Eurokrise

Gefragte Fluchtwährungen: Höhenflug mit Turbulenzen

18.04.13 15:00 Uhr

Devisen, die als sichere Häfen gelten, ­haben jahrelang gegenüber dem Euro aufgewertet. Jetzt scheint der Trend gebrochen. Welche Währungen noch Potenzial haben.

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von Christoph Platt, Euro am Sonntag

Kräftig gebaut, relativ kurze Flügel, ein recht langer Schwanz — der Maori-Falke gehört zu den mittelgroßen Vertretern seiner Gattung. Die Vogelart ist auf Neuseeland heimisch. Sie lebt nur dort und konnte sich über den Inselstaat im Pazifik hinaus nicht weiter verbreiten.

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Für Flüge in extremer Höhe ist der Maori-Falke normalerweise nicht bekannt. Ganz anders die neuseeländische Währung, deren 20-Dollar-Schein der Vogel ziert. Sie zählt zu den harten Devisen, die in den vergangenen Jahren zu echten Höhenflügen gegenüber dem Euro angesetzt haben.

Anleger, die ihr Geld in stabilen Währungen jenseits der europäischen Gemeinschaftswährung anlegen wollen, haben einige Möglichkeiten. Investitionen in fremde Devisen sind zum einen über Aktien und Anleihen sowie entsprechende Fonds und Zertifikate möglich. Aus Diversifikationsgründen empfiehlt es sich grundsätzlich, einen kleinen Teil seines Vermögens in Fremdwährungen anzulegen. Privatanleger können aber auch direkt auf Wechselkursschwankungen setzen. Eine der bequemsten Methoden ist die Verwendung von CFDs (Contracts for Difference). Alle gängigen Währungspaare lassen sich mit ihnen handeln (siehe Investor-Info).

Infolge der Eurokrise waren für hiesige Anleger in den vergangenen Jahren vor allem sogenannte Safe-Haven-Währungen interessant — Devisen, die als sichere Häfen gelten. Fluchtwährungen wie der Australische Dollar, der Schweizer Franken oder die Schwedische Krone taten es mit ihren Höhenflügen gegenüber dem Euro dem Neuseeländischen Dollar gleich. In den vergangenen vier Jahren haben sich einige davon um knapp 50 Prozent verteuert.

Doch seit Mario Draghi, der Chef der Europäischen Zentralbank, im Juli 2012 verkündete, sein Haus werde alles tun, um verschuldete Länder der Eurozone zu retten, scheint die Zeit der Aufwertung der Fluchtwährungen vorüber. Der Euro gewinnt seit Monaten an Stärke, und Norwegische und Schwedische Kronen werteten genauso gegenüber der ­Gemeinschaftswährung ab wie die Dollars aus Kanada, Australien und Neuseeland.

Einstiegschance oder verkaufen?
An den fundamentalen Pluspunkten dieser Länder hat sich wenig geändert: Ihre wirtschaftliche Lage ist solide, das Bruttoinlandsprodukt wächst, die Verschuldung ist überschaubar. Außerdem bieten sie — abgesehen von der Schweiz — Zinsen, die zumindest ein wenig über dem Leitzins der Eurozone liegen. Bietet sich momentan also eine Einstiegschance? Sollten Anleger die Füße ­ruhig halten und etwaige Positionen in den genannten Währungen halten? Oder ist inzwischen höchste Zeit zum Verkauf?

Relativ sicher ist: Die Zeit der deutlichen Aufwertungen der Safe-Haven-Devisen gegenüber dem Euro dürfte vorüber sein. Zwar ist die Situation in der Eurozone weit davon entfernt, zufriedenstellend zu sein. Doch zumindest die Angst vor einem Auseinanderbrechen der Gemeinschaftswährung ist für die meisten Anleger vom Tisch.

