Eurokrisenländer: Plötzlich heiß begehrt - Chancen & Risiken
Vor Kurzem galten die Länder aus der Peripherie Europas noch als Pleitekandidaten. Nun reißen sich Investoren darum, ihnen Geld zu leihen. Anleger sollten aber vorsichtig bleiben.
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von Andreas Höß, Euro am Sonntag
Als Ministerpräsident Giorgos Papandreou die Pleite seines Landes eingestand, bemühte er einen antiken Irrfahrer, um die Griechen auf das einzuschwören, was noch kommen sollte: "Den Hellenen steht eine neue Odyssee bevor", sagte Papandreou am 23. April 2010 auf der Mittelmeerinsel Kastelorizo, nachdem er die EU-Partner sichtlich zerknirscht um Finanzhilfen gebeten hatte. Etwas Mut wollte er seinen Landsleuten trotzdem machen. Anders als Odysseus kenne man den Weg nach Ithaka, so Papandreou.
Glaubt man Griechenlands Politikern, ist Ithaka nun in Sicht. Papandreous Nachfolger Antonis Samaras kündigte zumindest bereits das Ende der Irrfahrt an. 2014 wolle Griechenland an die Finanzmärkte zurückkehren, so der griechische Ministerpräsident bei seiner Neujahrsansprache. Laufe alles wie gewünscht, brauche Athen ab dem Jahr 2015 keine Hilfsgelder mehr.
Knapp vier Jahre und fast 250 Rettungsmilliarden liegen zwischen diesen beiden Statements. Ob Griechenland tatsächlich ohne neue Finanzspritzen auskommt? Experten sind skeptisch. Dennoch ist die Ankündigung nicht völlig unrealistisch: Irland hat den Rettungsschirm verlassen, und auch Spanien kommt ohne weitere Hilfen für seine Banken aus. Angeschlagene Finanzinstitute wie die spanische Bankia oder die irische Bank of Ireland können wieder große Summen an den Börsen einsammeln. Noch vor zwei Jahren verkauften Investoren Anleihen aus den Peripheriestaaten Griechenland, Irland, Spanien, Portugal oder Italien panikartig. Nun reißen sie sich darum, den ehemaligen Pleitekandidaten Geld zu leihen.
Renditejagd in Schuldenstaaten
"Europas Peripherie ist ohne Zweifel eine riskante Region", räumt Ariel Bezalel von der Fondsgesellschaft Jupiter Asset Management ein, der eine Milliarde Euro an Vermögen in Deutschland verwaltet. Die Staatsschulden seien nach wie vor hoch, wirtschaftlich gebe es immer noch viele Probleme. Trotzdem hat Bezalel im Moment davon rund 100 Millionen Euro oder zehn Prozent in Staats- und Unternehmensanleihen der Krisenländer investiert. "Viele Investoren haben lange alles über einen Kamm geschoren", sagt Bezalel. "Dabei haben sie übersehen, dass die Europäer ihre Risikovorsorge verbessert haben."
Neben Rettungsschirmen und Sicherheitsnetzen der Europäischen Zentralbank (EZB) vergrößert auch der magere Leitzins den Hunger auf Extraprozente aus dem Süden. Als sicher geltende zehnjährige Bundesanleihen werfen nur zwei Prozent Rendite ab, Anleihen aus Südeuropa das Doppelte (siehe Grafiken (pdf)).
Besonders in den ersten Wochen des neuen Jahres waren Anleihen aus Peripheriestaaten stark gefragt. In Finanzkreisen macht man dafür auch die Bilanzprüfer der EZB verantwortlich. Sie haben Ende Dezember für den im Herbst anstehenden Bankenstresstest die Bilanzen der Geldhäuser in Europa nach riskanten Papieren durchleuchtet. "Seit die Bestandsaufnahme der EZB vorbei ist, laden sich die Banken wieder verstärkt Bonds aus Krisenstaaten in die Bilanzen", sagt Rentenexperte Felix Hermann von der DZ Bank. Zudem hat die EZB am Dienstag durchblicken lassen, sie werde Staatsanleihen aus Europa milde bewerten.
