großen
Wie die Mittelzuflüsse im Januar belegen, wird das Geschäft mit Offenen Immobilienfonds mittlerweile von den großen Anbietern wie DekaBank, Union Investment und Deutsche Bank dominiert. Sie können beim Fondsabsatz den großen Vorteil des hauseigenen Bankvertriebs ausspielen.