S&P Fokus Finanzmarkt

Staaten nehmen 2015 weltweit 5,7 Prozent weniger Kredite auf

11.03.15 12:46 Uhr

Staaten nehmen 2015 weltweit 5,7 Prozent weniger Kredite auf | finanzen.net

Rückgang der globalen staatlichen Kreditaufnahme auf 6,7 Billionen US-Dollar

Die 129 von Standard & Poor’s öffentlich gerateten Staaten werden 2015 Kredite in Höhe von 6,7 Billionen US-Dollar aus langfristigen Finanzierungsquellen aufnehmen, schätzt die Kreditratingagentur in dem kürzlich veröffentlichten Bericht "Global Sovereign Debt Report 2015: Borrowing To Drop By 5.7% To US$6.7 Trillion". Im Vergleich zu 2014 wäre dies weltweit ein Rückgang der langfristigen Handelsschulden um 5,7%.

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Marktverschuldung der untersuchten Staaten steigt

Da aber zwei Drittel (4,5 Billionen US-Dollar) der Brutto-Kreditaufnahme der Staaten auf die Refinanzierung von fällig werdenden langfristigen Verbindlichkeiten entfallen, erwartet S&P, dass die Marktverschuldung der gerateten Staaten um 1,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr steigen wird. Dies entspricht einer Summe von 44,3 Billionen US-Dollar bis Ende 2015.

Die Netto-Kreditaufnahme schätzt S&P folglich auf 2,2 Billionen US-Dollar. Dies entspricht 2,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) der analysierten Staaten. Die ausstehenden kurzfristigen Verbindlichkeiten werden nahezu unverändert bei 5,4 Billionen US-Dollar bzw. bei 12 Prozent der Gesamtsumme bleiben.

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USA, Japan und Europa leihen sich weniger Kapital

Der Rückgang der erwarteten langfristigen Gesamtkreditaufnahme in Höhe von 404 Milliarden US-Dollar ist vor allem auf eine gesunkene Kapitalaufnahme seitens der großen Emittenten zurückzuführen: USA (-96 Milliarden US-Dollar oder 4 Prozent weniger als 2014), Japan (-79 Milliarden US-Dollar oder 5 Prozent weniger als 2014) und Eurozone (-224 Milliarden US-Dollar oder 20 Prozent weniger als 2014). In der Eurozone ist der Rückgang vor allem durch einen niedrigeren durchschnittlichen bilateralen Wechselkurs des Euro zum US-Dollar gesteuert. Nach unserer Einschätzung wird der Euro gegenüber dem Dollar dieses Jahr etwa 16 Prozent schwächer sein.

Die USA und Japan sind mit Abstand die größten staatlichen Emittenten. 2015 entfallen auf die USA 32 Prozent und auf Japan 24 Prozent der weltweiten Kreditaufnahme der Staaten. Absolut betrachtet, haben die USA im laufenden Jahr bereits mehr Schulden aufgenommen als es irgendeine andere Regierung im gesamten Jahr 2015 tun wird - mit Ausnahme Japans. Weitere Regierungen, die nach Meinung von S&P 2015 jeweils mehr als 200 Milliarden US-Dollar an Krediten aufnehmen werden, sind China, Italien, Indien, Großbritannien und Frankreich.

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Obwohl mit Italien, Frankreich, Deutschland und Spanien vier Länder in der Eurozone weltweit zu den Top 10 der souveränen Kreditnehmer zählen, wird die Gesamtheit der Mitgliedsländer der Eurozone voraussichtlich weniger als die Hälfte der Schulden aufnehmen, die die USA erwartungsgemäß begeben werden.

Staaten mit niedrigerer Bonität geringere Bedeutung als Kreditnehmer

Fast 95 Prozent der diesjährigen Kreditaufnahme der Regierungen entfällt auf Staaten mit Ratings im Investment-Grade-Bereich. Mit jeweils rund 0,6 Prozent der Gesamtsumme weltweit dürften die Türkei, Pakistan, Russland und Indonesien zu den größten Kreditnehmern mit Rating im Bereich des riskanteren Speculative-Grade zählen.

Zusätzlich zum globalen Schuldenreport hat Standard & Poor’s detaillierte Berichte zur Schuldenentwicklung der Länder auf regionaler Ebene verfasst.

Von Moritz Kraemer, Chief Rating Officer Sovereigns und Managing Director bei Standard & Poor’s Ratings Services in Frankfurt

Hier kommentieren jede Woche Analysten von Standard & Poor’s Credit Ratings Services (S&P) die Entwicklungen in der Wirtschaft und an den Finanzmärkten - und welche Herausforderungen sich daraus für Wachstum und Stabilität ergeben. S&P ist seit 30 Jahren mit inzwischen neun Standorten in Europa vertreten, im Frankfurter Büro arbeiten 120 Mitarbeiter aus 19 Ländern. Mehr Infos unter www.spratings.de



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