Alpha Anleihen Kolumne Carsten Müller

Warum ist der Euro so stark?

27.02.14 10:34 Uhr

Warum ist der Euro so stark? | finanzen.net

Viele Analysten und Marktteilnehmer reiben sich derzeit verwundert die Augen.

Denn der Euro zeigt eine Stärke, die kaum in Einklang mit den marktökonomischen Daten zu bringen ist. Denken Sie daran: Auch, wenn die Euro-Peripherieländer in der Mehrzahl im letzten Quartal wieder ein positives Wachstumsniveau aufweisen konnten und einige andere Euro-Länder über den Erwartungen lagen, so gilt: Die Euro-Zone ist weit davon entfernt, als konjunkturell robust zu gelten. Vor allem im direkten Vergleich mit Amerika klaffen hier noch deutliche Unterschiede.

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Dennoch konnte der Euro zum Dollar seit Mitte 2012 um rund 13% zulegen. Wobei man die Aufwertungsbewertung in zwei Phasen zerlegen kann. Phase 1 dauerte bis Februar 2013 und war letztlich eine überschießende Gegenaktion auf die vorangegangenen Verluste im Zuge der Euro-Krise gewesen. Das wurde entsprechend korrigiert. Doch die nun laufende 2. Phase sagt etwas anderes aus.

Denn sie ist makroökonomisch kaum zu erklären, sondern vielmehr ein Zusammenspiel verschiedener Erklärungsversuche. So wird u. a. auf ein Knappheitsmodell für den Euro abgestellt. Knappheit der Währung deshalb, weil die Banken im Zuge der Stabilisierung viele EZB-Kredite aus den Langfrist-Tendern inzwischen zurückgezahlt haben. Das können Sie auch an der Entwicklung der EZB-Bilanz ablesen, die inzwischen rund ein Drittel von ihrem Höchststand abgegeben hat. Gleichzeitig wird der Kapitalexport von Euro-Banken inzwischen deutlich zurückgefahren.

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Im Gegenzug fließt aber mehr ausländisches Kapital nach Europa. Dies nicht nur aus Amerika, sondern vor allem auch aus Asien, um die dortigen Währungen billig zu halten. Unter dem Strich ist es eine simple Angebots-Nachfrage-Situation, welche den Euro weiter nach oben treibt.

Aktuell reißen entsprechend die Diskussionen nicht ab, dass der Euro in Kürze über die Marke von 1,40 Dollar je Euro springen könnte. Bis es soweit ist, hat die Währung allerdings noch einige charttechnische Brocken vor sich. Das gilt insbesondere für das Niveau um 1,385/1,39 Dollar.

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Im Gegenzug ist der Euro nach unten hin sehr stark abgesichert. Nehmen Sie 100- und 200-Tage-Linie, den langfristigen Aufwärtstrend oder die Unterstützung bei rund 1,34 Dollar je Euro. Sie alle bilden ein eng geflochtenes Netz von Auffanglinien, das allein durch einen Stimmungswechsel beim Euro oder negative Einflüsse kaum auseinander gerissen werden dürfte. Entscheidend für einen nachhaltigen Trendwechsel kann nur Amerika bzw. die dortige Notenbank sein. Doch machen wir uns nichts vor:

Ein schwacher Greenback ist nicht gerade unwillkommen. Denn auch die Fed setzt darauf, dass damit die Wirtschaftsaktivitäten der US-Unternehmen - insbesondere im Export - weiter stimuliert werden. Risiken, wie importierte Inflation oder Konsumzurückhaltung aufgrund teurer Importwaren, werden bewusst ausgeblendet, weil derzeit die Vorteile überwiegen. Der Euro dürfte also weiterhin Raum zum Zulegen haben. Was allerdings für die europäischen Exportwerte ebenfalls zunehmend zum Problem werden dürfte.

Seit fast 20 Jahren befasst sich Carsten Müller publizistisch mit den verschiedenen Aspekten der internationalen Kapitalmärkte. Dabei hat er als freier Journalist für einige der bekanntesten Börsenbriefverlage (u.a. Bernecker & Cie., Fuchsbriefe) geschrieben. Aktuell ist er als Herausgeber der Alphabriefe (www.alphabriefe.de) tätig. Hierbei liegen die Schwerpunkte auf Anleihen und Nebenwerten. Dabei stehen bei ihm in der jeweiligen Analyse fundamentale Aspekte im Vordergrund. Regional legt er besonderen Schwerpunkt auf die drei deutschsprachigen Märkte Deutschland, Österreich und die Schweiz.

Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.