Vermögensverwalter-Kolumne

Wenn sich das „AA“-Rating als Aktienanleihe entpuppt...

15.04.13 10:06 Uhr

Wenn sich das „AA“-Rating als Aktienanleihe entpuppt... | finanzen.net

Die Pflicht für Banken, die Wertpapierberatung per Protokoll zu dokumentieren, nervt manchen Berater. Erst jüngst wurde auf einer „Handelsblatt“-Tagung über die Bürde der Bürokratie gestöhnt.

von Michael Reuss, geschäftsführender Gesellschafter der Huber, Reuss & Kollegen Vermögensverwaltung

Dabei ist die Regelung nur ein erster Schritt in die richtige Richtung. Ein Garant für eine gute Beratung ist sie aber nicht, wie ein erschreckendes Beispiel aus unserem Depotcheck zeigt.

Seit dem 1. Januar 2010 müssen Banken und Finanzvermittler die Wertpapierberatung schriftlich dokumentieren und vom Kunden unterschreiben lassen – so wollte es der Gesetzgeber nach vielen Fällen von Falschberatung, wie sie im Zuge der Finanzkrise deutlich wurden. Im Gegensatz dazu werden unabhängige Vermögensverwalter, wenn sie einen Vermögensverwaltungsauftrag erhalten, der ihnen selbstständiges Handeln im Namen des Kunden erlaubt. Vor der Erteilung dieses Auftrages erheben wir bei Huber, Reuss & Kollegen ausführlich alle Informationen zu Lebenssituation, Bedürfnissen, Risikoprofil und finanziellen Zielen der künftigen Mandanten – und das nicht erst seit 2010, sondern seit unserer Gründung im Jahr 2000.

Bankberater kaufte massiv Aktienanleihen ins konservative Depot

Doch was bei Vermögensverwaltern seit Langem selbstverständlich ist, stellt manchen Banker vor Herausforderungen. Daran ändern auch gesetzlich fixierte Protokollregeln für die Banken nichts. Schließlich können Anleger und Bankberater gehörig aneinander vorbeireden, wenn der Mitarbeiter keine Antennen für seine Kunden hat oder dessen Anliegen sogar ignoriert. So geschehen bei einem Anleger, der sein Depot bei einer Bank führte und sich selbst als konservativ einschätzt. Aus diesem Grund hielt er mit 75 Prozent des Portfolios eine sehr hohe Rentenpapier-Quote – das glaubte er zumindest! Bei einem unserer Vermögenschecks, an dem der Kunde aus eigenem Interesse teilnahm, stellte sich jedoch heraus: Die Hälfte seines Rentendepots bestand aus Aktienanleihen, während der Kunde im festen Glauben war, dass es sich um klassische Rentenpapiere handele.

Kunde hatte keine Ahnung vom extrem hohen Risiko

Nun sind Aktienanleihen formell zwar Anleihen mit einem attraktiven Kupon. Doch der hohe Zins ist nichts anderes als das Lockmittel, um Anleger zum Kauf dieser verkappten Aktien zu bewegen. Schließlich wird dem Investor von heute auf morgen statt der Anleihe die jeweilige Aktie ins Depot gebucht, wenn das Dividendenpapier des Unternehmens einen definierten Kurs unterschreitet. Im Fall eines Einbruchs an den Börsen wäre die Aktienquote des konservativen Anlegers, der sich auf der sicheren Seite wähnte, um fast 40 Prozentpunkte nach oben geschnellt! Und im Zuge einer Baisse wäre mit weiteren Kursverlusten zu rechnen gewesen.

Anleger hatte „AA“ stets als Rating interpretiert

Als der Anleger im Rahmen des Depotchecks von der Bombe in seinem Depot erfuhr, fiel er aus allen Wolken. Schlagartig wurde ihm bewusst, dass dieses Pulverfass seine Zukunftspläne sprengen könnte. Doch was hatte ihn in diese missliche Lage gebracht? Von seiner Seite aus handelte es sich lediglich um ein schlichtes Missverständnis: Er hatte das Kürzel „AA“ im Depotauszug stets als Ausweis besonderer Sicherheit im Sinne eines Doppel-A-Ratings der Anleihe interpretiert – und nicht als Abkürzung für den Begriff „Aktienanleihe“.

Vermögen wissentlich aufs Spiel gesetzt

Da seine konservative Ausrichtung der Bank bekannt gewesen sei, gab es für ihn keinen Grund, etwas anderes anzunehmen und bei der Bank nachzufragen. Der Berater indes wusste es besser, teilte ihm jedoch nie mit, dass es sich um Aktienanleihen handelte, wie der Kunde uns gegenüber beteuerte. In diesem Fall hätte der Bankberater nicht nur seine Informationspflichten gravierend verletzt, sondern wissentlich das Vermögen des Anlegers gegen dessen Willen aufs Spiel gesetzt. Inzwischen hat der Anleger der Bank den Rücken gekehrt. Er zählt nun zu unseren Mandanten.

Immer mehr Privatanleger in Deutschland vertrauen bei ihrer Geldanlage auf bankenunabhängige Vermögensverwalter. Frei von Produkt- und Verkaufsinteressen können sie ihre Mandanten bestmöglich beraten. Mehr Informationen finden Sie unter www.vermoegensprofis.de.

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