Alpha Anleihen Kolumne Carsten Müller

Türkische Lira: Auf supranationale Anleihen achten

10.03.14 12:53 Uhr

Türkische Lira: Auf supranationale Anleihen achten | finanzen.net

Die Türkei steckt in der Krise. Diese ist hausgemacht und geht klar auf das Konto des Ministerpräsidenten Erdogan.

Seit den Protesten und Unruhen im letzten Jahr scheint der Premier seinen vielgerühmten politischen Instinkt verloren zu haben. Früher galt er trotz seiner - auch politischen - Ausrichtung auf den Islam als Pragmatiker, der zweifellos die Türkei in eine wirtschaftliche Blütezeit geführt hatte. Doch jetzt ähneln seine Statements und Aktionen eher denen arabischer Diktatoren.

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Dabei will ich mich nicht einmal daran festhalten, ob er nun, wie jüngst angedroht, Facebook und YouTube im Lande verbieten will. Tiefergehend ist der Versuch, jegliche Rechtsstaatlichkeit (siehe Korruptionsuntersuchungen) zu sabotieren und zu verhindern, um die eigene Machtbasis zu erhalten. Das hat längst Konsequenzen.

Der massive Rückzug ausländischen Kapitals hat die türkische Lira in eine Abwertungsrallye geschleudert. Mit gravierenden Folgen für die Unternehmen. Denn deren Fremdwährungsschulden wachsen ihnen nun über den Kopf. Ganz abgesehen davon, dass viele Firmen inzwischen auch unter Schikanen zu leiden haben, wenn sie im Verdacht stehen, mit der außerparlamentarischen Opposition zu sympathisieren. Das bekommt aktuell z. B. der Koc-Konzern zu spüren.

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Stabilisierung der Lira?

Dennoch: In den aktuellen Wechselkursen ist viel von den Spannungen und Risiken enthalten. Zumindest ist damit zu rechnen, dass eine mögliche weitere Fortsetzung der Abwertung zum einen entweder sehr moderat vorangeht oder zum anderen die Notenbank wieder massiv eingreifen wird.

Die türkische Notenbank hat dabei mit ihrer Zinserhöhung auf 10% im Januar auf dem Höhepunkt der Lira-Krise gezeigt, dass sie auch extrem Schritte gehen würde. Die AKP und Erdogan werden in den kommenden Monaten bemüht sein, etwas Ruhe in die Wirtschaft zu bekommen. Denn es stehen nicht nur Ende März Kommunalwahlen an, sondern auch im Sommer Präsidentschaftswahlen. Die politische Einflussnahme auf die Notenbank, für stabile Wechselkurse zu sorgen, wird also sicher aufrechterhalten.

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Für kurz- bis mittelfristig orientierte Anleger ergibt dies ein Szenario, mit dem sich gut arbeiten lässt. Denn wenn auf absehbare Zeit die Lira stabilisiert werden kann, bieten derzeit neue Emissionen ein extrem attraktives Renditeniveau. Wobei ich wegen der innenpolitischen und wirtschaftlichen Lage türkische Emittenten derzeit eher meiden würde.

Supranationale Emittenten mit zweistelligen Renditen

Interessanter und nach dem Emittentenrisiko auch sicherer sind dagegen supranationale Institutionen. Diesbezüglich gibt es aktuell zwei neue Platzierungen, die sogar zweistellige Renditen bieten.

Die erste Neuemission kommt von der Internationalen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (IBRD), die eine Lira-Anleihe (XS1040859461) mit einer Laufzeit nur bis September 2015 herausgebracht hat. Für die 18 Monate bietet die Emittentin einen Kupon von 10,75% per annum. Und das noch mit einer Mindeststückelung von nur 1.000 Lira. Die Emittentin selbst wird u. a. von Moody’s mit der Bestnote Aaa im Bonitätsrating bewertet.

Die zweite Emission (XS1038294531) kommt von der Europäischen Investitionsbank. Diese bietet für eine Laufzeit bis 2017 einen Kupon von 10,00%, was auch noch sehr ordentlich ist. Auch diese Emittentin wir mit der Rating-Bestnote Aaa bewertet. Beide Anleihen notieren wegen der angespannten Lage derzeit unter pari, was allerdings ein überschaubares Risiko darstellen sollte.

Seit fast 20 Jahren befasst sich Carsten Müller publizistisch mit den verschiedenen Aspekten der internationalen Kapitalmärkte. Dabei hat er als freier Journalist für einige der bekanntesten Börsenbriefverlage (u.a. Bernecker & Cie., Fuchsbriefe) geschrieben. Aktuell ist er als Herausgeber der Alphabriefe (www.alphabriefe.de) tätig. Hierbei liegen die Schwerpunkte auf Anleihen und Nebenwerten. Dabei stehen bei ihm in der jeweiligen Analyse fundamentale Aspekte im Vordergrund. Regional legt er besonderen Schwerpunkt auf die drei deutschsprachigen Märkte Deutschland, Österreich und die Schweiz.

Der obige Text spiegelt die Meinung des jeweiligen Kolumnisten wider. Die finanzen.net GmbH übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung und schließt jegliche Regressansprüche aus.