Nach langer Party der erste Hangover
Der Markt für Unternehmensanleihen bot den Investoren lange Zeit attraktive Konditionen. Doch die Bedingungen verschlechterten sich im September sehr schnell.
Werte in diesem Artikel
von Frank Engels, Gastautor von Euro am Sonntag
Wie sich die Zeiten ändern. Lange kamen Renteninvestoren an Unternehmensanleihen nicht vorbei. Die Assetklasse bot vor allem einen zentralen Vorteil: Sie warf vergleichsweise attraktive Erträge bei überschaubaren Risiken ab. In Zeiten des Niedrigzinsumfelds, in denen als sicher geltende Staatsanleihen aus Deutschland negative Realrenditen aufweisen, ein nicht von der Hand zu weisender Vorteil. Weil Schuldverschreibungen von Unternehmen wie geschnitten Brot liefen, kamen auch immer mehr Emittenten an den Markt. Für die Konzerne bedeutete das Niedrigzinsumfeld, dass sie sich zu günstigen Konditionen verschulden konnten. Noch in der ersten Jahreshälfte bewegten sich die Emissionsvolumina auf Rekordkurs, und die Papiere fanden mehrheitlich reißenden Absatz.
Die Stimmung kippte im August und September. Ausgehend von Problemen einzelner Emittenten - und gespeist von der Unsicherheit im Zusammenhang mit der Zinserhöhung in den USA und den Sorgen um China sowie die weitere Entwicklung der Rohstoffpreise - zogen dunkle Wolken am Corporate-Bond-Markt auf.
In Europa geriet der nach der Übernahme des Konkurrenten Xstrata hochverschuldete Rohstoffkonzern Glencore infolge niedriger Rohstoffpreise, schwacher konjunktureller Trends aus den Schwellenländern und der Sorge vor einer schnellen Zinswende in Bedrängnis. Als Folge stiegen die Risikoprämien auf Glencore, den weltweit führenden Rohstoffhändler, auf Ramschniveau. Auch andere Namen aus dem Sektor kamen unter die Räder. Zudem zog der Manipulationsskandal beim Autohersteller VW weite Teile des Automobilsektors in Mitleidenschaft. Und auch die wirtschaftlichen und politischen Probleme in Brasilien, speziell beim staatlichen Erdölunternehmen Petrobras, sorgten für erhebliche Unsicherheit an den Corporate-Bond-Märkten.
Kein Zweifel: Das sind zwar ernst zu nehmende einzelwirtschaftliche Herausforderungen, aber sie bleiben doch weitgehend ohne systemische Ansteckungsgefahr. In Verbindung mit den aktuellen Sorgen um die Weltkonjunktur aber verstärkte sich die aus diesen Einzelfällen resultierende Risikoaversion und führte zu einem weitgehenden Stillstand der Sekundärmarktaktivität. Die Risikoaufschläge stiegen deutlich, die Unsicherheit erfasste ganze Marktsegmente, und die Liquiditätslage wurde zusehends schlechter. Mit anderen Worten: Viele Unternehmensanleihen auch guter Bonität waren nicht oder kaum mehr handelbar. Auch am Primärmarkt für Neuemissionen herrschte Flaute.
Qualitativ gute Emittenten
brechen das Eis für Anleihen
Die gute Nachricht: Seit Anfang Oktober hat sich die Lage graduell entspannt. Ein wesentlicher Grund ist die Markterwartung hinsichtlich der Geldpolitik der US-Notenbank. Mittlerweile rechnen nur noch die wenigsten Marktteilnehmer damit, dass die Währungshüter der Fed in diesem Jahr die Zinswende einläuten. Am wahrscheinlichsten scheint aktuell noch das erste Quartal 2016. So ist ein zentraler Unsicherheitsfaktor der letzten Monate erst einmal vom Tisch. Damit verbunden hat sich zuletzt der Aufwertungsdruck auf den US-Dollar verringert. Das ist insofern wichtig, da sich viele Schwellenländer-Emittenten - Unternehmen ebenso wie Staaten - in US-Dollar verschulden. Mit der Aufwertung des Greenback steigt also auch die Zinslast. Zudem erodiert infolge des starken Dollar die Profitabilität von US-Exportunternehmen. Und auch für viele Rohstoffkonzerne ist ein starker Dollar ein Problem.