Die Jagd nach Rendite - sie hilft auch den Krisenländern selbst. Bisher haben viele Anleger sich vor allem auf kürzer laufende Papiere aus Spanien oder Italien gestürzt, deren Rückzahlung nicht in allzu ferner Zukunft liegt. Da die Renditen dieser Anleihen aber bereits stark gefallen sind, nehmen Investoren nun verstärkt zehnjährige Anleihen ins Visier und setzen darauf, dass die Länder auch langfristig zahlungsfähig bleiben. Wie zu Beginn der Krise setzt sich ein Kreislauf in Gang, nun allerdings mit umgekehrten Vorzeichen: Die Zinsen fallen, die Last des Schuldendienstes wird leichter, das Vertrauen der Investoren steigt.
Einen besonders starken Vertrauensvorschuss erhielt zuletzt Irland. Die Insel musste nach dem Platzen der Immobilienblase ihre Banken retten und bekam dabei Probleme. Bis Ende 2013 erhielt Irland fast 70 Milliarden Euro an Hilfsgeldern. Im Dezember hat das Land den Rettungsschirm verlassen, vor wenigen Tagen hat es wieder eine zehnjährige Anleihe begeben. Irlands Rückkehr an den Kapitalmarkt, lange als Wagnis angesehen, war ein voller Erfolg. Die Geldgeber verlangten nur 3,54 Prozent Zins, so wenig wie zuletzt 2006. 14 Milliarden Euro hätten die Iren einsammeln können - mehr als die Insel im ganzen Jahr leihen will. Irland konnte nur einen Teil der Angebote annehmen und lieh sich 3,75 Milliarden Euro.
Experten haben klare Favoriten
So müssen viele Banken und Fonds auf ihre nächste Chance warten, um eine der begehrten Anleihen zu ergattern. Und die wird kommen. 852 Milliarden Euro werden die Staaten der Währungsunion in diesem Jahr am Kapitalmarkt leihen, schätzt die DZ Bank auf Grundlage von Ankündigungen und Budgetentwürfen aus den Eurostaaten.
Allein Spanien und Italien benötigen zusammen rund 360 Milliarden Euro an frischem Geld. Doch ob auch die italienischen Anleihen so gefragt sein werden wie die irischen, ist schwer abzusehen. Die Fondsgesellschaften und Banken lassen zumindest eine wachsende Skepsis gegenüber Italien durchblicken. "Wir sind sehr besorgt über Italien, wo nur wenige Reformen angepackt wurden", sagt etwa Bezalel von Jupiter. Auch die DZ Bank rät bei Italien-Anleihen "zu größerer Vorsicht".
Anlass zur Sorge bietet neben dem schwachen Wachstum und dem großen Reformstau vor allem die politische Instabilität des Landes. Auch nach dem Ausschluss Silvio Berlusconis aus dem Senat steht Italiens Regierung wegen interner Rivalitäten und Skandale um Minister weiter vor dem Scheitern. Dass die Regierung in Rom wackelt, ist auch wegen der angespannten Haushaltslage fatal. Die italienische Neuverschuldung könnte in diesem Jahr zwar unter die Maastricht-Grenze von drei Prozent fallen. Mit 133 Prozent sind die Staatsschulden in Italien aber so hoch wie in keinem EU-Land außer Griechenland, Zinszahlungen fressen bereits fünf Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung auf.