Die Devise lautet: Ruhe bewahren
Richtig optimistisch ist die Mehrzahl der Investoren deshalb allerdings noch lange nicht. „Im Markt herrscht eine Grundskepsis gegenüber dem Euro“, berichtet Marcus Hettinger von der Credit Suisse. Dennoch gibt der Währungsanalyst zu bedenken: „Wenn sich die Lage in Europa aufhellt, beispielsweise über bessere Konjunkturdaten, dann hat der Euro ein ziemliches Potenzial aufzuwerten.“

Eine starke Aufwertung gegenüber den Fluchtwährungen ist allerdings nicht zu erwarten. Die Devise für Devisen aus den sicheren Häfen lautet also am ehesten: Ruhe bewahren. Engagements in Fremdwährungen — gerade in solchen aus sicheren Ländern — dienen meist zur Absicherung und sollen nicht zwangsläufig Renditebringer sein. Diese Schutzfunktion erfüllen die Fluchtwährungen noch immer, auch wenn bei einigen mit leichten Kursverlusten gegenüber dem Euro zu rechnen ist. Vor einer erneuten Verschärfung der Eurokrise schützen die Devisen aber allemal.

Schwedische Krone attraktiv
Die besten Aussichten aller klas­sischen Safe-Haven-Währungen auf weitere Aufwertungen gegenüber dem Euro hat die Schwedische Krone. Sie ist wie die anderen Er­satzdevisen zwar relativ hoch bewertet — das bedeutet, dass Käufer für Schwedische Kronen weniger Waren erhalten als in anderen Währungsräumen. Doch diese Überbewertung ist kein großes Problem für Anleger, die vor allem von Schwedens Topbonität angezogen werden.

„Der Markt kauft mit Freude eine überbewertete Währung, sofern sie mit ,AAA‘ bewertet ist“, so Daragh Maher, Währungsstratege der Großbank HSBC, gegenüber dem Finanznachrichtendienst Bloomberg. Credit-Suisse-Analyst Hettinger verweist zudem auf das sehr gute charttechnische Bild der Schwedischen Krone.

Etwas vorsichtiger ist der Analyst im Hinblick auf die Norwegische Krone. „Hier sehen wir nur ein geringes Aufwärtspotenzial, weil die Währung nach unseren Modellen ­relativ teuer bewertet ist“, sagt er. Wirtschaftlich betrachtet steht Norwegen allerdings weiter gut da — jedenfalls solange die Gewinne aus dem Ölgeschäft sprudeln.

Ein Risiko für beide Länder und ihre Währungen ist die wirtschaftliche Verbundenheit mit der Eurozone. „Die skandinavischen Märkte werden unter der Eurokrise weiter leiden“, prognostiziert Alan Ruskin von der Deutschen Bank in New York. Der Währungsspezialist sieht zudem in der relativ geringen Größe beider Märkte und der dementsprechend niedrigen Liquidität einen Minuspunkt. Risikolos sind die Nordländer also nicht.

Die außereuropäischen Rohstoffwährungen Kanadischer und Aus­tra­lischer Dollar sowie der Neuseeländische Dollar haben ebenfalls von ihrem Glanz eingebüßt. Unter den drei Devisen sind die Aussichten für den Kanadischen Dollar noch am besten. Zwar ist die wirtschaftliche Lage Kanadas nicht berauschend. Doch das Land profitiert vom Aufschwung seines Nachbarn USA: „Die US-Wirtschaft steht an einem Wendepunkt und entwickelt sich immer besser“, sagt Raghav Subbarao, Währungsstratege bei der britischen Bank Barclays. Das habe positive Effekte auf den Kanadischen Dollar. Zwar ist dieser ebenfalls leicht überbewertet, doch längst nicht so stark wie der Australische oder der Neuseeländische Dollar.

Sonderfall Schweizer Franken
Der Schweizer Franken nimmt eine Sonderstellung ein, da eine Aufwertung gegenüber dem Euro von der Schweizerischen Nationalbank verhindert wird. Diese entschied sich im Jahr 2011 einzugreifen, sobald der Euro-Franken-Kurs unter die Marke von 1,20 fällt. Seitdem konnten die Währungshüter diesen Mindestkurs verteidigen. Aufwertungen des Schweizer Franken, der derzeit gegenüber dem Euro bei 1,22 steht, sind demnach quasi ausgeschlossen.

Dennoch: „Der Schweizer Franken bleibt erste Wahl, wenn es ausschließlich darum geht, einen sicheren Hafen zu finden“, meint Barc­lays-Experte Subbarao. Er biete bei neu aufkeimenden Risiken in der Eurozone das höchste Maß an Sicherheit.

