Das Gegenteil ist bewiesen! Warum Kryptowährungen wie Bitcoin, Ethereum und Co versagen
Jahrelang galten Bitcoin und Co als "sichere Häfen" in Krisenzeiten und vor allem unabhängig von geldpolitischen Entscheidungen von Regierungen. Die Corona-Pandemie hat dies als Trugschluss entlarvt.
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von Benjamin Bilski, Gastautor von Euro am Sonntag
Die Ausbreitung von COVID-19 ist die erste echte wirtschaftliche und physische Bedrohung, der viele Millionen Menschen auf der ganzen Welt seit der Erfindung von Kryptowährungen ausgesetzt sind. Als das Virus Mitte Februar begann, sich von China aus weltweit auszubreiten und die Schlagzeilen zu beherrschen, befanden sich Kryptowährungen zeitweise im Sturzflug. Ethereum minus 57 Prozent, LiteCoin minus 55 Prozent, Ripple minus 51 Prozent und Bitcoin minus 46 Prozent.
Das sind nur einige Beispiele, wie sich manche der wichtigsten Kryptowährungen während der Krise entwickelt haben. Diese unterscheidet sich von allen früheren Wirtschaftskrisen durch die Verfügbarkeit einer neuen Form von "digitalem Bargeld". Historisch gesehen, haben Krisen auf den Finanzmärkten regelmäßig eine Flucht in sichere Anlagen ausgelöst. Üblicherweise fangen dann viele Anleger an, etwa US-Staatsanleihen oder Gold zu kaufen oder einfach mehr Bargeld zu halten.
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Kryptowährungen muss man nicht in Bargeld tauschen
Grund dafür ist schlicht und einfach die menschliche Psychologie: In Krisensituationen stehen die Menschen vor einem plötzlichen Übergang - von einem Zustand der Sicherheit und Stabilität zu einem Zustand, der sowohl ihr physisches als auch ihr finanzielles Wohlergehen bedroht. Die Aussicht, das nächste Gehalt vielleicht nicht zu erhalten, zwingt sie anscheinend, Vermögenswerte wie Aktien gegen Bargeld zu verkaufen.
In der Covid-19-Krise haben Besitzer von Kryptowährungen theoretisch nichts zu befürchten. Sie müssen ihre Bitcoins nicht "verkaufen", um sie in Bargeld umzuwandeln - denn diese sind bereits praktisch Bargeld. Sie können sie einfach behalten und sie während der gesamten Krise, wie lange diese auch immer andauern mag, zur Bezahlung von Waren und Dienstleistungen verwenden.
Kryptowährungen sind theoretisch sehr gut als Zufluchtsorte geeignet, und in einigen entscheidenden Aspekten sogar besser als Bargeld. Klassische Währungen, Fiat-Währungen genannt, werden letztlich von den Entscheidungen einer Zentralbank beeinflusst. Der Bestandteil "fiat" kommt aus dem Lateinischen und bedeutet so viel wie "es werde, geschehe, entstehe" - das Geld erhält seine Bedeutung erst von der jeweiligen Regierung durch die Erklärung zum gesetzlichen Zahlungsmittel. Und obwohl Zentralbanken eigentlich unabhängig sein sollten, können Regierungen deren Entscheidungen beeinflussen.
Einflussnahme der Politik auf die Währung ist ausgeschlossen
Beispielsweise äußerte US-Präsident Donald Trump seine Unzufriedenheit mit der Federal Reserve, zwang sie, die Zinssätze zu senken und schwächte damit den US-Dollar. Dadurch, dass Kryptowährungen durch die Blockchain-Technologie (Distributed-Ledger) dezentral und unabhängig von Banken und Zentralbanken organisiert sind, entziehen sie sich einer derartigen Einflussnahme durch die Politik.