In solchen Marktphasen sind es oft die qualitativ guten Emittenten, die das Eis brechen und zur Marktöffnung wesentlich beitragen. Aktuell war dies etwa der britisch-australische Rohstoffkonzern BHP Billiton. Er brachte ein Anleihevolumen von mehr als fünf Milliarden Euro, gesplittet über verschiedene Währungen und Laufzeiten, an den Markt. Für den Finanzsektor war es die US-Bank Wells Fargo, die sich an den Markt traute und den Anlegern vor Augen führte, dass kein Grund zur Panik besteht. Und aus der Eurozone kam der italienische Versicherer Generali mit einem großvolumigen Bond an den Markt, der auf sehr gute Nachfrage traf.
Darüber hinaus haben die Märkte offenbar realisiert, dass die heftigen Bewegungen der letzten Wochen fundamental nicht gerechtfertigt waren. Ein Beispiel: Wer seine Glencore-Anleihen mit zwei Jahren Restlaufzeit an der Spitze der Marktverwerfungen mit einem Credit Default Swap absichern wollte, musste dafür pro 1.000 Euro Nominalwert 120 Euro im Jahr berappen. Mittlerweile liegen die Kosten mit knapp 30 Euro wieder in einem Bereich, der das Risiko der Anlage besser abbildet.
Regulatorische Reformen
beschränken die Liquidität
Ist nach der kurzen Phase der Übertreibung nun also alles wieder gut? Auf keinen Fall! Einige der aktuellen Risiken sind nämlich eher struktureller Natur und werden das Kapitalmarktumfeld über eine längere Zeit prägen. Beispielsweise ist auch weiterhin die Handelbarkeit für viele Unternehmensanleihen nicht erstklassig, da viele Broker aus regulatorischen Zwängen heraus deutlich weniger Risikobudget für den Wertpapierhandel vorhalten und die Endinvestoren von Unternehmensanleihen einseitig positioniert sind. Auch die aktuell zur Diskussion stehenden regulatorischen Reformen wirken eher liquiditätssenkend.
Die Einzelfallrisiken sind ebenfalls nicht gelöst. Die Kreditqualität der meisten Unternehmen im Bereich Investment Grade ist zwar gut, aber einige Unsicherheitsfaktoren, wie etwa die drohende Herabstufung Brasiliens ins High-Yield-Segment und die niedrigen Rohstoffpreise, die das Geschäftsmodell von Konzernen wie Petrobras und Glencore infrage stellen, bestehen fort.
Und auch bei VW werden Investoren über eine längere Zeit mit Unsicherheit über die juristischen und wirtschaftlichen Folgen des Skandals zu kämpfen haben. Investoren müssen also wachsam sein und genau überblicken, welchen potenziellen Risiken ein Emittent ausgesetzt ist. Wie schnell die Märkte auch in fundamental gut aufgestellten Segmenten übertreiben können, wurde in diesem Sommer deutlich.
Schuldverschreibungen von Unternehmen mit solider Kreditqualität dürften aber auf absehbare Zeit kaum an Attraktivität verlieren. Schließlich bleibt das Niedrigzinsumfeld bis auf Weiteres das zentrale Merkmal der europäischen Rentenmärkte. Entsprechend wichtig sind die Zusatzerträge, die mit Corporate Bonds erwirtschaftet werden können. Ein "No-Brainer" sind Unternehmensanleihen allerdings nicht mehr.
zur Person:
Frank Engels, Leiter
Portfoliomanagement Renten bei Union Investment
Der promovierte Volkswirt Engels leitet ein 52-köpfiges Rententeam und ist für ein Portfoliovolumen von mehr als 50 Milliarden Euro verantwortlich.
Zuvor arbeitete er unter anderem für den Internationalen Währungsfonds und die Europäische Zentralbank. Union Investment ist die Fondsgesellschaft der Volks- und Raiffeisenbanken und verwaltet aktuell ein Vermögen von mehr als 250 Milliarden Euro.
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Der Hebel muss zwischen 2 und 20 liegen
Name | Hebel | KO | Emittent |
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Bildquellen: Union Investment, travellight / Shutterstock.com
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