EZB vor Gericht: Sind Anleihenkäufe vom Mandat gedeckt?
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War das OMT-Programm der Europäischen Zentralbank durch ihr Mandat gedeckt? Am Mittwoch dieser Woche wird es eine erste Antwort darauf geben.
Kennen Sie noch die Buchstaben-Kombination OMT? Dahinter verbirgt sich das Outright Monetary Transaction Programm der Europäischen Zentralbank, das 2012 auf dem Höhepunkt der Euro-Krise ins Leben gerufen wurde. Damit wollte die Zentralbank die Möglichkeit schaffen, kurzlaufende Anleihen angeschlagener Euro-Staaten zu kaufen, wenn diese sich nicht mehr am Kapitalmarkt refinanzieren hätten können.
Dank des Krisenmanagements der Euro-Politik kam dieses Programm zwar nicht zum Einsatz. Dennoch wurde vor dem Bundesverfassungsgericht geklagt, weil die Vereinbarkeit solcher Anleihenkäufe mit dem Mandat der EZB, das eine Haushaltsfinanzierung verbietet, bezweifelt wurde. Um eine erste Antwort drückte sich das oberste deutsche Verfassungsgericht am Ende herum, indem es die Fragestellung voriges Jahr an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) weiterleitete.
Nun wird morgen der Generalanwalt des EuGH dazu offiziell Stellung nehmen. Was mit einiger Brisanz unterlegt ist. Denn zum einen folgen die Richter normalerweise der Rechtsauslegung des Generalanwalts. Und auch das Bundesverfassungsgericht dürfte dieser Interpretation am Ende zustimmen. Zum anderen geschieht diese Stellungnahme in großer zeitlicher Nähe zum nächsten EZB-Treffen, auf dem die Weichen für ein neues Kaufprogramm für Staatsanleihen, das so genannte Quantitative Easing, gestellt werden könnten.
Bekommt die EZB ihre Grenzen aufgezeigt?
Zwar bezöge sich die EuGH-Entscheidung nur auf das OMT-Programm. Doch ist kaum daran zu zweifeln, dass hier der direkte Bogen zu den neuen Kaufplänen, die ja gleichzeitig auch sehr akut sind, geschlagen werden würde. Wobei die Bandbreite möglicher Konsequenzen groß ist. Dabei sehe ich vor allem 3 mögliche Szenarien.
Szenario 1: Der Generalanwalt und letztlich auch der EuGH lehnen Staatsanleihenkäufe in Bausch und Bogen ab. Solch einem Urteilsspruch könnte sich die EZB kaum entziehen, wenn sie sich nicht endgültig dem Vorwurf des Rechtsbruchs aussetzen will. Damit würdedie entsprechende Spekulation am Markt in sich zusammenfallen, was erst einmal heftige Turbulenzen nach sich ziehen würde.
Szenario 2: Die selektiven Vorgaben des OMT-Programms werden bemängelt und es werden Vorschriften gesetzt, welche Bedingungen solche Anleihenkäufe hinsichtlich Volumen und Emittentenkreis zu erfüllen haben. Da die EZB bislang mehrere Varianten eines neuen Kaufprogramms durchspielt, würde dies wohl weniger dramatische Folgen haben.
Szenario 3: Der EuGH urteilt, dass das OMT-Programm vom Mandat gedeckt war, was quasi als Freifahrtschein für kommende Programme angesehen werden könnte. Die Auswirkungen im Markt wären allerdings überschaubar, weil sich die Investoren längst darauf eingestellt haben, dass die EZB ihren eignen Fahrplan wie angekündigt durchsetzen kann.
Letztlich gilt wohl: Die Richter am EuGH werden im Sinne der "Euro-Idee" der EZB wohl sehr viel Spielraum lassen, um die monetäre Krisenbewältigung zu organisieren. Alles andere wäre eine handfeste Überraschung, welche die Märkte in erneute Schieflage bringen könnte.
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Seit fast 20 Jahren befasst sich Carsten Müller publizistisch mit den verschiedenen Aspekten der internationalen Kapitalmärkte. Dabei hat er als freier Journalist für einige der bekanntesten Börsenbriefverlage (u .a. Bernecker & Cie., Fuchsbriefe) geschrieben.
Aktuell ist er als Herausgeber der Alpha Börsenbriefe (www.alphabriefe.de) tätig. Hierbei liegt der Schwerpunkt auf Anleihen. Dabei stehen bei ihm in der jeweiligen Analyse fundamentale Aspekte im Vordergrund. Regional legt er besonderen Schwerpunkt auf die drei deutschsprachigen Märkte Deutschland, Österreich und die Schweiz.
Seit fast 20 Jahren befasst sich Carsten Müller publizistisch mit den verschiedenen Aspekten der internationalen Kapitalmärkte. Dabei hat er als freier Journalist für einige der bekanntesten Börsenbriefverlage (u.a. Bernecker & Cie., Fuchsbriefe) geschrieben. Aktuell ist er als Herausgeber der Alphabriefe (www.alphabriefe.de) tätig. Hierbei liegen die Schwerpunkte auf Anleihen und Nebenwerten. Dabei stehen bei ihm in der jeweiligen Analyse fundamentale Aspekte im Vordergrund. Regional legt er besonderen Schwerpunkt auf die drei deutschsprachigen Märkte Deutschland, Österreich und die Schweiz.
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