Bessere Aussichten bescheinigen Experten Portugal und Spanien, die bis vor Kurzem noch skeptischer als Italien beäugt wurden. Beide Staaten haben weiterhin große Schuldenprobleme, dafür beginnen die in den vergangenen Jahren durchgeführten Strukturreformen zu wirken und die Wirtschaft zieht auf der iberischen Halbinsel spürbar an. So erwartet der Internationale Währungsfonds, dass beide Volkswirtschaften 2014 auf Jahressicht wieder wachsen werden. Hält der positive Trend an, könnte Portugal ab Mai dieses Jahres ohne Hilfsgelder auskommen. Dann laufen die Hilfen von EU, EZB und IWF aus, und Ministerpräsident Passos Coelho hat derzeit nicht vor, neue zu beantragen.
Nach wie vor große Risiken
Auch wenn die Lage deutlich besser aussieht als noch vor einem Jahr: Risiken gibt es viele. In Spanien, Italien oder Irland könnte der Bankenstresstest der EZB weitere Staatshilfen für Finanzinstitute nötig machen. Zudem steht mit der Entscheidung des deutschen Bundesverfassungsgerichts über das Anleihekaufprogramm der EZB ein Unsicherheitsfaktor an, der ebenso belasten könnte wie eine wirtschaftliche Abkühlung. Und ob Griechenland wie erhofft ohne weitere Hilfen auskommt, wird von vielen Beobachtern stark angezweifelt.
Hinzu kommt, dass die Renditen der Peripherieanleihen schon stark gefallen sind, in Italien und Spanien liegen sie mit unter vier Prozent so tief wie vor der Krise. Ob das die Risiken für lang laufende Bonds noch angemessen kompensiert, ist fraglich. Anleger, die vorhaben, Papiere zu kaufen und bis zur Fälligkeit zu halten, sollten eher abwarten. Kurzfristig könnten die Anleihekurse aber weiter steigen. Wer darauf setzen will, greift am besten zu einem Indexfonds.
Investor-Info
Anleiherenditen
Der Stress lässt nach
Seit EZB-Chef Mario Draghis Ankündigung, notfalls unbegrenzt Bonds aus Krisenstaaten zu kaufen, lässt der Stress in der Eurozone nach. Die Anleiherenditen sind gesunken, Papiere aus Italien und Spanien werfen nur noch knapp vier Prozent Rendite ab und damit etwa so viel wie vor der Krise.
Renten-ETFs
Peripherie pur
Börsengehandelte Indexfonds (ETFs) eignen sich gut, um an den Peripherie-Rentenmärkten zu spekulieren. Der Vorteil: Man kann schnell verkaufen, falls es turbulent wird, nimmt aber die aktuell steigenden Kurse mit, ohne hohe Gebühren zu zahlen. Gut ist der Eurozone Sovereign Yield Plus ETF von db X-trackers. Er bildet die fünf Euromärkte ab, deren Anleihen bei Emission die höchste Rendite bieten. Derzeit sind das Italien, Spanien, Irland, Belgien und Slowenien. Alternative: Ein Länder-ETF auf spanische (ISIN: IE 00B 428 Z60 4) oder italienische Staatsanleihen (IE 00B 7lW 6Y9 0). Allerdings dürften die Gewinne dort längst nicht mehr so hoch ausfallen wie die elf beziehungsweise sechs Prozent der vergangenen zwölf Monate.
Rentenfonds
Mehr als eine Prise Krise
Manager von Rentenfonds mischen ihren Portfolios Anleihen aus Peripheriestaaten meist nur in homöopathischen Dosen bei. Ihr Anteil liegt oft um zehn Prozent. Relativ offensiv ist der DWS Invest Euro Bonds (Premium), bei dem Staatsanleihen und staatsnahe Titel aus Italien, Spanien, Irland und Portugal zwei Drittel des Portfolios ausmachen. Zu den größten Einzelwerten gehört dort auch eine Anleihe des Rettungsschirms EFSF. Der Vorteil des Fonds: Das Management kann über Optionen bei steigenden Zinsen zusätzlich Erträge generieren. Zudem kann es umschichten, falls ein Land in Probleme kommt.
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