Argentinien-Anleger in Angst
Staatsanleihen: Ein US-Gericht hat das Land zur Zahlung seiner Altschulden verurteilt. Für die Halter neuer Bonds könnte dies verheerende Folgen haben.
von Marc Hofmann, Euro am Sonntag
Der Arm von Justitia reicht weit. Im konkreten Fall sind es 8.543 Kilometer. So weit ist Buenos Aires von New York City entfernt. Dort fällte in der vorvergangenen Woche ein US-Gericht ein Urteil, das Argentinien Milliarden kosten könnte und Anleger in Panik aus den Anleihen des Staats fliehen lässt.
Gegenstand des Richterspruchs ist die Umschuldung Argentiniens in den Jahren 2005 bis 2010. Unter dem damaligen Präsidenten Néstor Kirchner erklärte sich das Land für zahlungsunfähig und forderte von seinen Anleihegläubigern, dass sie auf 67 Prozent ihrer Forderungen verzichten sollten. „Wer nicht zustimmt, verliert 100 Prozent“, so Kirchner damals. Zähneknirschend stimmte das Gros der Gläubiger zu. Doch sieben Prozent der Anleger, darunter ein paar namhafte Hedgefonds, lehnten den Schuldenschnitt ab. Sie behielten Papiere im Nennwert von elf Milliarden US-Dollar und klagen seither auf Bedienung der Bonds.
In New York City gelang ihnen nun ein überraschender Erfolg. Das US-Bezirksgericht sieht den Gleichbehandlungsgrundsatz durch den nur zum Teil erfolgten Schuldenschnitt verletzt und verurteilte Argentinien dazu, die alten noch ausstehenden Bonds zu bedienen. Sollte dies nicht geschehen, so das Gericht weiter, müsse das Land im Sinn der Gleichbehandlung auch die Zinszahlung auf alle neuen Anleihen einstellen, die im Zuge der Umschuldung emittiert wurden. Bei den Haltern von Argentinien-Bonds löste das Urteil Panikverkäufe aus. In der Spitze brachen die Kurse um 35 Prozent ein.
Die Reaktion ist verständlich. Denn das US-Gericht hätte tatsächlich die Macht, die Zinszahlungen zu stoppen. Möglich wird dies durch die Verwahrungsstellen, bei denen die Bonds lagern. Diese unterliegen vielfach US-Recht und sind somit an US-Gerichtsurteile gebunden.
Argentinien legte nun gegen das Urteil Berufung ein. Bis zur Anhörung am 27. Februar ist das Urteil damit ausgesetzt. Scheitert der Einspruch jedoch, so könnte dem Land aufgrund der Nichtzahlung von Zinsen spätestens im März ein technischer Zahlungsausfall (Default) drohen. Wer die getauschten Anleihen besitzt, sollte trotzdem Ruhe bewahren. Denn noch ist völlig offen, wer den Streit gewinnt.