BlackRock: Große politische Veränderungen erwirken höhere Zinsen

11.03.25 09:23 Uhr

Tuan Huynh, interims Chief Invest­ment Strategist für DACH und Ost­europa des BlackRock Invest­ment Institute (BII), vertritt folgende Ansichten:

▪  Die US-Zölle und die Ver­stärkung der fiska­lischen Anreize in Europa bestärken uns in unserer Ansicht, dass die Leitzinsen im Vergleich zu den Niveaus vor der Pandemie höher bleiben. Wir gewichten Obli­gationen der Eurozone unter.

▪  US-Aktien fielen letzte Woche um 3%, da die Märkte über die politische Unsicherheit besorgt waren. Die deutschen Obligationen­renditen stiegen aufgrund umfangreicher Haushalts­ausgaben­pläne so stark wie seit 1990 nicht mehr.

▪  Wir sind der Meinung, dass ein solides, wenn auch langsameres Beschäftigungswachstum und anhaltender Lohndruck eine hartnäckige Kerninflation in den US-Verbraucherpreisindexdaten für Februar in der nächsten Woche widerspiegeln sollten.

Der geplante Haushaltsschub Deutschlands und die Einführung höherer Zölle der USA sind wichtige politische Veränderungen. Politische Unsicherheit und der Anstieg der Obligationenrenditen stellen kurzfristig Risiken für Wachstum und Aktien dar. Wir sehen einen stärkeren Aufwärtsdruck auf die europäischen und US-Renditen aufgrund der hartnäckigen Inflation und des steigenden Schuldenstands, auch wenn niedrigere US-Renditen darauf hindeuten, dass die Märkte eine typische Reaktion der US-Notenbank auf einen Abschwung erwarten. Wir glauben jedoch, dass Megakräfte wie KI diese Belastungen für Aktien ausgleichen können, so dass wir über sechs bis 12 Monate positiv gestimmt sind.

Die USA haben am 4. März kurzzeitig die höchsten Zölle seit fast einem Jahrhundert eingeführt: Zölle von 25% auf die meisten kanadischen und mexikanischen Importe und weitere 10% auf China. Während die meisten nordamerikanischen Zölle später für einen weiteren Monat auf Eis gelegt wurden, glauben wir, dass ein durchschnittlicher effektiver Zollsatz von etwa 10% die letztendliche Landezone sein könnte – mit Volatilität auf diesem Weg. Was für das kurzfristige Wachstum wichtiger ist: etwaige Besorgnis aufgrund erhöhter Unsicherheiten, einschliesslich eines möglichen Shutdowns der US-Regierung. Die Märkte gehen davon aus, dass ein schwächeres US-Wachstum die Fed dazu veranlassen wird, die Leitzinsen wie in einem typischen Konjunkturzyklus zu senken. Dennoch sehen wir einen schwierigen Kompromiss zwischen der Unterstützung des Wachstums und der Eindämmung der hartnäckigen Inflation, was die Möglichkeiten der Fed zur Senkung einschränkt. Dies bestärkt uns in unserer Erwartung, dass die Zinsen über dem Niveau vor der Pandemie liegen und die Obligationenrenditen weiter steigen können. Deutschlands Pläne für hohe Verteidigungs- und Infrastrukturausgaben markieren einen grossen finanzpolitischen Wendepunkt.

Unser Szenario-Rahmenwerk, das potenzielle Ergebnisse für verschiedene Kombinationen von Wachstum, Inflation und politischen Reaktionen abbildet, hilft uns, uns in diesem sich wandelnden Markt- und Wirtschaftsumfeld zurechtzufinden. In den vergangenen Wochen haben die Märkte zunehmend eine mögliche Rezession eingepreist. Wir sind anderer Meinung. Warum? Der Stellenaufbau hat sich leicht verlangsamt, aber der Arbeitsmarkt bleibt stark, im Gegensatz zu schwachen Umfragedaten, die ein sinkendes Verbrauchervertrauen zeigen. Auch die Unternehmensgewinne in den USA halten sich wacker. Wir sind nach wie vor der Meinung, dass sich die Ertragskraft über den Technologiesektor hinaus auf andere Regionen ausweiten kann, wenn der Ausbau und die Einführung von künstlicher Intelligenz voranschreiten. Während die erhöhte politische Unsicherheit die kurzfristige Marktvolatilität ankurbeln wird, halten uns diese anderen Faktoren bei einer Übergewichtung von US-Aktien.

Langfristige US-Staatsobligationen haben sich erholt, da Rezessionsängste die Märkte im Griff haben. Dennoch bieten sie angesichts der anhaltenden Inflation keinen zuverlässigen Puffer gegen einen Aktienausverkauf. Und die Renditen könnten plötzlich in die Höhe schnellen. Ein Grund: Langfristig höhere Leitzinsen der Fed und anhaltend hohe Haushaltsdefizite – selbst bei Zolleinnahmen und Ausgabenkürzungen – könnten die Anleger dazu veranlassen, mehr Ausgleich für das Risiko des Haltens langfristiger Obligationen zu verlangen. Wir bleiben in langfristigen US-Staatsobligationen untergewichtet und bevorzugen kurzfristige Obligationen für Zinseinkünfte.

Dieser Druck auf die Renditen ist global. Deutsche Bundesobligationen erlitten den stärksten Ausverkauf seit 1990, nachdem sich die Parteien, die die nächste deutsche Regierung anführen sollen, auf einen 500-Milliarden-Euro-Infrastrukturfonds geeinigt und die Defizitgrenzen für Verteidigungsausgaben gestrichen hatten. Diese Pläne, über die nächste Woche im Parlament abgestimmt werden soll, kommen zu einem Zeitpunkt, an dem die USA sagen, dass Europa nicht mehr die oberste Sicherheitspriorität hat. Die Europäische Union schlug ausserdem vor, ihre Haushaltsregeln zu ändern, um die Verteidigungsausgaben zu erhöhen. Europa könnte wie die USA mit längerfristig höheren Zinsen konfrontiert sein, da eine höhere Staatsverschuldung und höhere Staatsausgaben die Inflation anheizen. Ausserdem nähert sich die Europäische Zentralbank dem Ende ihrer Zinssenkungen. Das ist der Grund, warum wir glauben, dass die Renditen von Staatsobligationen im Euroraum weiter steigen und gehen auf untergewichtet. Wir reduzieren unsere Untergewichtung in japanischen Staatsobligationen: Die Renditen sind auf ein 16-Jahres-Hoch gestiegen. Dennoch sehen wir immer noch Spielraum für einen weiteren Anstieg der JGB-Renditen in einer Welt mit hohen Schuldenständen und höherer Inflation.

Kurz zusammengefasst: Die US-Zölle und die Pläne Europas für einen fiskalischen Impuls bestärken unsere Erwartung längerfristig höherer Zinsen und Obligationenrenditen. Wir gewichten Obligationen des Euroraums unter. Die politische Unsicherheit könnte die US-Aktien kurzfristig weiter belasten.

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