Nach dem Erdbeben: Der Yen ist gefragt – aber auf Dauer?
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Japan wurde von einem schweren Erdbeben erschüttert. An der Börse – nicht nur in Tokio – führt dies zu Kursverlusten.
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Das erscheint logisch, weniger logisch erscheint aber der Kursanstieg des Yens als Reaktion auf die Naturkatastrophe. Auch Neuseeland wurde vor wenigen Wochen von einem schweren Erdbeben getroffen und der Neuseeländische Dollar („Kiwi“) gab seitdem deutlich nach. Doch die wirtschaftliche Lage in Neuseeland ist eine gänzlich andere. Die Wirtschaft des vergleichsweise kleinen Inselstaates war schon vor dem Erdbeben angeschlagen und die Notenbank hat den Leitzins deutlich gesenkt – entgegen dem Trend zu Zinserhöhungen in den meisten anderen Staaten. Kein Wunder also, dass sich die Anleger vom Kiwi trennten.
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Plus500: Beachten Sie bitte die Hinweise5 zu dieser Werbung.Japans Anleger repatriieren ihr Vermögen
In Japan sieht es anders aus: Der Leitzins liegt schon bei fast null Prozent, weitere Zinssenkungen kann es also nicht geben. Die Kapitalströme aus und nach Japan werden weniger von den Zinsdifferenzen bestimmt als vom Verhalten der großen japanischen Fonds. Und denen geht es um die Sicherheit ihrer Anlagen. In Zeiten der Unsicherheit bringen Japans Anleger ihr Geld lieber zurück auf die Insel; dieses Verhalten wird auch Repartiierung genannt. Deswegen gilt der Yen immer noch als „Safe-Haven-Währung“. Große Naturkatastrophen hatten daher auch in der Vergangenheit häufig eine Aufwertung des Yens zur Folge. Doch ist diese Aufwertung von Dauer? Antwort: Nur solange die Unsicherheit an den Märkten insgesamt anhält; und die ist ja weniger auf das Erdbeben als auf die neuerlichen Sorgen um die verschuldeten Eurostaaten, den Bürgerkrieg in Libyen und den hohen Ölpreis zurückzuführen.
EUR/JPY bleibt in seiner Trading-Range – vorerst
Charttechnisch hat EUR/JPY jedenfalls erst einmal den fast gelungenen Ausbruch nach oben aus der seit Mai 2010 bestehenden Trading-Range zwischen 106 und 116 Yen verpasst. Doch aufgeschoben ist ja nicht aufgehoben. Angesichts der Bereitschaft der EZB zu Zinserhöhungen – Euro-Schuldenkrise hin oder her – und des anhaltend niedrigen Zinsniveaus in Japan dürfte EUR/JPY mittelfristig wieder unter Aufwärtsdruck kommen. Charttechnisch müsste es aber zu einem Bruch des Widerstands bei 116 Yen kommen, um den Weg für einen weiteren Kursanstieg frei zu machen. Jetzt gilt es erst einmal zu beobachten, wo der Wechselkurs kurzfristig eine tragfähige Unterstützung findet. Die Marke von 112 Yen sollte dabei besonders im Auge behalten werden.
Dr. Detlef Rettinger ist Chef-Redakteur von Deutschlands einzigem reinen Devisen-Börsenbrief mit Musterdepot, dem Devisen-Trader. Der promovierte Volkswirt besitzt langjährige Erfahrung in der Analyse des Devisenmarktes und im Handel mit Derivaten. Weitere Infos: www.devisen-trader.de. Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.