Abgesehen von der Schwedischen Krone und mit Einschränkungen vom Kanadischen Dollar eignen sich die Safe-Haven-Währungen inzwischen also nicht mehr für Anleger, die damit Gewinne erwirtschaften wollen. Aus reinen Absicherungsaspekten können die übrigen Devisen dennoch gehalten werden. Beim Australischen Dollar ist die Gefahr der Abwertung gegenüber dem Euro indes am größten.

Anleger, die auf höhere Währungsgewinne spekulieren wollen, müssen sich woanders umsehen. ­Einige Schwellenländerwährungen stehen hoch im Kurs, denn sie bieten ansehnliche Zinsen und echte Chancen auf Wechselkursgewinne. Credit-Suisse-Analyst Hettinger schätzt beispielsweise den Mexikanischen Peso oder den polnischen Zloty.
Klassische sichere Häfen sind diese Devisen aus den aufstrebenden Volkswirtschaften allerdings nicht.

Investor-Info

Devisenhandel
Riskante Währungswetten

Viele Forex-Broker aus den USA oder England gründeten hierzulande Filialen und bieten Währungshandel an. Sie treten in Konkurrenz zu CFD-Brokern. Auch mit CFDs können Anleger auf Währungsbewegungen setzen. Alle möglichen Devisenpaare sind im Angebot. Dazu zählen auch Schwedische und Norwegische Kronen gegenüber Euro. CFDs haben für Kleinanleger den Vorteil, dass auch mit kleinen Beträgen gehandelt werden kann. Denn im Regelfall wird beim Währungshandel mindestens ein Lot bewegt, was 100.000 Einheiten in der Basiswährung entspricht. Bei dem Paar Euro/Schweden-Krone wäre ein Lot 100.000 Euro oder umgerechnet 832.000 Schweden-Kronen. Einige Forex-Broker bieten aber auch Mini-Lots mit 10.000 Einheiten oder sogar Micro-Lots mit 1.000 Einheiten an. Der Vorteil beim Forex-Broker ist, dass Anleger den Devisenkurs erhalten, der am Interbankenmarkt festgestellt wird. Bei CFDs ermittelt den Kurs dagegen der CFD-Broker selbst. Dafür können Anleger bei ein paar CFD-Anbietern wie Gekko Global Markets und CMC Markets den Hebel selbst wählen.

Da bei Devisen die Bewegungen klein sind, ist der Hebel bei Forex-Brokern hoch — in der Regel zwischen 100 und 500. Das hat den Vorteil, dass kleine Kursveränderungen zu riesigen Gewinnen führen können, umgekehrt ist das eingezahlte Kapital aber auch schnell aufgezehrt. Wer dagegen bei denjenigen CFD-Anbietern, bei denen es möglich ist, einen niedrigen Hebel wählt, kann sein Risiko besser steuern. Trotzdem treten auch hier rasch Totalverlust und Nachschusspflicht ein. So oder so — der ­Devisenhandel ist nur etwas für Profis und risiko­bereite Anleger.

Berenb. Hartwährungsanl.
Fokus auf Stabilität

Die Fondsmanager Christian Bettinger und Robert Reichle kaufen weltweit Anleihen, die nicht in Euro notieren. Zwar beschränken sie sich dabei nicht auf die klassischen Fluchtwährungen. Doch bei der Auswahl steht Stabilität an vorderster Stelle. Die Länder, in die sie investieren, müssen solide ökonomische Kennzahlen aufweisen. Betrachtet werden unter ­anderem das Wirtschaftswachstum, die Neu- und Staatsverschuldung sowie die Inflation. 

HVB Garant Anleihe
Fluchtwährungsquartett

Für Anleger, die eine lang anhaltende Euroschwäche erwarten, ist das Währungszertifikat der HypoVereinsbank interessant. Es setzt darauf, dass die Schwedische und Norwegische Krone sowie der ­Kanadische und Australische Dollar gegenüber dem Euro aufwerten. Anleger nehmen zu 200 Prozent an einer positiven Entwicklung der Währungen teil. Werten die Währungen insgesamt ab, gibt es zum Ende der Laufzeit den Nominalwert zurück. 

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