S&P droht: Banken-Ratings wieder im Visier
Steht den europäischen Banken eine neue Runde von Bonitäts-Herabstufungen ins Haus?
Diese nur mühsam verschleierte Drohung kommt gerade aus dem Hause Standard & Poor´s. Wobei die Kreditanalysten nicht unbedingt über Nacht kritischer gegenüber den Finanzinstituten geworden sind, sondern vielmehr auf das politisch gewünschte neue Regulierungsumfeld reagieren.
Bail-in statt Bail-out - Das ist bekanntlich das neue Credo der Euro-Politiker. Konkret bedeutet dies, dass bei zukünftigen Schieflagen von Banken zuerst deren Anteilseigner und Gläubiger zur Deckung der Verluste herangezogen werden sollen. Erst, wenn gar nichts mehr geht und die Bank als "systemrelevant" gilt, soll wieder der Steuerzahler einspringen. Dies ist die offizielle Abkehr von den bisherigen Rettungsmechanismen.
Allerdings: Die Ratingagenturen hatten in den vergangenen Jahren ihre Bonitätseinstufungen eben genau auf diese grundsätzliche - de facto - Staatsgarantie ausgerichtet. Konkrete Zahlen zum aktuellen Einfluss auf die jeweiligen Bank-Ratings liegen zwar nicht vor, aber in 2011 gab es eine entsprechende Analyse, wonach bei der Ratingagentur Moody´s die staatliche Sicherung der Banken im Durchschnitt mit 2 bis 3 höheren Rating-Stufen belohnt wurde.
Dieser Bonus steht nun auf dem Prüfstand. Was für etliche Banken ein Szenario begründet, wonach die aktuellen Ratings fallen könnten. Bereits jetzt stehen bei vielen europäischen Banken die Ausblicke auf Negativ. Dieser Trend dürfte sich nun verstärken. Wobei Standard & Poor´s auch nur das machen würde, was man schon in Amerika getan hat. Denn dort wurden bereits die Ausblicke einiger Bank-Ratings zurückgenommen.
Keine gute Vorlage, bevor sich die europäischen Banken den Bilanzanalysen und dem Stresstest der EZB unterziehen müssen. Welche Folgen das konkret haben dürfte, bleibt abzuwarten. Letztlich der schlechteste Deal wäre, wenn die Politik von ihrem neuen Regulierungsansatz innerlich zurücktritt, dann aber nur, um das eigene Gesicht zu wahren, die EZB als Zahlmeister instrumentalisiert. Erste Ansätze sind ja schon gegeben.
Standard & Poor´s selbst wird wohl kaum kurzfristig an die Ratings selbst gehen. Doch auch eine Rücknahme des Ausblicks muss dann als Warnschuss gesehen werden.
Seit fast 20 Jahren befasst sich Carsten Müller publizistisch mit den verschiedenen Aspekten der internationalen Kapitalmärkte. Dabei hat er als freier Journalist für einige der bekanntesten Börsenbriefverlage (u.a. Bernecker & Cie., Fuchsbriefe) geschrieben. Aktuell ist er als Herausgeber der Alphabriefe (www.alphabriefe.de) tätig. Hierbei liegen die Schwerpunkte auf Anleihen und Nebenwerten. Dabei stehen bei ihm in der jeweiligen Analyse fundamentale Aspekte im Vordergrund. Regional legt er besonderen Schwerpunkt auf die drei deutschsprachigen Märkte Deutschland, Österreich und die Schweiz.
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