Dauerhafte Lösungen?

Italiens Politik in unsicherem Fahrwasser: So verhindert die EZB eine Eurokrise

28.05.18 22:01 Uhr

Italiens Politik in unsicherem Fahrwasser: So verhindert die EZB eine Eurokrise | finanzen.net

Erst am Wochenende wurde bekannt, dass die Regierungsbildung in Italien gescheitert ist. In einer ersten Reaktion atmeten die Aktienmärkte hörbar auf. Die Angst vor einer Eurokrise ist laut Experten vorerst unbegründet - dank der Europäischen Zentralbank EZB.

Die Regierungsbildung zwischen der europakritischen, und vor allem eurokritischen, Fünf-Sterne-Bewegung und der Lega-Partei in Italien ist gescheitert. Diese Meldung von Sonntag trieb die Aktienkurse europaweit in einer ersten Reaktion am Montag an. Hintergrund sind Marktsorgen, dass bei einer populistischen Führung in Italien die Eurokrise Einzug halten könnte.

Staatsausgaben im Mittelpunkt

Eine Regierung Italiens unter Fünf Sterne und Lega hätte insbesondere höhere Staatsausgaben bedeutet. Die Koalition wollte so zum Beispiel Steuersenkungen und ein Mindesteinkommen einführen. Allerdings ist das südeuropäische Land hoch verschuldet: Mit einem Schuldenstand von über 130 Prozent des BIP liegt Italien global gesehen weit vorn. Auf europäischer Ebene belegen die Italiener damit nach Griechenland den zweiten Platz. Einer der größten Gläubiger des Landes ist die Europäische Zentralbank (EZB) und genau aus diesem Grund haben die Währungshüter bereits im Vorfeld Maßnahmen zur Sicherung getroffen. Commerzbank-Ökonom Ralph Solveen nannte gegenüber "MarketWatch" einige Möglichkeiten der EZB, einer Eurokrise schon im Vorfeld entgegenzutreten.

Anleihekäufe als Allheilmittel?

Solveen zufolge könnten schon niedrigere Zinsen dem Umfeld helfen. Das Anleihekaufprogramm der EZB (QE) sieht derzeit vor, noch bis zum kommenden September jeden Monat rund 30 Milliarden Euro in den Markt zu pumpen. Da die EZB auch italienische Staatsanleihen ankauft, können laut dem Experten auch bei steigendenen Anleiherenditen die Schulden des Stiefelstaates kaum ansteigen.

Außerdem hat die EZB noch einen Trumpf in der Hinterhand: Das bisher noch nie zum Einsatz gekommene OMT-Programm. Das Outright Monetary Transactions Program (OMT) würde den Währungshütern erlauben in unbeschränktem Maß italienische Staatsanleihen zu kaufen. Das Programm wurde 2012 vom EZB-Chef Mario Draghi entwickelt und verfolgt lediglich einen einzigen Zweck: Die Stabilität der Gemeinschaftswährung Euro sichern. Allerdings müsste zur Ausübung des OMT-Programms die italienische Regierung selbst um die Hilfe der EZB bitten.

Ankerinvestoren geben Sicherheit

Des Weiteren merkt Solveen gegenüber "MarketWatch" an, dass sich aktuell nur rund 32 Prozent der italienischen Staatsanleihen in den Händen ausländischer Investoren befinden. Vor Italiens Haushaltsproblemen belief sich dieser Wert noch auf rund 40 Prozent. Als "Ankeraktionäre" für Italien-Bonds fungieren derzeit die EZB und die italienische Zentralbank. Das sorgt für Sicherheit, da das Risiko von Anlegerflucht aus den Papieren vergleichsweise gering gehalten werden kann.

Hinzu komme, dass die EZB in nächster Zukunft nicht an der Zinsschraube drehen dürfte und sich dadurch der Renditeanstieg von zwei- oder dreijährigen italienischen Staatsanleihen verlangsamen dürfte. Dadurch eröffne sich laut Solveen für den Staat die Möglichkeit kurzfristige Anleihen mit niedrigen Kupons aufzulegen, so dass die langfristigen Renditen, zum Beispiel von zehnjährigen Staatsanleihen, abgesichert werden.

Trotz seiner positiven Einschätzung, dass der Währungsunion keine Eurokrise drohe, zeigt sich Solveen den Entwicklungen in Italien gegenüber skeptisch: "Denn aus heutiger Sicht ist der Amtsantritt einer italienischen Regierung, die auf Konfrontationskurs zur EU geht und deren Regeln missachtet, nur aufgeschoben". Nach dem Regierungs-Aus stehen nun Neuwahlen an. Um das Land nicht führungslos zu lassen, wurde der Wirtschaftsexperte Carlo Cottarelli von Präsident Mattarella mit der Bildung einer Übergangsregierung beauftragt. Neuwahlen dürften dann im Herbst anstehen. Allerdings deuten erste Einschätzungen darauf hin, dass auch bei einer erneuten Regierungswahl wieder das populistische Lager gewinnen dürfte. Für Anleger, und insbesondere die EZB, bleibt Italien also noch eine Weile ein beherrschendes Thema.

Redaktion finanzen.net

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