Ein weiterer Vorteil von Krypto- gegenüber Fiat-Währungen: Physisches Bargeld kann verloren gehen oder gestohlen werden, Bargeld auf einem Bankkonto ist möglicherweise nicht verfügbar, wenn man es braucht, da es Abhebungslimits geben könnte oder die Bank einen "Bank Run" erlebt. Kryptowährungen dagegen sind rein digital, was all diese Risiken mindert oder ausschließt.
Spekulanten bestimmen die Entwicklung von Kryptogeld
Dennoch: Bei ihrem ersten echten Stresstest sind Kryptowährungen gescheitert. Woran lag das? Kurz gesagt: Sie wurden von ihren Investoren im Stich gelassen, weil diese sich beim ersten Anzeichen einer wirtschaftlichen Notlage dazu entschlossen, den Kurs zu wechseln. Es scheint, dass die meisten Besitzer von Kryptowährungen es vorziehen, ihr digitales Bargeld in Krisenzeiten gegen traditionelles Bargeld einzutauschen. Ein Mangel an Willigen, die zu diesem Zeitpunkt in den Kryptomarkt einsteigen, hat die Abwärtsspirale weiter beschleunigt.
Die zeitweise enormen Wertverluste bei Kryptowährungen zeigen, dass der Markt weitgehend ein Spekulationsmarkt bleibt und in die Kategorie der risikobehafteten Investments einzuordnen ist. Verschiedenen Quellen zufolge wird geschätzt, dass nur etwa zehn Prozent der Bitcoin-Besitzer sie auch als Zahlungsmittel verwenden. Damit werden bis auf Weiteres die Spekulanten den Kryptomarkt dominieren und eine stärkere Akzeptanz sowie Anwendung von Kryptowährungen durch Unternehmen und Zahlungsanbieter bleibt eine Zukunftsvision.
Der jüngste Ausverkauf könnte bei den Investoren einen bitteren Nachgeschmack hinterlassen haben, aber das hätte man auch schon Ende 2017 kurz nach dem ersten großen Krypto-Crash sagen können. Schließlich erholten sich die Bitcoin-Preise wieder bis auf etwa 50 Prozent ihres Allzeithochs. Wir werden weiterhin starke Kursschwankungen erleben, vor allem in der nahen Zukunft, da die Investoren die Auswirkungen des Coronavirus stetig beobachten - und sich bei einer erneuten Verschärfung der Krise dann auch erneut in der vorher beschriebenen Weise verhalten.
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Großflächige Akzeptanz wird sich nicht so schnell einstellen
Da der Kryptomarkt intransparent ist, versucht man am besten festzustellen, wohin sich die Kryptowährungen zumindest in der näheren Zukunft entwickeln werden, indem man die Bitcoin- Preisbewegungen analysiert. Denn diese geben tendenziell die Richtung für den breiteren Kryptomarkt vor.
Die Frage, die sich Krypto-Anleger jetzt stellen sollten, ist, ob sie wirklich an diese neue Währungsform glauben. Wenn ja, dann sollten sie es als eine langfristige Investition betrachten und sich keine Sorgen über unvermeidliche, kurzfristige Schwankungen machen - wie bei anderen Investments, an die sie fest glauben.
Zumal die Weltwirtschaft - und damit auch viele Fiat-Währungen - ebenfalls massiv unter Druck steht und noch nicht geklärt ist, wie gut sie diesem standhalten wird. Allerdings sollte niemand erwarten, dass sich über Nacht eine großflächige Akzeptanz für Kryptowährungen entwickelt und alles komplett reibungslos abläuft.
Benjamin Bilski
Gründer und CEO von NAGA
Bilski war Leistungsschwimmer und gründete einen Angelsport-Vertrieb. Dann gründete er 2015 NAGA, ein deutsches Fintech-Unternehmen, das mit seiner sozialen Handelsplattform persönliche Finanzgeschäfte und Investitionen miteinander verbindet. Es ist eine synergistische Gesamtlösung, um zu handeln, zu investieren, sich zu vernetzen, zu verdienen und zu bezahlen.
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